Pikler, Julius

[546] Pikler, Julius, geb. 1864 in Temesvár, Prof. in Budapest.

P. ist ein Gegner des Naturrechte und begründet das Recht aus der Zweckmäßigkeit desselben. Als Psycholog faßt er das Seelische als Funktion des Nervensystems mit energetischem Werte auf. Beherrscht wird es vom Prinzip der Gegensätzlichkeit, wonach jeder Aktion eine Hemmung gegenübersteht. Jedes bewußte Erlebnis ist Besiegung einer Gegentendenz. Jede Vorstellung ist eine gehemmte Tendenz zum Erleben. Allem Streben liegt die Hemmung einer Wirklichkeitstendenz durch die Gegentendenz zugrunde. Wir streben nur dann, wenn die Überzeugung von der Wirklichkeit des in seiner Wirklichkeit gehemmten Gegenstandes für uns ein größeres Interesse, einen größeren Wert besitzt als die gegenteilige Überzeugung. Das Interesse ist so eine »überzeugungsbewirkende Kraft«, eine Energie. Aus diesem subjektiven Faktor gehen auch (wie aus dem objektiven) allgemeingültige Wahrheiten hervor. Überzeugung und Gegenüberzeugung sind, einander komplementär hemmend, stets gleichzeitig da.

SCHRIFTEN: Einleitung in die Rechtsphilosophie, 1892 (ungarisch). – The Genesis of the Cognition of Physical Reality, Mind XV. – Das Grundgesetz alles neuropsychischen Lebens, 1900. – Physik des Seelenlebens, 1901. – Beschreibung und Einschränkung, Vierteljahrsschrift für wissensch. Philos., 1907. – Das Beharren und die Gegensätzlichkeit des Erlebens, 1908. – Das Gegensätzlichkeitsprinzip, Bericht über den III. intern. Kongreß für Philos., 1909. – Die Funktion des Interesses beim Streben und die pragmatische Streitfrage, l. c. 1909. – Die Stelle des Bewußtseins in der Natur, 1910.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 546.
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