[113] AESCULAPIUS, i, Gr. Αἰσκληπιὸς, ου, (⇒ Tab. XIII.)
1 §. Namen. Es hieß dieser vermeynte Gott erst Epius, Gr. Ἤπιος, welches so viel, als gelinde oder sanft, bedeutet, entweder, weil er sehr sanftmüthiges Geistes war, oder gelinde Hände in seinen Curen hatte. Auctor [113] Etymol. Magni ap. Potter. ad Lycophr. v. 1054. Nachdem er aber den Fürsten in Daunien oder zu Epidaurus, an einer Augenkrankheit curirete, so bekam er daher den Namen Asklepios. Tzetz. ad eumd. l. c. Oder es ist dieses Asklepios so viel, als Ἀσκελοποιὸς, welches einen bedeutet, der andere nicht verdorren, oder sterben läßt. Id. ib. Einige wollen, er sey aus den beyden Wörtern Isch-kalibi zusammengesetzet, welche einen hündischen Mann bedeuten. Bochart u. Thomassin beym Banier III B. 775 S. Hingegen leiten andere solchen Namen auch von dem Ebräischen Es, eine Ziege, Fourmont Reflex. crit. T. I. p. 189. und Keleph, ein Hund, her, weil ihn entweder eine Ziege in seiner ersten Kindheit ernähret, ein Hund aber bewahret; Banier Entret. XIX. ou P. II. p. 280. oder auch, weil er sich insonderheit der Ziegenmilch und der Hunde Lecken in seinen chirurgischen Curen bedienet hat. Heurn. Philos. Barbar. lib. I. p. 66. Die Aegypter nenneten ihn Tosorthrus, oder Tosorthus, und hielten ihn für ihren andern König zu Memphis, Iablonski Panth. Aegypt. L. V. c. 6. §. 4. die Phönicier aber hießen ihn Esmunus, welches so viel als den achten bedeutet, weil er der so vielste in der Zahl unter seinen Brüdern, den Cabiren, und Söhnen des Sydecks gewesen, Marsham. Can. Chron. Sæc. Ip 39. oder die Aegyptier ihn zu den sieben Planeten, die sie als Götter verehreten, noch als den achten hinzu gethan. Iablonski l. c. L. II. c. 7. §. 14.
2 §. Aeltern und Geburt. Da sich wenigstens ihrer drey dieses Namens bey den Alten gefunden, die alle gute und berühmte Aerzte gewesen, so werden auch ihre Aeltern dreyfach benennet, und also für des ersten Vater Apollo, für des andern Mercurius und für des dritten Arsippus angegeben. Cicer. de N.D. lib. III. c. 22. Inzwischen wird doch ihre Historie insgemein in eine zusammen gezogen, und folglich alles dem ersten Aeskulapius zugeschrieben. Es wird aber solcher für des Apollo Sohn gehalten, welchen er [114] mit der Koronis, des Phlegyas, Königes in Thessalien, Tochter, erzeuget, nachdem aber diese hernach sich auch mit dem Ischys, des Elotas Sohne, zu genau eingelassen, so soll sie Apollo aus Eifersucht getödtet, und, da sie bereits auf dem brennenden Scheiterhaufen gelegen, Mercurius erst noch den Aeskulapius von ihr genommen haben. Pindar. Pyth. Γ. Antistr. a. & Apollod. lib. III. c. 10. §. 3. Doch melden auch einige, es habe Phlegyas besagte seine Tochter mit in den Peloponnesus genommen: indem aber ihre Zeit um gewesen, so habe sie sich etwas bey Seite gemacht, und den Aeskulapius auf einem Berge bey Epidaurus geboren; allein ihn auch auf gut Glück, aus Furcht vor ihrem Vater, liegen lassen. Es habe sich aber eine Ziege des Hirten Aresthanas zu ihm gefunden, ihn gesäuget, und zugleich der Hund des besagten Hirten ihn wider andere Thiere beschützet. Als Aresthanas solche seine Ziege und seinen Hund vermisset: so habe er sie endlich auf besagte Art beysammen angetroffen, und, da zugleich sich