Locke, John

[418] Locke, John, geb. als Sohn eines Juristen am 29. August 1632 in Wrington bei Bristol. Er studierte in Westminster und in Oxford, beschäftigte sich viel mit Naturwissenschaft und Medizin, lernte die Schriften der Scholastiker kennen, die ihn nicht befriedigten, und wurde auch mit den Lehren Descartes' bekannt. 1658 erwarb L. den Doktorgrad. 1667 lernte er Lord Anthony Ashley (später Graf von Shaftesbury) kennen, in dessen Hause er vielfach lebte. Den Grafen von Northumberland begleitete er auf einer Reise nach Frankreich. Nachdem 1672 Graf Shaftesbury Lordkanzler geworden, wurde L. Sekretär einer Handelskommission, verlor aber sehr bald diese Stelle, da sein Gönner Shaftesbury in Ungnade fiel. 1675 ging L. nach Frankreich, wo er sich mit Lord Herbert (später Graf Pembrock) befreundete. 1679 kehrte L. nach England zurück, verlor eine neu erhaltene Stelle bald wieder und ging mit Shaftesbury 1683 nach Holland (Amsterdam, Utrecht, Cleve, Amsterdam). 1688, nach der englischen Revolution, welche Wilhelm von Oranien auf den englischen Thron brachte, erhielt L. in England eine höhere Beamtenstelle. Die schon 1685 begonnenen »Briefe über die Toleranz« wurden fortgesetzt. Das schon 1670 entworfene, 1687 beendete Hauptwerk »Über den menschlichen Verstand«, erschien 1689-90, nachdem vorher ein von L. verfaßter Auszug von Leclerc ins Französische übersetzt worden war. L., dessen körperliche Schwäche in den letzten Jahren sehr zunahm, lebte zuletzt in Oates (Essex) im Hause des Francis Masham und starb hier am 28. Oktober 1704. Von Natur sehr nüchtern und besonnen, war L. zugleich ein höchst freimütiger, ehrlicher, offener Charakter, dessen tiefe Frömmigkeit und theologische Glaubensfestigkeit nicht verhindert hat, daß L. in gewisser Hinsicht. einer der Begründer des Deismus geworden ist und durch seinen Empirismus an der Entwicklung der Aufklärungsphilosophie, besonders in Frankreich (Condillac u. a.), seinen Anteil hat.

L., der Begründer des neueren erkenntnistheoretischen Empirismus ( – den methodologischen Empirismus hat zum Teil F. Bacon begründet – ), hat die erste systematische Erkenntnistheorie verfaßt. Wenn er auch vielfach die Erkenntnis psychologisch ableitet, so steht er doch auch der eigentlichen erkenntniskritischen Methode nicht fern, wie dies besonders Riehl gezeigt hat. L. will die Art und Weise, wie der Verstand zu seinen Begriffen von Dingen gelangt, erklären, den Grad. der Gewißheit unserer Erkenntnis bestimmen, die Grenzen zwischen Meinung und Wissen festsetzen und die Grundsätze untersuchen, nach welchen wir da, wo keine gewisse Erkenntnis stattfindet, unseren Beifall und unsere Überzeugung bestimmen sollen. Es ist festzustellen, wie weit das Vermögen des Verstandes reicht und welche Gegenstände in seinen Bereich fallen. Zu erforschen ist also der »Ursprung, die Gewißheit und die Ausdehnung des menschlichen Wissens, sowie die Grundlagen und Abstufungen des Glaubens, der Meinung und Zustimmung«.[418]

Zunächst bekämpft L. die Lehre von den angeborenen Begriffen und Grundsätzen (gegen Herbert von Cherbury, Descartes u. a.), um dann zu zeigen, wie nach seiner Ansicht unsere Begriffe wirklich zustande kommen. Die vorgebliche Allgemeinheit von Begriffen und Grundsätzen beweist noch keineswegs deren Angeborensein, aber diese Allgemeinheit des »Angeborenen« besteht gar nicht, was besonders die ethischen Grundsätze dartun. Nicht einmal die logischen Denkgesetze (Satz der Identität und des Widerspruches) sind angeboren. Diese wie die mathematischen Grundsätze sind Kindern und Ungebildeten unbekannt. Daß sie etwa unbewußt von Anfang an in der Seele liegen, ist undenkbar, alle Vorstellung ist als solche bewußt. Die bloße Fähigkeit aber hat die Seele zu allen Arten der Erkenntnis, und das Angeborensein des Strebens nach Lust und des Widerstrebens gegen Unlust bedeutet noch keine Annahme angeborener Begriffe oder Urteile; der gleichartige Inhalt solcher erklärt sich, soweit es sich um Moral handelt, aus Überlegung, Erziehung, Verkehr u. dgl. Der Einsicht in die vorgeblich angeborenen Wahrheiten gehen viele Einzelerkenntnisse voran. Kurz, es gibt keinerlei angeborene Ideen, auch die Gottesvorstellung ist nicht angeboren, wie sie denn auch manchen Völkern fehlt.

