28. Papa Bar-Nazor, Odenath; Zerstörung Nahardeas.

[453] Ich habe früher die Vermutung ausgesprochen, daß der in den talmudischen und in jüdisch-chronologischen Schriften vorkommende רצנ רב oder רצנ רב אפפ mit dem palmyrenisch-arabischen Eintagskaiser Odenath identisch sei. [453] v. Gutschmid findet diese Tatsache durch eine griechische Inschrift bestätigt (Hilgenfelds Zeitschr. für wissensch. Theol. 1860, S. 11). Es ist daher notwendig, die Beweise dafür zusammenzustellen. In Jerus. Taanit VIII., 46 b. wird er mit Zenobia in Verbindung gebracht: דיצתיא אנניח רב ריעז, ןוהל הרמא יולע הסויפמ לאומש 'רו ימיא 'ר קילס. אפיספסב ןיסינ ןוכל דבע ןוכיירב אוה ףילי (אתכלמ 1.) אתוכלמ היבנז אדהב ןול רמא ,רספס דח ןיעט ייקרס דח ללע היב ןיקישעמ .אנניח רב ריעז ביזתשיאו יוחאל רוצינ רב לטק אריספס . Babli Ketubbot p. 51. b. wird er bald König bald Räuberhauptmann genanntירק אכהו ךלמ היל ירק םתה רצנ ןבו . אמלעד סיטסל יבג ,אוה סיטסל שורושחא יבג ןיא ?סיטסיל היל אוה ךלמ. Dieses Gemisch von Anführer einer sarazenischen Raubschar und König (Kaiser) paßt sehr gut auf Odenath. Noch entschiedener spricht für die Identität die Inschrift, welche angibt, daß Odenaths Urahn Nasoros, richtiger Nasor oder nach semitischer Orthographie רוצנ geheißen, ähnlich wie der jerusalemi sche Talmud den Namen wiedergibt: רוצינ רב. Die Inschrift lautet (corpus inscripp. graecc. No. 4507): τὸ μνƞμεῖον. ... ἔκτισε ἐξ ἰδίων Σεπτίμιος Ὀδαίναϑος, ὁ λαμπρότατος συγκλετικὸς Αἰράνου (τοῠ) Οὐβαλλάϑου, τοῠ Νασώρου. Auch die Notiz in Genesis Rabba c. 76. spricht von Bar Nazar wie von einem König, indem auf ihn das Bild des »kleinen Hornes« in Daniel angewendet wird: ירחא ןרק ולאו רצנ ןב הז :ןוהיניבמ תוקלס אריעז. Auch die »drei Hörner«, die vor ihm entwurzelt worden, werden daselbst wohl auf drei der Eintagskaiser jener Zeit, der sogenannten dreißig Tyrannen, bezogen: ונתנש וז .. איינרק ןמ תלתו יסודידרקו סורק ןירקמ םתוכלמ םהל. Der erste ist wohl Macrianus, der 261 den Purpur nahm und von Ägypten aus sich Kaiser des Orients nannte. Was die andern beiden Namen bedeuten, ob dessen Söhne Macrianus der Jüngere und Quietus, ist mir dunkel. Noch berichten drei jüdische Chroniken, das Seder Olam Sutta (von 808), das Seder Tannaim we-Amoraim (von 885) und Scheriras historisches Sendschreiben (von der letztgenannten Quelle abhängig), daß Papa Bar-Nazor die Stadt Nahardea zerstört hat, das erste ohne Datum, die letzteren mit einem Datum 570 Seleucidarum (A): (?) אד רצנ רב 1.) (אפפ אספ קילסו אעדרהנל הברחאו; dann (B.): אסנמלופ רצנ רב אפפ אבו ע"קת (אעדרהנ) התוא בירחהו endlich (C.): ץ"קת תנשבו ברו הובא רב הבר לזאו אעדרהנל היברהאו רצנ רב אפפ אתא ביצנכשלו יהלשלו אזוחמל ןמחנ. Indessen scheint das Jahr entweder nicht richtig angegeben oder korrumpiert zu sein. Denn Odenaths Zug gegen Schabur (Sapor) fand erst nach Valerians Gefangennahme statt, also nach 260, als dessen Rächer er zum Scheine auftrat. Also wohl erst 261 hat Odenath Nisibis und Carrhä verbrannt und ist bis Ktesiphon vorgedrungen (Clinton, fasti Romani ad 260, 264). Auf diesem Kriegszuge hat er wohl auch Nahardea am Euphrat zerstört; einen früheren Zug nach der Euphratgegend anzunehmen, ist nicht tunlich. Man müßte also lesen ב"עקת 572 = 261.

Aus Kidduschin 70. a. könnte es den Anschein haben, als wenn R. Nachman, nachdem er infolge der Zerstörung Nahardeas sich nach Schenkan-Zib begeben, wie Scherira berichtet, später wieder in Nahardea gewohnt, daß diese Stadt sich demnach bald wieder erholt hätte; denn die Szene zwischen R. Nachman und R. Juda scheint in Nahardea zu spielen. Allein R. Achaï aus Schabacha (in Scheeltot c. 51.) hat die sich als richtig empfehlende Lesart: ביצנכשב ןמחנ 'ר זירכמ. Was aber die daselbst vorkommende Lesart: 'ר זירכמ אעדרהנב הדוהי betrifft, so ist sie nicht sehr verschieden von der in unsern Ausgaben erhaltenen: הדוהי 'ר זירכמ אתידבמופב, da Pumbadita zu Nahardea gehörte.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1908, Band 4, S. 453-455.
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