Lullus, Raymundus

[435] Lullus (Lullius), Raymundus, geb. 1235 in Palma (auf Majorca), als Jüngling sehr ausschweifend, dann fromm und mit Visionen begabt, Franziskaner, reiste wiederholt nach Afrika, um die Mauren zu bekehren, gest. 1315.

L., der auch die Kabbala zu seinen Spekulationen heranzieht, will die Logik reformieren, indem er die »große Kunst« (ars magna) der Erfindung, der Findung von Wahrheiten durch mechanische Kombination elementarer Begriffe lehrt, aus welcher sich eine »scientia generalis« ergeben soll. Die »große Kunst« ist eine Anleitung zur Erfindung dessen, was sich von jedem Gegenstand sagen läßt und wie jede wissenschaftliche Aufgabe zu lösen ist. Die allgemeinsten Begriffe, ferner die universalen Prädikate der Dinge werden auf (sieben) übereinander angebrachten, konzentrischen, um einen gemeinsamen Mittelpunkt drehbaren Kreisen verzeichnet; durch Drehung der Kreise erhält man alle möglichen Begriffskombinationen betreffs eines Gegenstandes. Der größte Kreis enthält allgemeine Fragen (Was? Wovon? Warum? Wann? usw.); er ist der Schlüssel der Erfindung (»clavis inventionis«). Diese »Lullische Kunst« hatte in der Folge viele Anhänger, darunter Arnoldus de Villanova, Agrippa, G. Bruno, Leibniz u. a. Die Lehre von den »doppelten Wahrheiten« wird von L. bekämpft, Glaube und Vernunft lassen sich in Einklang bringen. Gott hat die Welt nach den in ihm liegenden Ideen aus Nichts geschaffen und den Dingen eine erhaltende Kraft verliehen. Gottes Selbsterkenntnis ist der Grund seiner Dreieinigkeit (vgl. Lessing).

SCHRIFTEN: Opera, 1598, 1609, 1721 ff., 1886 ff. – Vgl. HELFFERICH, R. L., 1858. – PRANTL, Gesch. d. Logik, III.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 435.
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