Nelson, Leonard

[492] Nelson, Leonard, geb. 1882 in Berlin, Privatdozent in Göttingen. N. gehört zur neuen Fries-Schule, die in Fries denjenigen Denker erblickt, welcher den Kantschen Kritizismus richtig fortgeführt hat. Nach N. ist das Problem einer »Erkenntnistheorie« ein unlösbares Scheinproblem. Wird alles Erkennen als Urteil bestimmt, so muß ins Unendliche ein Beweis für die Gültigkeit des Urteils gesucht werden. Die Kritik ist »Wissenschaft aus innerer Erfahrung«. Die Deduktion der metaphysischen Grundsätze ist ein Geschäft der Psychologie. Diese findet in der Vernunft, deren »Selbstvertrauen« zur Wahrheit ihrer unmittelbaren Erkenntnis das Letzte ist, die apriorischen Bedingungen der Erkenntnis, wobei aber der logische Rechtsnachweis der metaphysischen Urteile aus den Gründen ihrer Möglichkeit durch »regressives« Verfahren (Rückgang zu den Prinzipien) schon vorausgesetzt wird, also nicht selbst Sache psychologischer Aufzeigung ist. Die Theorie der Vernunft enthält die Elemente zur Ableitung sämtlicher reiner Vernunfterkenntnisse. Es gibt eine nicht-anschauliche unmittelbare Erkenntnis der Vernunft, welche im Urteil nur formuliert wird, nicht aber selbst ein Reflexionsprodukt ist.

SCHRIFTEN: Die kritische Methode und das Verhältnis der Psychologie zur Philosophie, 1904 (1. Heft der »Abhandlungen der Fries-Schule«). – J. F. Fries und seine jüngsten Kritiker (im 2. Heft der »Abh. d. Fr.-Sch.«). – Bemerkungen über die Nicht-Euklidische Geometrie und den Ursprung der mathematischen Gewißheit (ibid.). – Ist metaphysikfreie Naturwissenschaft möglich? 1908. – Die wissenschaftliche und ästhetische Naturbetrachtung, 1908. – Über das sogenannte Erkenntnisproblem, 1908. – Unters. über d. Entwickl. d. Kantschen Erkenntnistheor., 1909, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 492.
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