Pfleiderer, Otto

[539] Pfleiderer, Otto, geb. 1839 in Stetten bei Cannstatt, seit 1875 Prof. der Theologie in Berlin, gest. 1908.

P. ist von Hegel beeinflußt, weist aber auch mit Lotze Verwandtschaft auf. Die Erkenntnis ist nach ihm die Verknüpfung von Erfahrungsstoff nach einer apriorischen Gesetzlichkeit des Geistes. Die Dinge bestehen aus Monaden, aus seelenartigen Kräften, die wir nach Analogie unseres Ichs auffassen und die in den Organismen mit der Seelenmonade in Wechselwirkung stehen. Gott ist, wie P. im Sinne des Panentheismus bestimmt, absoluter persönlicher Geist, welcher die Welt in sich befaßt, indem er sich zugleich von ihr unterscheidet, als »Urkraft« und »Urdenken«. Die Welt ist die Entfaltung des göttlichen Denkens. Der Begriff Gottes ist sowohl eine theoretische Voraussetzung als ein praktisches Postulat. Die Religion ist nicht Welterklärung, sondern das Gefühl innigster Einheit mit Gott; sie will das Verhältnis des fühlenden und wollenden Ichs zur Welt richtig stellen, indem sie das menschliche Leben unmittelbar auf die weltbeherrschende Macht bezieht und es so erhebt. Die Religionsphilosophie ist die »zusammenhängende wissenschaftliche Erforschung und Erkenntnis des Ganzen von Erscheinungen..., welche im Leben der Menschheit die Religion ausmachen«. Mittels der vergleichenden Methode findet sie eine Gesetzmäßigkeit der religiösen Entwicklung und vollzieht eine Scheidung zwischen dem Zeitlich-Vergänglichen und dem Ewigkeitsgehalt der Religion.

SCHRIFTEN: Die Religion, ihr Wesen und ihre Geschichte, 1869; 2. A. 1878. – Moral und Religion, 1872. – Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage, 1878; 3. A. 1896 (Bd. I: Geschichte der Religionsphilosophie). – Grundriß der christlichen Glaubens- und Sittenlehre, 1880. – Die Entwicklung der protestantischen Theologie in[539] Deutschland seit Kant u. in Großbritannien seit 1825, 1891. – Religion u. Religionen, 1895.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 539-540.
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