Erato [1]

[1022] ERATO, us, ( Tab. X.) des Jupiters und der Mnemosine Tochter, eine der neun Musen, Hesiod. Theog. v. 78. Sie hat ihren Namen von ἔρως, die Liebe. Ovid. de art. amandi, L. II. v. 16. Denn sie soll die Schicksale derselben erhalten, und durch ihre melancholisch zärtlichen Lieder das Herz der sprödesten Mägdchen rühren. Apollon. L. III. v. 1. Nach andern hat sie ihn daher entweder weil sie macht, daß die gelehrten Leute von andern geliebet werden, Diod. Sic. lib. IV. c. 7. p. 150. oder, weil sie die Liebe bemerket, welche den Menschen, etwas zu lernen, von Natur eingepräget ist. Linocerus Mythol Musar. c. 7. Einige leiten ihn von εὑρὼν ὅμοιεν, etwas gleiches erfindend, her, weil es billig sey, daß wir nach der Wissenschaft und dem Gedächtnisse selbst etwas ähnliches erfinden, Fulgent. Mythol. L. I. c. 14. und noch andere von ἔρεσθαι, fragen, weil sie die Geschicklichkeit zu fragen und zu antworten bedeute. Phurnut. de N.D. c. 14. Beydes aber sind sehr gezwungene Ableitungen. Sonst soll sie nach einigen die Poesie, Proclus ap. Gyrald. Synt. de Musis p. 564. nach andern die Kunst zu tanzen, Schol. Apollon. ad lib. III. v. 1. und nach den dritten die Musik erfunden haben. Gyrald. & Linocer ll. cc. Dabey machen sie einige zu der Mutter des Thamyras. Gyrald. l. c. Andere geben sie insonderheit als die Muse an, welche die Thaten der Helden besingt. Virgil. Aen. VII. v. 37. Auf einem geschnittenen Steine ist sie mit der Cither in dem linken Arme vorgestellet, worauf sie mit dem Plectro, oder Pectine spielet. Sie singt und tanzet zugleich dabey, und ihr Ober- und Unterkleid flattern stark um sie her. Maffei gem. ant. T. II. tav. 51. Unter den Münzen des Pomponius Musa soll diejenige sie vorstellen, welche in einem langen Kleide mit erhabenem Haupte, zum Singen eröffneten Munde und zerstreueten fliegenden Haaren geht, weil man ihr auch die Erfindung der Elegien zuschreibt. Die rechte Hand hat sie aus [1022] bem Kleide hervorgezogen, und hält sie ganz ruhig vor sich, in der linken aber trägt sie einen niederwärts gekehrten Griffel Morelli Thes. numism. T. I. p. 347. In andern Abbildungen scheint sie etwas in Händen zu tragen, welches der Rohrflöte ähnlich zu seyn scheint. Dialog. di Agostini, V. p. 157. Patin. fam. Rom. p. 226. Eines von den herkulanischen Gemälden zeiget sie mit aller Schönheit der Kunst und Liebenswürdigkeit auf einem Fußgesimse stehend, an welchem man liest: ΕΡΑΤΩ ΨΑΛΤΡΙΑΝ. Sie ist mit einem rosenfarbenen Rocke mit einem türkisblauen Saume bekleidet, und trägt darüber ein hellgrünes Oberkleid. Ihr Haupt ist mit Lorbern bekränzet, und in den Ohren hat sie Perlen. Sie spielet mit den Fingern und dem Plectro auf einem Instrumente von neun Saiten, welches weit größer und etwas anders gestaltet ist, als die Leyer zu seyn pflegt, und man für den Psalter hält. Pitt. ant. d'Ercol. T. II. tav. 6. Ihre Bildsäule bey den Musen der Koniginn Christina ist mit Rosen bekränzet, und sie hält die Leyer mit ihrer linken Hand vor sich auf dem linken Knie, und in der rechten scheint sie das Plectrum gehabt zu haben. Neben ihr steht ein Amor mit einer brennenden Fackel in der Hand, zu dessen Füßen Köcher und Bogen liegen. Maffei Raccolta di statue CXVI.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1022-1023.
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