Woher hat nun der Verstand seine Ideen (ideas), Bewußtseinsinhalte (»whatsoever is the object of the understanding, when a man thinks«)? Die einfachen Ideen sind schlechthin gegeben, werden in der Seele passiv erregt. Die Seele schöpft alle ihre Erkenntnis aus gegebenen Vorstellungen und deren Verbindung und Verarbeitung durch das Denken. Die Seele gleicht bei der Geburt einem weißen, unbeschriebenen Papier (»white paper«, »tabula rasa«), auf dem erst die Erfahrung ihre Schriftzeichen anbringt. Die Erfahrung ist die Quelle aller Erkenntnis, eine vorempirische Erkenntnis existiert nicht, ja auch das nicht Erfahrbare (Gott, Seele) wird nur auf Grund der Erfahrung angenommen. Die Erfahrung ist aber eine zweifache: äußere Erfahrung (durch Sinneswahrnehmung, »sensation«), und innere Erfahrung (durch Reflexion, »reflection«) der Tätigkeiten und Zustände der Seele selbst (Denken, Wollen, Gefühle usw.). Nichts ist im Verstande, was nicht vorerst sinnlich oder als Erlebnis gegeben ist: Nihil est in intellectu, quod non fuerit prius in sensu. Die einfachen Vorstellungen entstehen vermittelst eines oder mehrerer Sinne (z.B. die Raumvorstellung) oder durch die Reflexion oder vermittelst der Sinne und der Reflexion (»mixed ideas«).

Was nun die Vorstellungen der Sinneserkenntnis ausmacht, so sind die Empfindungen von Farbe, Licht, Ton, Geschmack, Geruch, Wärme, Kälte, Glätte u. dgl. nicht Kopien objektiver Eigenschaften, sondern nur subjektive, psychische Zustände, die durch den Anstoß der Körper vermittelst der Seele im Gehirn und in der Seele ausgelöst werden. Diesen entsprechen in den Körpern selbst nur Fähigkeiten, in uns Empfindungen auszulösen. Von den Farben, Tönen usw. als sekundären (secondary) sind die primären (primary) oder ursprünglichen (original) Qualitäten zu unterscheiden (vgl. schon die Scholastik, dann, anders, Demokrit, Galilei, Hobbes, Descartes, Boyle). Während jene vom Subjekte abhängig sind und außerhalb desselben nicht bestehen, kommen[419] letztere den Dingen selbst, unabhängig von uns zu und die Vorstellungen dieser Qualitäten sind ihnen durchaus ähnlich: »The ideas of primary qualities of bodies are resemblances of them and their patterns do really exist in the body themselves.« Die primären Qualitäten (Dichte, Ausdehnung, Bewegung, Ruhe, Größe, Lage) sind von den Körpern und deren kleinsten Teilchen ganz untrennbar (inseparable), sie konstituieren die Natur derselben. Eine dritte Klasse von Qualitäten besteht in den Kräften, vermittelst welcher die Körper einander und uns modifizieren. Die Lehre L.s von der Subjektivität der (sekundären) Sinnesqualitäten ist von großer Bedeutung geworden und hat schon durch Berkeley eine Weiterbildung erfahren.