ein helles Feuer um den Aeskulapius sehen lassen, ihn so fort für etwas göttliches angesehen, und sich voller Furcht wieder zurück gemacht. Pausan. Corinth. c. 26. p. 132. Noch andere wollen, daß, als ihn Autolaus auf den Thelpusischen Feldern liegen gefunden, er ihn aufgehoben, worauf ihn denn Trygone, als Amme, erzogen. Id. Arcad. c. 25. p. 213. Die zu Leuktris wollten ehemals, daß seine Mutter nicht Koronis, sondern Arsinoe, des Leucippus Tochter, gewesen. Id. Lacon. c. 26. & Apollodor. l. c. Dagegen behaupten die Sidonier, Apollo sey zwar sein Vater, allein, da er nichts anders, als die Luft sey, so habe er gar keine Mutter gehabt. Pausan. Achaic. c. 23. So ist auch schon erinnert worden, daß ihn die Phönicier für Sydecks Sohn angeben; und andere halten ihn selbst für Jupiters Sohn, und des Mercurius Bruder. Marsham. Can. Chron. Sæc. I. p. 40. Am wahrscheinlichsten aber ist es wohl, daß er ein armer Findling gewesen, und also niemand dessen rechten Vater oder Mutter [115] gekannt habe. Targuit. ap. Lactant. Inst. lib. I. c. 10. §. 2.
3 §. Auferziehung. Daß er erst von einer Ziege, hernach von der Trygone gesäuget worden, ist vorher angezeiget. Allein, einige wollen, daß ihn Apollo selbst, sobald er von seiner Mutter genommen worden, dem Centaur, Chiron, anvertrauet habe, welcher ihn denn nicht nur in der Medicin, sondern auch in der Jagd und andern Wissenschaften unterwiesen. Ovid. Metam. II. v. 630. & Lactant. Instit. lib. I. c. 10. §. 2.
4 §. Thaten. Er verband, nach der Gewohnheit der damaligen Zeiten, die Chirurgie mit der Medicin, und brachte es, vermöge seines guten Verstandes, in der Kenntniß heilsamer Kräuter und der Zusammensetzung guter Arzneymittel so weit, Diod. Sicul. L. V. c. 74. daß er alle Wunden, Quetschungen, hitzige Fieber u.s.f. durch bloße Worte zu heilen schien. Pindar. Pyth. Γ. Str. γ. Ja, er machte endlich auch selbst Todte wieder lebendig; wie er denn nach einigen dem Glaucus, des Minos Sohn, Hygin. Fab. 49. nach andern dem Capaneus und Tyndareus, Schol. Pind. ad l. c. Antistr. γ. und nach den dritten dem Hippolytus, des Theseus Sohne, Eratosth. Cataster. 6. nach den vierten dem Hymenäus, Orpheus ap. Schmid. ad Pindar. l. c. nach den fünften dem Lykurgus, Stesichor. ap. eumd. ad eumd. l. c. und nach den sechsten unterschiedenen zu Delphis Pherecyd. ib. das Leben soll wieder gegeben haben. Cf. Gyrald. Synt. VII. p. 254. Ja, er erlangete den Ruhm, daß er die Arzeneykunst zuerst erfunden habe, und für den Gott derselben gehalten wurde; Hygin. Fab. 274. wie man ihn denn auch bald nach seinem Tode göttlich verehrete. Pausan. in Corinth. c. 26. p. 134. Da er bey seinem Lehrmeister Chiron mit dem Herkules und Jason bekannt geworden war, so beredeten ihn solche, bey ihrer Unternehmung wider Kolchis, diesen Zug mit zu thun; und er leistete ihnen auch als Arzt sehr nützliche Dienste. Clem. Alexand. L. I. p. 236. Ce Mem. de l'Acad. des B. L. T. XIII. p. 127. Will man noch den ägyptischen Aeskulapius mit hieher ziehen, so [116] hat er die königliche Residenz zu Memphis erbauet, Bücher von der Anatomie geschrieben, die Kunst mit Quadratstücken zu bauen erfunden, und was dergleichen mehr ist. Syncellus & alii ap. Marsham. Can. Chron. Sæc. I. p. 40. 41.
