Ziegler, Leopold

[853] Ziegler, Leopold, geb. 1881 in Karlsruhe, lebt daselbst. = Anhänger E. v. Hartmanns. Die Kultur ist von der Zivilisation, dem praktischen Verhalten, als Mittel zur Glückseligkeit und auf Illusion beruhend, scharf zu unterscheiden. Sie ist »die gemeinsame Wirklichkeitsgestaltung dessen im Bewußtsein, was die Natur allenthalben unbewußt vollbringt: die Realisation des objektiven Gattungszweckes«. Die Kultur ist »die Gesamtheit aller Beziehungen des Menschen zum objektiv daseienden, ewig bewußtlosen Weltgeiste, der im Menschen zum Bewußtsein seines eigenen Willens gelangt und dessen Richtung der Selbst-Befreiungsprozeß des unbewußten göttlichen Wesens im menschlichen Bewußtsein und Dasein bedeutet«. Das Problem des Tragischen ist letzten Endes metaphysischer Art. Die tragische Schuld ist die »notwendige Willensüberspannung eines individuellen Prinzips«, die »Alogizität des immanenten Willens«, die »Verkehrung einer an sich logischen[853] Absicht in eine überwiegend alogische«. Der tragische Tod ist nur ein Symbol, welches die Vernichtung des Individualwillens ankündigt, der tragische Prozeß die »Überwindung des Willens durch die Idee«. Das Tragische ist ein Daseinsgesetz von kosmischer Bedeutung.

Schriften: Zur Metaphysik des Tragischen, 1902. – Das Wesen der Kultur, 1903. – Der abendländische Rationalismus und der Eros, 1905.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 853-854.
Lizenz: