[811] Wentscher, Eise, lebt in Bonn. = Ideal-realistischer Standpunkt (von Lotze, B. Erdmann u. a. beeinflußt). Das Kausalitätsprinzip ist ein auf die Gesetzlichkeit der Erfahrung gestütztes Postulat. In bezug auf die Willenstheorie nähert sich W. am meisten E. Meumann, betont aber viel mehr den Anteil der Gefühle am Zustandekommen des Willens. Für die Richtung und Stärke unseres Willens ist vor allem die Richtung und Kraft bestimmter Gefühle entscheidend. Im Wollen liegt ein »in unserer tiefsten Persönlichkeit gegründetes Werten und Billigen, Kämpfen und Entscheiden« vor. Das Wollen ist eine »Komplikation unseres Fühlens und Vorstellens«, eine »Synthese« von (Wert-) Gefühlen und darauf gegründeten Gefühlsantrieben und von Vorstellungen, und zugleich etwas Neues (wenn auch nichts Elementares). Eigentliche Willensmotive und »motivierende Faktoren« (Temperament, Stimmung) sind zu unterscheiden. Das »Verlangen« ist ein nicht weiter zu analysierendes Gefühlsmoment. Der »Willensimpuls« ist kein Charakteristikum der eigentlichen Willenshandlungen, welches vielmehr darin besteht, daß das Wollen »eine gebilligte Entscheidung, eine gebilligte Zielsetzung« ist (Lotze, Sigwart, M. Wentscher u. a.). Vom Willen geht auch die zielbewußte Leitung des Gedankenverlaufs aus. wobei aber unser eigentliches Denken oft durch ein sachliches Interesse völlig unwillkürlich erregt wird. Der Wille ist innerlich (durch Wertgefühle, Motive, Charakter, Persönlichkeit, Vernunft) bedingt, also psychologisch determiniert, aber sittlich frei, autonom.
Schriften: Phänomenalismus und Realismus, 1903, – Das Kausalproblem in Lotzes Philosophie 1903. – Der Wille, 1910, u. a.