Durch die Reflexion erkennt der Geist seine eigenen Tätigkeiten und Zustände. Eine Psychologie des »inneren Sinnes« (»internal sense«) wird damit inauguriert. Das Gedächtnis beruht auf einem Behaltungsvermögen (»retention«), welches physiologisch beeinflußt ist. L. gehört auch zu den Begründern der neueren Assoziationslehre (»association of ideas«). Er kennt nur Berührungsassoziationen und erklärt sie auch physiologisch durch Bewegungsreihen der »Lebensgeister« in den Nerven. Der Begriff der »Bahnung« findet sich schon hier; durch das häufige Betreten eines Weges, den die Lebensgeister (feinste materielle Teilchen) nehmen, wird er zu einem glatten Pfade. Das Denken ist eine verbindende, trennende, vergleichende; verallgemeinernde, abstrahierende Tätigkeit, welche von der willkürlichen Aufmerksamkeit geleitet wird. Da das Denken des Menschen selbsttätig das Erfahrungsmaterial verarbeitet, der Intellekt also ein fundamentaler Erkenntnisfaktor ist, so erhält L.s Erkenntnislehre auch einen rationalistischen Einschlag, der sie jedenfalls vom sensualistischen Empirismus abrückt. Abstrakte Begriffe hat der Mensch vor den Tieren voraus. Die Abstraktion besteht in der gesonderten Auffassung mit Absehen von anderen Dingen und den Nebenumständen zeitlich-räumlicher Art. Die Begriffe sind Zusammenfassungen einer Klasse von Vorstellungen unter einem allgemeinen Namen (Nominalismus); aber es entspricht ihnen die Ähnlichkeit einer Reihe von Dingen. Die Allgemeinheit selbst gehört nicht den Dingen an, sie besteht nur in der Fähigkeit des Geistes, vieles Einzelne unter einem generellen Namen zusammenzufassen. Das Ich besteht psychologisch in dem stetigen, mit sich identischen Bewußtsein. Die Identität des Menschen besteht in der Teilnahme an demselben stetig fortgesetzten Leben. Das Selbstbewußtsein ist intuitiv gewiß, während die Natur der Seele hypothetisch ist.

Die zusammengesetzten Ideen stellen entweder Modi oder Substanzen oder Relationen vor. Die »modi« (»modes«) sind zusammengesetzte Ideen, welche nichts selbständig Existierendes, sondern von Dingen Abhängiges darstellen (z.B. Dankbarkeit). Einfache oder reine Modi (»simple modes«) sind jene Modi, deren Elemente gleichartig und die nur Modifikationen einer und derselben einfachen Vorstellung sind (z.B. ein Dutzend); die gemischten Modi (»mixed modes«) bestehen aus Vorstellungen verschiedener Art (z.B. Schönheit). Zu den reinen Modis gehören Raum, Zeit, Vermögen usw. Die Raumvorstellung wird durch den Gesichts- und Tastsinn erlangt. Die Tatsache[420] der Bewegung beweist die Existenz eines leeren Raumes. Die Zeit ist die Auffassung der Dauer als abgesteckt nach gewissen Perioden und durch gewisse Maße und Haltepunkte bezeichnet. Die Vorstellung der Dauer hat ihre Grundlage in der Wahrnehmung des Vorstellungsverlaufes. Die Idee der Unendlichkeit beruht auf der Konstanz unseres Vermögens des Zählens, der unbegrenzten Erweiterung von Raum und Zeit im Denken, also auf dem endlosen Fortgang des Geistes ohne Abschluß. Den Begriff des Vermögens oder der Kraft (»power«) gewinnen wir auf Grund der Erfahrung, daß wir wollend Körper bewegen, unseren Vorstellungsverlauf ändern können und daß die Körper wirken und Wirkungen erfahren. Die klarste Idee einer tätigen Kraft gibt uns die innere Erfahrung unserer Willenskraft. Der Begriff der Kausalität ist ein aus der Vergleichung mehrerer Dinge, deren eines als kraftbegabt, als »Ursache« aufgefaßt wird, entspringender Relationsbegriff. Ursache ist, was macht, daß etwas anderes zu sein beginnt. Die Substanz wird nirgends erfahren, sondern nur zu konstanten Komplexen von Qualitäten hinzugedacht als unbekanntes Substrat (»unknown substratum«). Wir vermuten, daß stets miteinander verknüpfte Vorstellungen einem Dinge angehören und belegen den Komplex mit einem Namen. »Aus Unachtsamkeit spricht man nachher davon und behandelt das wie eine Vorstellung, was in Wahrheit eine Verbindung vieler Vorstellungen ist, und weil, wie gesagt, man sich nicht vorstellen kann, wie diese einfachen Vorstellungen für sich bestehen (subsist) können, so gewöhnt man sich daran, ein Unterliegendes anzunehmen (suppose), in dem sie bestehen und von dem sie ausgehen (result). Dieses Unterliegende nennt man deshalb die Substanz« (vgl. Berkeley, Hume, St. Mill, Mach). Das Etwas, welches die Qualitäten trägt und zusammenhält, wird nur verworren gedacht, ist ohne rechten Erkenntniswert. Wir wissen weder, was die körperliche, noch was die geistige Substanz an sich ist (vgl. Kant). Eine immaterielle Substanz (Seele) existiert wohl sicher, aber es ist denkbar, daß Gott die Materie selbst denkfähig geschaffen hat.

