Steiner, Rudolf

[712] Steiner, Rudolf, geb. 1861 in Kraljevic, lebt in Berlin. Herausgeber der Zeitschrift »Lucifer-Gnosis«.

S., der erst von Häckel, Nietzsche u.a. beeinflußt war und eine individualistische Philosophie, der Freiheit vertrat, nach welcher die Sittlichkeit in der vollen Entwicklung der menschlichen Natur besteht und das menschliche Individuum »Quell aller Sittlichkeit und Mittelpunkt alles Lebens« ist, ist jetzt Mystiker und Theosoph. Gott ruht in den Dingen, da er sich allem hingegeben, der Mensch muß ihn schaffend erlösen. »Der Mensch blickt nun in sich. Als verborgene Schöpferkraft, noch daseinlos, pocht das Göttliche in seiner Seele. In dieser Seele ist eine Stätte, in der der verzauberte Gott wieder aufleben kann. Die Seele ist die Mutter, die den Gott aus der Natur empfangen kann. Lasse die Seele sich von der Natur befruchten, so wird sie ein Göttliches gebären. Aus der Ehe der Seele mit der Natur wird Gott geboren. Das ist nun kein verborgener Gott mehr, das ist ein offenbarer Gott.« »Die mystische Erkenntnis ist damit ein wirklicher Vorgang im Weltprozesse. Sie ist eine Geburt Gottes.«

Schriften: Goethes naturwissenschaftliche Schriften, in Kürschners Deutsche Nat.- Literatur, 1885/97. – Erkenntnistheorie, 1888. – Goethe als Vater einer neuen Ästhetik, 1889. – Wahrheit und Wissenschaft, 1892. – Philosophie der Freiheit, 1894. – Friedrich Nietzsche, 1895. – Goethes Weltanschauung, 1897. – Häckel und seine Gegner, 1900. – Welt- und Lebensanschauungen im 19. Jahrhundert, 1900. – Die Mystik, 1901. – Das Christentum als mystische Tatsache, 1902. – Theosophie, 1904, u.a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 712.
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