5 §. Tod. Weil er also unterschiedene Todte wieder lebendig gemacht hatte, so klagete endlich Pluto bey dem Jupiter über ihn, daß er seinem Reiche großen Abbruch thäte, wodurch denn Jupiter bewogen wurde, ihn mit dem Donner zu erschlagen, Diod. Sic. lib. IV. p. 190. wofür aber Apollo hinwiederum die Cyklopen, welche die Donnerkeile geschmiedet hatten, mit seinen Pfeilen erschoß. Hygin. Fab. 49.
6 §. Verehrung. Da er nun so vielen Menschen geholfen, und selbst von den Todten nicht nur zurück gekommen; Hygin. Fab. 152. sondern auch unsterblich gemachet worden war, Id. Fab. 224. zuförderst aber, wo nicht die Medicin selbst erfunden, doch selbige sehr verbessert haben sollte; Diod. Sic. lib. V. p. 189. so wurde er an vielen Orten als ein Gott der Arzeneykunst verehret; wie er denn nicht allein zu Megalopoli in Arkadien; Pausan. Arcad. c. 32. sondern auch zu Messena, Messen. c. 31. zu Sicyon, Id. Corinth. c. 10. zu Pergamus, Id. Lacon. c. ult. zu Cyrene, Id. Corinth. l. c. zu Athen, Aristoph. Plut. v. 621. & ad eum Schol. l. c. zu Tithorea, zu Ko, zu Gortynia, zu Lacedämon und anderweits mehr, Gyrald. Synt. VII. p. 257. sq. seine berufenen Tempel hatte. Insonderheit aber wurde er zu Epidaurus, als seinem vermeynten Geburtsorte, verehret, woselbst auch sein Dienst zuerst angefangen. Pausan. Corinth. c. 26. p. 133. Er hatte hier, jedoch auf fünf vierthel Meilweges von der Stadt, nicht nur seinen besondern heiligen Hayn, in welchem weder jemand sterben, noch gebohren werden durfte; sondern auch seinen gar besondern Tempel und noch schönere Statüe, welche Thrasimedes aus der Insel Parus von dem schönsten Golde und Elfenbeine verfertiget hatte. Id. ib. c. 27. p. 134. Hieher verwies auch das Orakel die Römer, als sie A. V. 461. ganz ungemein mit [117] der Pest geplaget wurden, und befahl ihnen, den Aeskulapius selbst von Epidaurus nach Rom zu holen. Sie schicketen deswegen zehen vornehme Männer unter dem Q. Ogulnius dahin. Als diese nun die besagte Bildsäule bewunderten, die sie vermuthlich nach Rom zu führen dachten, so kroch eine Schlange unter derselben hervor, machte sich mitten durch die Stadt hinweg, und selbst in der Römer Schiff, wo sie sich in dem Zimmer des Ogulnius in einen Kreis zusammen legete. Sie giengen daher mit derselben nach Rom zurück. Als sie aber bey Antium vorbey fuhren, so machete sich die Schlange bey eräugeter großen Meerstille nach dem Tempel des Aeskulapius, der an dem Ufer stund: und, weil die Römer indessen mit dem Schiffe stille lagen, so kam sie nach dreyen Tagen von sich selbst wieder in das Schiff. Als sie zuletzt die Tiber zu Rom hinauf fuhren, so sprang die Schlange von sich selbst in die Insel derselben, und verkroch sich unter dem Schilfe. Man erbauete also dem Aeskulapius daselbst einen Tempel, und die Pest hörete sogleich auf. Ovid. Metam. XV. v. 622. sqq. Conf. Aur. Victor. de Vir. Illustr. c. 22. Val. Max. lib. I. c. 8. §. 2. alii. Es stund auch solcher Tempel nachher in großem Ansehen, und wurde insonderheit von dem Prätor, Lucretius, aufs herrlichste ausgezieret. Jetzo ist er in die Kirche des heil. Bartholomäus in Insula verwandelt worden, welche noch eine der ansehnlichsten Kirchen zu Rom ist. Franzini Antichità di Roma P. 1. p. 143. & p. 530. Von Epidaurus breitete sich sein Dienst nach vielen Orten aus; daher man sein Bild vielfältig auf Münzen antrifft. Den Einwohnern zu Limera in Lakonien, welche gleichfalls den Aeskulapius suchen lassen, begegnete fast eben ein solches Abentheuer, wie den Römern. Pausan. in Lacon. p. 208. Es war auch die Meynung, daß er unter der Gestalt einer Schlange zu erscheinen pflege, dermaßen allgemein, daß ein gewisser Alexander sie zu seinem Vortheile glücklich anwenden konnte. Dieser Landstörzer hatte eine neugeborene Schlange in ein Ey gebracht, welches [118] er zu Chalcedon, wo man dem Aeskulapius einen Tempel zu bauen anfieng, an einem Orte des dazu gegrabenen Grundes, wo sich Wasser gesammlet hatte, versteckete. Den andern Morgen zog er solches heraus, und eröffnete es in Gegenwart vieler Personen. Er behauptete, daß dieses Aeskulapius selbst sey, und verbarg sich darauf einige Zeit lang. Endlich kam er mit einer zahm gemachten großen Schlange wieder, welche man für den Gott der Arzeney kunst hielt. Das leichtgläubige Volk, zog den Betrüger häufig zu Rathe, der dadurch viel Vermögen gewann. Lucian. in Pseudomant. p. 753. Opp. T. I. Ed. Græv. Es waren dem Aeskulap aber die Hähne, die Nachteulen, die Ziegen und die Schlangen heilig Voss. Theol. Gent. lib. IX. c. 32. Cf. Chartar. Imag. Deor. Imag. 13. Und, wenn einer von einer Krankheit durch seine vermeynte Hülfe wieder gesund geworden, so wurde solches nebst den gebrauchten Mitteln auf besondern Täfelchen in dessen Tempeln aufgehangen, Strabo lib. VIII. p. 360. woraus denn hernach die Aerzte ihre Kunst zusammen lasen. Insgemein hatte er seine Tempel außerhalb den Städten, weil es außer solchen gesünder seyn soll, als in denselben; Voss. l. c. lib. I. c. 13. und es wurden ihm sonst noch seine Feste gefeyert, als zu Epidaurus die Asklepiea, Plato apud Voss. l. c. und anderwärts einige Tage nach den isthmischen Spielen. Voss. l. c. lib. IX. c. 38. Seine Mutter, Koronis, hatte an der göttlichen Ehre, die ihrem Sohne erwiesen wurde, ebenfalls Theil. In seinem Tempel zu Tithronien, deren Einwohner ihm auch Schafe, Stiere und Schweine opferten, und solche in dem Hayne ganz verzehreten, stund ihre Bildsäule, welche man jährlich in den Tempel der Minerva trug. Pausan. Corinth. c. 10. pag. 105, 106.
