[1648] MITHRAS, æ, Gr. Μίθρας, ου, ein alter und der vornehmste Gott der Perser, welche unter diesem Namen die Sonne und das Feuer verehreten. Q. Curt. de reb. Alex. M. l. IV. c. 13. Strab. l. XV. p. 732. Hesych. hac v. Doch will man auch, daß sie die himmlische Venus darunter verstanden, und schreibt ihn ohne h, Mitras. Herod. Clio. I. s. 131. Er soll von einem Steine geboren seyn. Hieronym. adv. Iovinian. l. I. p. 149. T. IV. Opp. P. 2. Als er gern einen Sohn haben wollte und dennoch einen Widerwillen gegen die Frauenspersonen hatte, so erwärmete er durch seinen Beyschlaf seinen Felsen, welcher ihm zu gehöriger Zeit einen Sohn brachte, der Diorphus genannt wurde. Plutar. de fluv. p. 1163. T. II. Opp. Man giebt ihn für einen Räuber aus, der die entführten Ochsen in eine finstere Höhle schleppete, und sie daselbst umbrachte. Iul. Firm. de error. prof. rel. p. 413. 414. Es wird ihm auch vielfältig das Beywort des Unüberwindlichen auf den alten Denkmaalen beygeleget. Gruter. Thesaur. Inscr. p. XXXIV. Man hat aber kein wirkliches persisches mehr von ihm, ob ihn gleich einige in den Abbildungen beym Chardin und le Brün haben finden wollen. Ban. Erl. der Götterl. II. B. 536 S. Die noch vorhanden sind, rühren alle von den Römern und aus Italien her, auf welchem er meistentheils in einer. Höhle als ein Jüngling mit einer phrygischen Mütze, einem orientalischen Leibrocke und einem über die Schulter herabfliegenden Mantel, welcher Kandys genannt wird, Lucian. Deor. conc. p. 713. T. II. vorgestellet ist, wie er einen niedergeworfenen [1648] Stier mit der linken Hand bey der Schnauze oder den Hörnern hält, auf dessen Rücken mit einem Fuße kniet, und ihm mit der rechten Hand einen Dolch in den Hals stößt. Dabey ist er oft noch mit einigen andern Bildern begleitet, welche insgesammt die Sonne, ihre Macht und deren Einflüsse bezeichnen sollen. Montfauc. Ant. expliq. T. I. P. II. l. IV. ch. IV. p. 373. Auf einem dieser Denkmaale von halb erhabener Arbeit stehen an der rechten Seite desselben zween junge Knaben, in eben solchem Anzuge, wie Mithras selbst, deren jeder eine Fackel in der Hand hält, wovon des obersten seine in die Höhe, des untersten seine aber mit der Flamme unterwärts gekehret ist. Dergleichen finden sich auch auf einigen andern zu beyden Seiten. Montf. l. c. pl. 215–218. Ferner geht ein Hund nach dem Halse des Stieres zu, als ob er das Blut aus der Wunde auflecken wollte. Bey dem Hunde liegt eine ausgestreckete Schlange ganz unthätig, neben welcher ein Löwe ebenfalls ganz geruhig liegt. Unter dem Bauche des Stieres befindet sich ein Scorpion, welcher die Hoden desselben mit seinen beyden Scheeren kneipt. Vor dem Kopfe dieses Viehes steht ein Baum, woran eine brennende Fackel befestiget ist, und wovon ein Ochsenkopf herabhängt. Hinter dem Mithras zeiget sich ein anderer Baum mit einem Scorpion und einer Fackel, deren angezündetes Ende hinabwärts gekehret ist. Etwas höher, dem Kopfe des Mithras gerade gegen über, sieht man einen Raben. Die obern Verzierungen dieses Stückes sind eine Reihe von Bildern, die in einer geraden Linie neben einander stehen. Das erste davon ist eine stralende Sonne mit Flügeln auf einem vierspännigen Wagen. Die vier Pferde vor demselben scheinen in einer außerordentlichen Bewegung zu seyn, und sind nach den vier Himmelsgegenden gerichtet. Neben dem Wagen zeiget sich ein nackter Mensch, welchen eine Schlange viermal vom Kopfe bis auf die Füße umschlingt. Darauf sieht man drey brennende Altäre, und zwischen denselben [1649] drey große viereckichte Flaschen; nachher noch einen andern solchen nackten Menschen mit einer Schlange umwickelt, der aber Flügel und in der linken Hand einen Spieß hat. Sodann erblicket man vier Altäre, und dazwischen drey Flaschen. Den Beschluß dieser Bilder machet der Mond, der auf seinem Wagen mit zweyen Pferden steht, welche außerordentlich ermüdet zu seyn scheinen. Er hat Flügel und einen halben Mond auf dem Kopfe. Montfauc. l. c. pl. 215. Man siehtleicht, daß man mit dem allen auf den Lauf und die Wirkung der Sonne habe deuten wollen; wenn gleich die Gelehrten in der besondern Erklärung derselben etwas von einander abgehen. Hyde de relig. vet. Pers. c. 4. p. 113. sqq. Ph. a Turre de Mithra c. 3. Mon. vet. Ant. p. 182. sqq. Montf. l. c. p. 375. Ban. am angef O. Denn von der Sonne wird gesaget, daß sie als Mithras unter den Felsen einer persischen Höhle die Hörner eines widerspenstigen Stieres, der nicht folgen will, mit Gewalt herumdrehe. