[1494] LYCVRGVS, i, des Dryas Sohn, König der Edoner in Thracien, Apollod. l. III. c. 5. §. 1. oder, nach andern, in Arabien. Antimachus ap. Diod. Sic. l. III. c. 65. p. 139. Er machte mit dem [1494] Bacchus, als solcher aus Asien nach Europa übergehen wollte, Freundschaft. Allein, da dieser zuerst seine Bacchantinnen, oder Mänaden, übersetzete, so befahl Lykurgus seinen Soldaten, dieselben des Nachts nebst dem Bacchus nieder zu machen. Wie aber diesen einer mit Namen Tharops warnete, so flüchtete er sich zwar insgeheim wieder zu seinen Leuten auf der andern Seite des Hellesponts, die Mänaden hingegen wurden nach des Lykurgus Befehle hingerichtet. So bald nun Bacchus sein Heer übergeletzet, so kam es zu einer Schlacht, in welcher Lykurgus überwunden und gefangen wurde. Bacchus ließ ihm darauf die Augen ausstechen, und, nachdem er ihm noch mehr Marter anthun lassen, endlich ans Kreuz schlagen: sein Reich aber gab er erwähntem Tharops. Diod. Sic. l. c. Andere erzählen, Lykurgus habe dem Bacchus erst selbst allerhand Hohn erwiesen, und sodann wieder fortgejaget, da er sich denn zur Thetis geflüchtet, die Bacchantinnen und Satyren aber wären in die Gefängnisse gesteckt worden. Wie nun Bacchus den Lykurgus dargegen rasend gemacht, so habe dieser seinen Sohn Dryas mit einem Beile nieder gehauen, in der Meynung, er haue einen Weinreben ab, und da er sich endlich selbst in gleicher Einbildung die Füße abgehackt, sey er erst wieder zu Verstande gekommen. Zugleich sey das Land mit einer großen Unfruchtbarkeit befallen worden, und das Orakel habe geantwortet, es würde solche nicht eher aufhören, als bis Lykurgus die Sterblichkeit abgeleget. Hierauf hätten ihn die Edonen auf den Berg Pangäus geführet und daselbst: in Bande geleget, da ihn denn, nach des Dionysus Wunsche, endlich die Pferde zerrissen. Apollod. l. c. Noch andere geben vor, er habe den Bacchus durchaus für keinen Gott erkennen wollen; und da er noch dazu von dessen Weine getrunken, und in daher erfolgeter Trunkenheit fast seiner eigenen Mutter Gewalt angethan, so habe er den Wein für einen Gift gehalten, und alle Weinstöcke wieder auszurotten befohlen. [1495] Allein, als Bacchus ihn dafür rasend gemacht, habe er seine Gemahlinn und seinen Sohn hingerichtet, sich aber selbst den einen Fuß, den er für einen Weinstock angesehen, abgehauen, Hygin. Fab. 132. oder beyde Beine mit einem Winzermesser abgeschnitten. Schol. Horat ad l. II. Od. 19. Doch wollen auch einige, er sey ins Meer gestürzet worden, weil er zuerst den Wein verderbt und Wasser darunter gemischet habe Schol. Stat. ad Theb. IV. v. 742. Sein Tod wird noch auf viel mehrere Art erzählet. Muncker. ad Hygin. Fab. 242. Mezir. sur les ep. d'Ovid. T. l. p. 163. Indessen soll er doch die Hyaden, als ehemalige Erzieherinnen des Bacchus, verjaget, und sie, bis auf die Ambrosia, gezwungen haben, sich zur Tethis zu flüchten. Hygin. Astron. l. I. c. 21. Die Bacchantinnen ließ er auspeitschen, und Bacchus selbst mußte sich in das Meer stürzen. Sonst soll er ein König der Bistonen in Thracien gewesen seyn. Serv. ad Virg. Aen. III. v. 14. Ob nun Bacchus also gleich ihm anfänglich weichen mußte, so fand er doch nachher Mittel, ihn gefangen zu nehmen. Er band ihn und geißelte ihn mit Weinreben so scharf, daß Lykurg Thränen darüber vergießen mußte. Aus diesen Thränen aber, die an die Erde fielen, erwuchs Kohl, welcher noch den Weinreben feind ist. Schol. Aristoph. in Equit. v. 536. Einige haben ihn zu dem jüdischen Richter Athniel gemacht. Abel Hist. Monarch. l. I. c. 3. §. 8. Man hat in seiner ganzen Geschichte nichts weiter als einen thracischen König gesehen, der entweder für sich ein Feind des Weines gewesen, oder aber die Pflanzung der Weinberge um seiner versoffenen Unterthanen willen nicht dulden wollen, und daher von diesen endlich hingerichtet worden. Serv. l. c. Plutarch. de aud. poet. p. 15. T. II. Opp. Banier Entret. XIII. ou P. II. p. 46. Die älteste Nachricht erzählet seine Geschichte so. Eines Tages verfolgete er die Pflegerinnen des rasenden Bacchus auf dem Berge Nysa. Sogleich warfen sie alle ihre Thyrsen zur Erde, indem der morderische Lykurg sie mit seinem Beile [1496] verwundete. Bacchus selbst stürzete sich ins Meer, wo ihn Thetis, da er vor Furcht zitterte, in ihre Arme nahm. Die Götter erzürneten sich darüber und strafeten den Lykurgus mit Blindheit, der bald darauf starb. Hom. Il. Ζ. 130. sqq. Man hat sie sehr witzig ausgeleget, und sonderlich den Umstand, daß sich Bacchus ins Meer gestürzet und von der Thetis aufgenommen worden, dahin ausgedeutet, daß man den gekelterten Wein an Seeleute verkaufet, die sehr vergnügt darüber gewesen. Harduin Apologie d'Homere p. 82. Andere meynen, es bedeute, er habe das Mittel gefunden, den Wein mit Wasser vermischt zu trinken und ihm seine rauschende Kraft zu benehmen. Damms Götterl. 98. §. Seinen Namen soll er von Λύκου ὀργὴ, Wolfsgrimm, und nicht ἔργον, Wolfsthat, haben. Ej. Lex. etym. p. 2939. Des Aeschylus Tragödie von ihm ist verloren gegangen. Fabric. Bibl. Gr. l. II. c. 16. §. 7.
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