Im dritten Buche des »Essay« befaßt sich L. eingehend mit der Bedeutung der Sprache für das Erkennen und mit den durch Mißbrauch der Worte verursachten Irrtümern. Inwiefern die Worte als Bezeichnungen begrifflicher Zusammenfassungen dienen, ist uns bereits bekannt. Die Worte im allgemeinen sind Zeichen für Vorstellungen und Dinge. Von dem realen Wesen, der inneren Konstitution des Dinges, die uns vielfach entgeht, ist das Nominalwesen des von uns Gedachten, Definierten und Klassifizierten zu unterscheiden. Nur bei den einfachen Vorstellungen sind Nominal- und Realwesen eins.

Das vierte und letzte Buch enthält die Lehre vom Wissen, von der Gewißheit und Wahrheit. Erkenntnis (Wissen) ist nach L. die Erfassung (perception) der Verbindung (connexion) und Übereinstimmung (agreement) oder des Widerstreites (repugnancy) unter den Vorstellungen. Es gibt drei Arten des Wissens: intuitive, demonstrative und sinnliche (»sensitive«) Erkenntnis. Die intuitive Erkenntnis ist evident (ein »clear light«), unabweisbar (irresistible), unmittelbar, ohne Vermittlung anderer Vorstellungen als das Eingesehene[421] (z.B. daß drei mehr ist als zwei). Intuitiv gewiß ist die Existenz des Selbstbewußtseins, des eigenen Seins. Demonstrativ ist die mathematische, auch die ethische Erkenntnis; die Gewißheit ist hier ebenfalls absolut, aber durch Vorstellungen vermittelt. Das sinnliche Wissen hat nur den Charakter der Wahrscheinlichkeit. Wahrheit kommt eigentlich nicht den Vorstellungen, sondern den Urteilen und Sätzen zu und ist Übereinstimmung der gedanklich-sprachlichen Verbindung oder Trennung mit der Zusammenstimmung oder Nicht-Zusammenstimmung der Dinge untereinander (»Truth... seems to me in the proper import of the word to signify nothing but the joining or separating of signs, as the things signified by them do agree or disagree one with another«). Reale und bloße Wort-Wahrheit ist zu unterscheiden. Die »ewigen« Wahrheiten sind notwendig wahr, nicht weil sie angeboren sind, sondern weil sie, wenn einmal aus allgemeinen Vorstellungen gewonnen, immer wahr bleiben.

Daß L. keine angeborenen sittlichen Ideen anerkennt, wissen wir bereits. Die sittlichen Grundsätze sind sicher, bedürfen aber der Demonstration, sind ihrer ebenso fähig wie die Mathematik. Die Ethik ist die Wissenschaft, welche »die Regeln und den Anhalt für die menschlichen Handlungen, die zur Glückseligkeit führen, sowie die Mittel, sie zu erlangen, aufsucht«. Was die Lust in uns zu erwecken oder zu steigern oder die Unlust zu mindern vermag, ist ein Gut, das Gegenteil ein Übel. Sittlich gut ist die Handlung, welche mit dem göttlichen und sozialen Gesetz übereinstimmt. Tugend und Laster beziehen sich auf Handlungen, die durch ihre Natur recht bezw. unrecht sind; als Tugend gilt das jeweilig als preiswürdig Betrachtete, eine gewisse Relativität der Wertungen besteht hier je nach den Völkern und Zeiten, wenn auch der Gehorsam gegen das göttliche Gesetz die Norm ist. Die Willensfreiheit faßt L. im Sinne des psychologischen Determinismus auf, als Wahlfähigkeit und Handlungsfreiheit, als Vermögen, Handlungen zu beginnen oder zu unterlassen, zu denken oder nicht zu denken. Freiheit ist Macht, zu tun, was man will; eines oder das andere aber muß gewollt werden. Das Motiv für die Änderung eines Zustandes ist ein Zustand des Unbehagens (uneasiness). Der stärkste Gefühlsimpuls setzt sich schließlich durch.

