Willy, Rudolf

[818] Willy, Rudolf, geb. 1855, lebt in Mels (St. Gallen).

W. ist wesentlich von Avenarius, aber auch von E. Mach u. a. beeinflußt. Er nennt seinen positivistisch-immanenten Standpunkt »Primär-Monismus«. Die »Gesamterfahrung« ist hiernach ein unmittelbar gegebener Zusammenhang von Erlebnissen der Menschheit; der Inhalt dieser Erlebnisse, die als solche genommen »ästhetisch«, qualitativ sind und erst in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise quantitativ-physikalisch werden, bildet die Außenwelt. Die Grunderfahrung als Ganzes ist die »Raumzeitlichkeit als raumzeitliche Sinnlichkeit«. Alles ist in diesem Sinne sinnlich und veränderlich, alles fließt, es gibt kein substantielles Sein. Die Einzeldinge sind Bestandteile des anschaulich gegebenen Anzusammenhanges. Jede einzelne menschliche Persönlichkeit ist das Weltganze selbst in individuell nüancierter Gestalt, also kein absolut selbständiges Ich. Ich und Außenwelt sind Korrelate, nicht numerisch voneinander verschieden (wie Körper von Körper). Die Außenwelt ist »unser aller Leib; der Leib der menschlichen Gattung«. Sie bedeutet insofern »die Einheit und den Zusammenhang der Menschheit bis hinein in die fernsten Zeiten und Räume«. Wir selbst, die Menschheit im Großen, sind die Welt als Ganzes. Es gibt kein Äußeres und Inneres, keinen Geist und keinen Stoff, sondern alles ist nur »die einzige, aber vielfältig (unendlich) individualisierte lebendige Menschheit«. Alles ist Erlebnis dieser, ist eine »bewegte lebendige Menschengeschichte«. Die Welt ist vorzugsweise das uns allen gemeinsame Grunderlebnis; wir seiht sind ein »individuell begrenzter Erlebniskomplex«. Panpsychismus, Pantheismus und Monadologie sind abzulehnen.

Schriften: F. Nietzsche, 1904. – Gegen die Schulweisheit, eine Kritik der Philosophie, 1905. – Die Gesamterfahrang vom Gesichtspunkt des Primärmonismus – 1908. – Ideal und Leben, 1909. – Der Empiriokritizismus, Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos., 20. Bd., 1896. – Das erkenntnistheoret. Ich und der natürl. Weltbegriff, l. c. 18. B., 1894. – Die Krisis in der Psychologie, l. c. 1899.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 818.
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