Egeria

[973] EGERIA, æ, Gr. Ἠγερία, ας.

1 §. Namen. Dieser wird zwar hin und wieder auch Aegeria geschrieben; Schurtzfl. Orthogr. p. 26. jedoch, da ihn nicht nur die Griechen mit Ἠγερία ausdrücken; Dion. Hal & Plut. ap. eumd. l. c. sondern er auch von Egero hergeleitet wird, Iestus lib. V. p. 1148. so scheint allerdings Egeria besser, als Aegeria, zu seyn. Schott. ad Aur. Victor. de Vir. Illustr. c. 3.

2 §. Stand und Wesen. Sie war eine Nymphe, welcher die schwangern Frauen opferten, damit sie desto leichter ihrer Bürden möchten entbunden werden, vtpote quam putabant sac, le conceptam alvum egerere. Festus lib. V. p. 127. Daher man dieses Wort auch nur als einen Beynamen der Juno ansehen will. Ban. Erl. der Götterl. III B 156 S. Indessen machen sie einige zu einer Muse; Dion. Halic. A. R. lib. II. c. 7. wenigstens wird sie für eine besondere Göttinn angegeben, von der Numa Pompilius vorgab, daß er des Nachts seine Zusammenkunft mit ihr hätte, wobey sie ihm sagete, was für Gesetze er den Römern geben sollte. Liv. lib. I. c. 19. & Val Max. l. I. c. 2. §. 1. Einige geben hierbey so gar vor, daß er sie zur Gemahlinn gehabt, und sie sich selbst in ihn verliebet hätte. Ovid. Fast. III. v. 275. Da ihm aber die Römer eben nicht alles glauben wollten, was er dießfalls sagete, so soll er etliche der Vornehmsten von ihnen dereinst zu Mittage zu sich gebeten haben, welche, da sie in sein Haus gekommen, alles in einem sehr armseligen Zustande sollen gefunden haben. Plutarch. in Numa c. 5. & Aur Victor de Vir. Illustr. c. 3. Er soll sie darauf gebethen haben, den Abend wieder zu kommen, da sie denn alles dermaßen geändert gefunden, daß nicht nur die Zimmer aufs herrlichste aufgeputzet, sondern auch an köstlichen Geschirren und dem auserlesensten Essen [973] alles in solchem Ueberflusse vorhanden gewesen, daß es nicht geschienen, als ob Menschen dergleichen in so kurzer Zeit hätten anschaffen können. Dieses soll sie denn bewogen haben, alles zu glauben, was er von seinem Umgange mit der Egeria vorgegeben. Dion Hal. l. c. Hierbey wollen sie also einige fast lieber nur zu einer Wasser-oder Brunnengöttinn machen, und ihr also den Namen ab egerendo aquam gegeben wissen. Sie deuten daher auch des Numa Zusammenkunft mit ihr auf dessen Wissenschaft, welche er in der Hydromantie, oder Kunst aus dem Wasser zu wahrsagen, besessen habe. Augustin. de C. D. l. VII. c. 35.

3 §. Schicksal. Als Numa starb, so zog sie sich dessen Tod so sehr zu Gemüthe, daß sie sich in den Hayn bey Aricia begab, und daselbst dessen Ableben so lange beweinete, bis sie endlich Diana, aus Mitleiden, in einen Brunnen ihres Namens verwandelte. Ovid. Metam. l. V. 487. & 550.

4 §. Verehrung. Daß ihr die schwangern Frauen ihre Opfer gebracht, ist schon oben 1 §. erinnert worden. Hiernächst aber hatte sie auch einen ihr gewidmeten Hayn zu Rom, an dem capenischen Thore, Festus ap. Gyrald. Synt. V. p. 183. wie auch ihren eigenen Tempel; P. Victor. ap. Rosin. lib. II. c. 13. Ob aber die Egeria, welche die schwangern Frauen verehreten, und die vorgegebene Gemahlinn des Numa nicht zwo besondere Personen gewesen, ist bey einigen noch unentschieden. Gyrald. l. c. Dacer. ad Fest. p. 127.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 973-974.
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