7 §. Bildung. Zu Epidaurus war er gebildet, daß er auf einem Throne saß, in der einen Hand einen Stab hielt, mit der andern aber sich auf einen Schlangenkopf stemmete, und vor sich zu den Füßen einen Hund liegen hatte. Pausan. Corinth. c. 27. p. 134. Er wird [119] allezeit als ein ernsthafter Mann vorgestellet; zuweilen mit einem starken Barte, sitzend, da er die Kleidung eines Arztes anhat, in dessen Schooße allerhand Arzeneybüchsen und medicinische Werkzeuge liegen; wobey er mit der rechten Hand den Bart, in der linken aber einen knotigen Stab hält, um welchen sich eine Schlange herum gewunden hat. Albric. de Imag. Deor. c. 20. Ob man ihn nun gleich meistens bärtig sieht, so wird er doch auch ohne Bart und als eine junge Mannsperson vorgestellet, wie er insonderheit bey den Sicyoniern zu sehen war. Pausan. Corinth. c. 10. p. 106. Insgemein hat er einen Lorberkranz auf dem Kopfe, Chartar. Imag. 13. und den Schlangenstab. in der Hand: zuweilen aber hält er auch nur eine Schlange in der einen Hand, und eine Opferschale in der andern, und wird auf den Münzen vielfältig nur als eine Schlange gebildet. Arnob. ap. Struv. Syntagm. A. R. c. 1. p. 129. Zuweilen lehnet er sich auf einen Cippus, um den sich eine Schlange windet. Manchmal hat er einen Mantel um sich, und den Kopf mit einer Binde oder der Mütze des Serapis bedecket, Voss. Theol. Gent. lib. IX. c. 32. neben sich auch einen Hahn stehen, und was dergleichen Dinge alle mehr sind. Montfauc. Antiq. expl. T. I. P. II. Tab. 185–191.
8 §. Gemahlinn und Kinder. Seine Gemahlinn soll Epione, und seine Söhne Machaon und Podalir gewesen seyn, Pausan. Corinth. c. 29. Apollod. lib. III. c. 9. §. 8. über welche ihm andere auch noch vier Töchter, nämlich die Hygiea, Aegle, Panacea und Jaso zugeben. Plin. H. N. lib. XXXV. c. 11. & Schol. Aristoph. ad Plut. 639. Doch wollen einige auch, daß Hygiea nicht seine Tochter, sondern seine Gemahlinn, gewesen, Orph. Hymn. in Aesc. p. m. 164. für welche letztere aber auch noch andere die Lampetia, der Sonnen Tochter, angeben, Hermip. ap. Schol. Aristoph. ad Plut. v. 701. zu seinen Söhnen aber auch noch den Janiscon und Alexenor machen. Schol. laudatus l. c.
9 §. Beynamen. Nach diesem heißt er unter andern[120]
Aglaopes, Apalexicacus, Archagetas,
Causius, Aulonius, Cotyläus,
Coronides, Epidaurius, Demenätus,
Hagnitas, Gortynius, Pergamenus,
und Tricäcus.
Von deren jedem an seinem Orte ein mehreres.
10 §. Wahre Historie. Es ist wohl nicht zu zweifeln, daß er nicht ein wirklicher guter Arzt gewesen, der zu den Zeiten des Theseus, und also ums Jahr der Welt 3720, oder vor Christi Geburt 1230, gelebet, dabey von unbekannten Aeltern geboren worden. Weil er nun einige, die beynahe schon todt gewesen, dennoch wieder curiret, so habe man gedichtet, er habe sie wieder von den Todten auferwecket: endlich aber sey er von ungefähr selbst von dem Donner erschlagen, und zu Epidaurus, oder nach andern, zu Cynosuris in Arkadien begraben worden. Voss. Theol. Gentil. lib. I. c. 13. Es sind daher bloße Muthmaßungen, wenn einige bald den Moses, bald den Pan, Attes, Serapis, Prometheus, u. d. gl. aus ihm machen wollen. Huet. D. E. Propos. IV. c. 8. §. 6. & c. 10. §. 1. &c.
