Callipygos

[606] CALLIPYGOS, ου, ein Beynamen der Venus, unter welchem sie in Syrakus einen Tempel hatte, der durch folgende Begebenheit entstanden. Zwey sicilianische schöne Bauermägdchen stritten auf öffentlicher Landstraße mit einander, wer von ihnen die schönsten Hinterbacken hätte. Sie riefen einen vorübergehenden Jüngling, dessen Vater ein Aeltester war, zu deren beyder Besichtigung. Nachdem er sie nun beyde besehen hatte, so erklärete er der ältesten ihre für schöner, wurde aber auch zugleich verliebt in sie. Bey seiner Zurückkunft in die Stadt fiel er in eine Krankheit, und erzählete seinem jüngern Bruder, was ihm begegnet war. Dieser gieng so gleich auf das [606] Land, und so bald er die Mägdchen gesehen hatte, verliebete er sich in die andere. Ihr Vater wollte gern, daß sie sich ansehnlichere Parteyen wählen möchten. Weil er sie aber dazu nicht bereden konnte, so ließ er die Mägdchen in die Stadt kommen, und gab sie ihnen. Da nun solche dadurch zu einem großen Vermögen gelanget waren, und die Einwohner in Syrakus sie von ihren schönen Hindern καλλιπύγους nannten, welches dieses Wort bedeutet: so baueten sie daselbst der Venus einen Tempel, in welchem ihre Bildsäulen in der Stellung gestanden, worinnen sich diese Mägdchen ihrem Besichtiger gezeiget. Athen. Deipnos. L. XII. c. 13. p. 554. Ob es diejenige gewesen, wovon wir noch Abbildungen finden, Maffei Raccolta. t. 55. läßt sich nicht bestimmen. Auch zu Dreßden in dem großen Garten befand sich eine solche Bildsäule von einer sehr schönen Zeichnung, die aber bey der preußischen Belagerung zerschlagen worden. Man trifft diese Venus noch auf einigen geschnittenen Steinen an. Auf einem derselben kehret sie den Leib weg, und zeiget nur den Rücken und den Hindern, mit dem Kopfe aber sieht sie über die Achseln hinter sich, und hält ihr ausgezogenes Gewand vor sich. Cupido mit einer Fackel beleuchtet sie. Lipperts Dactyl. 1 Taus. n. 258. Sie heißt zuweilen auch wohl καλλίγλουτος, pulchriclunia. Nicander ap. Alex. Clem. adm. ad gent. p. 19.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 606-607.
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