Was die Rechts- und Staatsphilosophie L.s anbelangt, so ist dieser ein Gegner des (z.B. durch Filmer vertretenen) Absolutismus. Im Naturzustande, in welchem nur das Naturgesetz (»law of nature«) und das Gesetz der Vernunft die Freiheit einschränkt, besteht nicht Willkür und nicht (wie Hobbes meint) ein allgemeiner Kriegszustand. Ein Staat mit Richter und Herrscher entsteht zur Erreichung größerer Sicherheit und Zuträglichkeit. Das Volk hat Souveränität; es übt die gesetzgebende Gewalt durch eine Körperschaft aus, denn die Freiheit des Naturzustandes wird im Staate nicht aufgegeben. Die Teilung der Gewalt gliedert diese in legislative, exekutive und föderative Gewalt. Das höchste Gesetz ist das öffentliche Wohl. Der Staat hat es nur mit der Sicherheit und dem äußeren Wohle des Volkes zu tun, um die Seelen kümmert er sich nicht, so daß die Kirche dem Staate gegenüber[422] ganz selbständig ist, einen freien Verein bildet. Alle Religionen sind vom Staate zu dulden, den Mitgliedern aller Konfessionen (auch Juden u. a.) sind die Staatsbürgerrechte einzuräumen, ein Glaubenszwang kann nicht bestehen, ist gegen die Natur der Religion (Toleranz). Nur die Atheisten kann der Staat nicht dulden.

Hinsichtlich der Religion anerkennt L. durchaus die Lehren der Offenbarung und er anerkennt auch übervernünftige Wahrheiten, welche mittelst des »natürlichen Lichtes« nicht zu erfassen, aber doch zu glauben sind, sofern sie offenbart worden sind. Aber entschieden betont L., daß die Frage, ob etwas Offenbarungscharakter besitze, schließlich durch die Vernunft zu entscheiden ist, daß diese überall das Entscheidende ist, daß der wahre Glaube ihr nicht. widerstreitet und daß aller Aberglaube abzuweisen ist. Gottes Existenz erhellt auch aus der Betrachtung der Natur, der er seine Schriftzüge aufgeprägt hat. Die Erkenntnis Gottes ist demonstrativer und absolut sicherer Art; sie beruht, wesentlich auf dem kosmologischen Beweis als Schluß auf ein vollkommenes ewiges Wesen als Ursache des Endlichen. Die Attribute Gottes erkennen wir durch Steigerung unserer geistigen Vermögen ins Unendliche.

Den L.schen Empirismus hat Berkeley durch Streichung der körperlichen Substanzen und Subjektivierung auch der primären Qualitäten zum Idealismus, Hume durch Eliminierung auch der geistigen Substanzen zum idealistischen Positivismus, Gondillac durch Zurückführung aller Erkenntnis auf Empfindung zum Sensualismus fortgebildet. In Deutschland brachte die rationalistische Erkenntnislehre und Metaphysik Leibniz' ein Gegengewicht. gegen den Einfluß Lockes, der aber daneben (im 18. Jahrhundert) verschiedentlich zu verspüren ist, zum Teil durch Bonnet vermittelt (vgl. Creuz, Tiedemann, Basedow, Weishaupt u. a.).

SCHRIFTEN: Vier Briefe über die Toleranz (Letters for Toleration), 1685 ff. – An essay concerning human understanding, 1690 u. ö, 1894 (ed. Fraser); deutsch 1757, 1795-97, 1872 f. (Kirchmann), 1901 (Philos. Bibl.), auch in der Univ.-Bibl. – Thoughts on Education, 1693; deutsch 1872. – The Reasonableness of Christianity, 1695. – Two treatises of government, 1790. – Posthumous Works, 1706; enthalten u. a. »Conduct of Understanding«, deutsch 1883 (Philos. Bibl.). – Works, 1714; in 9 Bänden, 1853. – Vgl. E. SCHÄRER, J. L., 1860. – HARTENSTEIN, L.s Lehre von d. menschl. Erkenntnis, 1861. – H. R. FOX BOURNE, The Life of J. L., 1876. – FOWLER, L, 1880. – MARTINAK, Zur Logik L.s, 1887. – FRASER, L., 1890. – G. V. HERTLING, J. L. und die Schule von Cambridge, 1892. – E. FECHTNER. J. L., 1897. – RIEHL, Der philos. Kritizismus, 2. A. I.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 418-423.
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