Varnbüler, Theodor von

[782] Varnbüler, Theodor von, geb. 1831 in Wien. = Nach V. ist die Philosophie »die Erkenntnis der Notwendigkeit, kraft deren alles so geschehen muß, wie es geschieht, und alle Dinge so sein müssen, wie sie sind«. Ihre Methode ist die »Synthesis a priori«, die Konstruktion der Begriffe aus den Elementen des Seins. Es gibt keine Axiome, nur korrekte Grunddefinitionen, aus denen sich alles beweisen lassen muß. Das Sein ist »das Sichselbstgleichbleiben eines Etwas in vielen Momenten«, die »Synthese von Einheit und Vielheit«, die »Gleichung schlechtweg«. Jedes Etwas ist »Inbeziehungstehen, Relativität«. Das wollende Sein ist Gott. »Das Sein überhaupt besteht somit darin« das Gott, der absolut Eine, durch die ihm innewohnende Kraft der freien Abstraktion sich selbst in Vielen wieder erzeugt, so daß er in allen Vielen immer der gleiche bleibt.« Der eine allmächtige und allwissende Gott ist das Ideal alles Seins. Substanz, Aktualität und Form, oder Subjekt, Begriff und Objekt sind die Elemente alles Seins. In der Substanz des Seins überhaupt bilden alle Wesen nur ein einziges Sein, in der Form aber sind es viele Wesen. Die Veränderung der Beziehungen der Momente des Seins ist Bewegung; das Sein kann sich nur durch die Bewegung seiner Substanzen verwirklichen. Das Gegenwärtigsein eines Wesens in einem anderen ist das Bewußtsein. Wirkliches Sein ist lebendiges Bewußtsein. Das allumfassende Bewußtsein ist die Vernunft, außer ihr gibt es kein Sein. Das wirkliche Sein der Vernunft ist Leben; alles wirkliche Sein ist Leben, nur Leben ist wirkliches Sein. Durch die Gestaltung und Belebung des Bewußtseins in der Vernunft erlangen alle Dinge ihr reales Sein. Dem »Logos« (der Idee jedes Dinges) in allem entspricht eine »Psyche«, die als Ganzes die Weltseele (»Physis«) ist. Als letztes Produkt der »Potenzierung des Seins in der Vernunft« entsteht der Mensch, dieser hat (als geistiger)[782] ein der Kausalität nicht unterworfenes immaterielles Leben, er ist »individualisierte Vernunft«, Person. Der vollendete Formbegriff der Vernunft ist der Logos des Gottmenschen, dessen »Momente« die Menschen sind; diese sind wie er unsterblich, erhalten im künftigen Leben einen neuen Körper.

Schriften: Acht Aufsätze zur Apologie der menschl. Vernunft, 1878. – Die Lehre vom Sein, 1883. – Der Organismus der Allvernunft u. das Leben der Menschheit in ihm, 1891.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 782-783.
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