Sargons Usurpation. Kämpfe in Syrien

und mit Ägypten

[30] Um die Zeit der Einnahme Samarias ist Salmanassar V. durch einen Usurpator, offenbar einen seiner Generäle, beseitigt worden. Als Grund, weshalb er und seine Dynastie gestürzt wurden, bezeichnet [30] dieser den Zorn des Götterkönigs Assur über die Aufhebung der alten Privilegien seiner Stadt58; dadurch erhalten wir einen Einblick in die Mißstimmung, welche das rücksichtslose Regiment sowohl in der hauptstädtischen Bevölkerung, deren Stellung an die Roms im Weltreich erinnert, wie in der hohen Beamtenschaft und der Armee und gewiß auch in der Priesterschaft erzeugt hatte. Diese Stimmung hat sich der Usurpator zunutze gemacht; er hat denn auch die Steuerfreiheit von Assur und ebenso die von Charrân wiederhergestellt und rühmt sich dessen in allen seinen Inschriften.

Der neue König hat am 12. Ṭebet (Januar 722) den Thron bestiegen. Er hat den Namen Sargon, den des Begründers des Reichs von Akkad, angenommen, der dann in der Schrift durch Spielerei in Sarru-kenu »der echte König« umgedeutet wird59; seine Nachkommen haben sich dann, nach Usurpatorenart, einen Stammbaum anfertigen lassen, der bis auf die ältesten Könige von Assur zurückreicht.

Der Dynastiewechsel hatte schwere Erschütterungen zur Folge. In Babylonien rückte Mardukbaliddin von Bit-Jakin oder dem »Meerland«, der Herrscher des südlichsten der Chaldäerstaaten, ein und konnte am 1. Nisan (April) 721 durch Ergreifen der Hände der Mardukstatue das Königtum gewinnen. Er stand im Bund mit König Chumbanigaš von Elam; als Sargon heranzog, erlitt er von diesem bei Dêr, östlich vom Tigris, noch ehe Mardukbaliddin [31] eingreifen konnte, eine schwere Niederlage60. Er mußte die Gewinnung der babylonischen Krone einstweilen aufgeben; alle früher von Tiglatpileser so stark heimgesuchten Stämme dieses Gebiets warfen das assyrische Joch ab und fielen den Gegnern zu.

Statt dessen ist Sargon im J. 720 nach Syrien und Palästina gezogen61, und hier ist es ihm gelungen, in raschen Schlägen aller Aufständischen Herr zu werden. Er hat den Jaubi'di in Qarqar eingeschlossen und gefangen und ihm die Haut abziehen lassen; Ḥamât wurde dem Reich einverleibt, die Bevölkerung großenteils fortgeführt, so nach Palästina, oder ins Heer eingestellt, an ihre Stelle 6300 Assyrer sowie später Gefangene aus Medien und Armenien angesiedelt. Daran wird sich die Wiederunterwerfung der übrigen Städte geschlossen haben, die Jaubi'di für sich gewonnen hatte. Im Süden wurde das ägyptische Heer, mit dem der General Sib'i dem Hanno von Gaza zu Hilfe kam, bei Raphia am Rande des Kulturlandes in die Flucht geschlagen, Hanno [32] gefangen und gefesselt nach Assur geführt. Danach war die Herrschaft über Syrien und Palästina in vollem Umfang wiederhergestellt. Die Ordnung der Verhältnisse in Samaria wird in diese Zeit gehören; die noch übrigen Kleinstaaten der Philister sowie Juda, Edom, Moab hatten sich ruhig verhalten und zahlten regelmäßig ihren Tribut62.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 41965, Bd. 3, S. 30-33.
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