Kaiser Friedrich II.


Kaiser Friedrich II.

[365] Der Unterschied zwischen Kaiser Friedrich I. und seinem Enkel Friedrich II. in den lombardischen Kämpfen ist, daß dieser aus Deutschland nur noch selten Unterstützung erhielt, dafür aber in dem Erbe seiner Mutter, dem Königreich Neapel-Sicilien, die Grundlage seiner Macht in Italien selber hatte. Die deutschen Fürsten fanden sich nicht mehr bereit, in größerer Zahl und mit Anspannung ihrer Mittel über die Alpen zu ziehen, da der Gedanke, Lohn und Ehre im Dienste des Reiches zu gewinnen, seit Barbarossa schon sehr verblaßt, und das dynastische Streben der einzelnen Fürsenhäuser an die Stelle des Reichsgedankens getreten war und den Sinn der Herren erfüllte. Auch sein unteritalisches Königreich, das nach dem Tode Kaiser Heinrichs VI. (1197) in den Zeiten der Vormundschaft in Anarchie verfallen war, brachte Friedrich II. erst allmählich wieder wirklich in seine Gewalt und suchte dann die Rechte des Reichs in Oberitalien, die ihm als König und Kaiser gebührten und die ebenfalls in der zwischenzeit obsolet geworden waren, wieder geltend zu machen. Hätte seine Politik Erfolg gehabt, so wäre vermutlich das Ergebnis ein geeintes Königreich Italien unter Lösung vom Deutschen Reiche geworden.[365]

Der erste Versuch, den Friedrich machte, die Zügel der Herrschaft über die oberitalischen Kommunen wieder anzuziehen (1226), mißglückte. Zehn Jahre später, als er sich durch Nachgiebigkeit gegen die landesherrlichen Ansprüche der Fürsten in Deutschland eine gute Position verschafft und sich von dort Zuzug gesichert hatte, begann er den entscheidenden Kampf, dessen Ende er nicht mehr erlebte.

Wenn einst Barbarossa oder die Kaiser vor ihm mit dem deutschen Heer südlich der Alpen erschienen waren, hatten die Italiener sich nicht getraut, ihnen im freien Felde zu begegnen. Wenn geschlagen worden ist, und namentlich, wo Barbarossa unterlegen ist, bei Carcano und Legnano, waren es nur Teilheere, die die Mailänder geschickt und geschlossen anfielen, ehe sie sich mit anderen Korps, wie sie beabsichtigt, vereinigten. In der Hauptsache hatten die Lombarden sich immer auf die Defensivkraft ihrer Städtebefestigungen verlassen. Friedrich II. traten sie mit einem Bundesheer in freiem Felde entgegen, aber doch nicht um zu schlagen, sondern um ihn durch Manövrieren, durch Stellungen in dem von Flüssen und Kanälen durchschnittenen Lande an der Belagerung und Einnähe fester Plätze zu verhindern. Das erste Jahr (1236) gelang es, mit solchem Manövrieren durchzuhlaten. Im zweiten (1237) ging der Kaiser selbst noch einmal nach Deutschland und kam im Herbst mit 2000 Rittern wieder über den Brenner zurück. Er bewog Mantua, dem lombarischen Bunde abzusagen, und bedrohte, von Südosten dagegen anrückend, Brescia. Diese Stadt zu decken, nahm das lombardische Heer eine durch Wasserläufe so geschützte Stellung (bei Manerbio, hinter dem Flüßchen Lusignolo), daß der Kaiser nichts machen konnte. Als der November zu Ende ging, blieb ihm nichts übrig, als die Kontingente aus den reichstreuen Städten, die sich nicht länger halten lassen wollten, zu entlassen.

Gerade diese Situation aber wußte der Kaiser mit kluger Berechnung auszunutzen, um noch im letzten Augenblick zu der ersehnten Entscheidung zu gelangen und den Gegnern den tödlichen Schlag zu versetzen.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 365-366.
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