11 §. Anderweitige Deutung. Sein mütterlicher Großvater, Phlegyas, soll die Hitze der Sonne bedeuten, seine Mutter, deren Namen von κεράννυσθαι; misceri, hergeleitet wird, die mit ihrer Feuchtigkeit und Sonnenwärme gemäßigte Luft, woraus denn er, als die Gesundheit der Menschen, entsteht; daher er nicht unbillig für einen Sohn solcher Koronis und des Apollo, als der Sonne, soll gehalten werden. Jedoch aber wird er auch selbst nur für die Luft angesehen, deren Tochter Hygiea gewesen, welche so viel als die Gesundheit heißt, die insonderheit von der Luft herkömmt. Seine andere Tochter war die Jaso, die den Namen von ἰᾶσθαι, heilen, hat, weil auch die Heilungskraft von der Luft mit abhängt. Die Schlange bey ihm soll bemerken, daß sich die Sonne, als sein Vater, immer zu erneuere, oder auch alles sehe, nachdem die Schlangen insonderheit sehr scharfe Augen haben sollen. Nat. Com. lib. IV. c. 12. Allein, wie dieses weir gesuchte Dinge sind: so scheinen diejenigen besser zu gehen, welche ihn für ein Bild eines [121] guten Arztes ansehen. Er hat demnach einen Bart, weil Aerzte keine Jünglinge, sondern alte erfahrene Leute seyn sollen. Voss. Theol. Gent. lib. IX. c. 32. Er hat einen Stab in der Hand, auf den er sich stemmet, weil die Arzeneykunst gleichsam eine Stütze des menschlichen Lebens ist. Nat. Com. l. c. Solcher Stab ist mit einer Schlange umwunden, welche sehr scharfsichtig seyn soll, weil dergleichen von einem Arzte erfordert wird, Voss. l. c. ist aber auch voller Knoten, Apulej. ap. Voss. l. c. weil es in der Arzeneykunst noch viele Schwierigkeiten giebt. Omeis Mythol. in Aesculapius. Er hat einen Hahn bey sich, weil ein Arzt eben so wachsam seyn soll, oft auch einen Hund, weil an solchem Thiere die Treue gerühmet wird, und ein Arzt eben dergleichen soll von sich spüren lassen. Wenn ihm auch eine Nachteule zugegeben wird, so hat sie einerley Bedeutung mit der Schlange; und da ihm die Ziegen geheiliget waren, so soll es bemerken, daß Kranke des Arztes nöthig haben, wie die Ziegen, die stets das Fieber haben sollen. Voss. l. c. Auf dem Haupte trägt er einen Lorber, weil solcher Baum großen Nutzen in der Arzeneykunst hat, und es waren ihm auch die Raben gewidmet, weil ein Arzt künftige Fälle voraus sehen soll, wie man glaubet, daß die Raben auf ihre Art auch thun können. Masen. spec. ver. occ. c. XXIII. n. 3. Wenn er aber übrigens selbst von dem Jupiter mit dem Blitze soll erschlagen worden seyn, so wollen dieß einige dahin deuten, daß er selbst noch an einem hitzigen Fieber gestorben sey; Heraclit. de Ineredibil. c. 26. Andere deuten es aber natürlich, und wollen, daß damit bemerket werde, wie der Blitz die aus der Erde aufsteigenden Dünste verzehre, aus denen sonst die Pest zu entstehen pflege, Voss. Theol Gent. lib. II. c. 12. welches aber gewiß ziemlich weit gesuchet ist.
Buchempfehlung
Stifters späte Erzählung ist stark autobiografisch geprägt. Anhand der Geschichte des jungen Malers Roderer, der in seiner fanatischen Arbeitswut sich vom Leben abwendet und erst durch die Liebe zu Susanna zu einem befriedigenden Dasein findet, parodiert Stifter seinen eigenen Umgang mit dem problematischen Verhältnis von Kunst und bürgerlicher Existenz. Ein heiterer, gelassener Text eines altersweisen Erzählers.
52 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro