[455] Marty, Anton, geb. 1847 in Schwyz, Prof. in Prag.
M. ist Anhänger Brentanos und schätzt wie dieser den Aristoteles sehr. Die Philosophie beruht auf (deskriptiver) Psychologie und ist jenes Wissensgebiet, welches »die Psychologie und alle mit der psychischen Forschung nach dem Prinzip der Arbeitsteilung innigst zu verbindenden Disziplinen« umfaßt. – Der Entstehung der Sprache liegt das Mitteilungsbedürfnis zugrunde. – Die psychischen Akte haben ein intentionales Objekt, einen »immanenten Gegenstand«. »Der immanente Gegenstand existiert, so oft der betreffende Bewußtseinsinhalt wirklich ist. Denn es gibt kein Bewußtsein ohne ein immanentes Objekt; das eine ist ein Korrelat des andern. Der Gegenstand schlechtweg dagegen... kann existieren oder auch nicht existieren.« Die Vorstellung eines Qualitätenkomplexes ist das Resultat einer vor aller Reflexion vollzogenen Synthese. Die Impersonalien (es blitzt usw.) sind subjektlose Sätze, in welchen der ganze Inhalt der Aussage einfach »anerkannt« oder »verworfen« wird, also Existentialsätze (es blitzt = Blitz ist). »Existenz« bedeutet, »Gegenstand eines wahren anerkennenden Urteils sein können. Existierend heißt alles, was mit Recht anerkannt werden kann, auch wenn es kein reales Sein ist. Der Existenzbegriff gehört zu den »aorista d.h. zu den Prädikaten, welche sowohl Realem als Nicht-Realem zukommen können«. Daß man die Existenz von einem Gegenstande mit Recht aussagen kann, liegt an dessen Beschaffenheit.[455]
Schriften: Der Ursprung der Sprache, 1875. – Über subjektlose Sätze und das Verhältnis der Grammatik zur Logik und Psychologie, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, 8. Bd., 1884, 18. – 19. Bd., 1894-95. – Über Sprachreflex, Nativismus und absichtliche Sprachbildung, l. c. Bd. 8 (1884) ff. – Was ist Philosophie? 1897. – Die Frage nach der geschichtlichen Entwicklung des Farbensinns, 1879. – Über das Verhältnis von Grammatik und Logik, Symbolae Pragenses, 1893. – Über Annahmen, 1905. – Untersuchungen zur Sprachphilosophie und Grammatik, I, 1908. – Zur Sprachphilos., 1910, u. a.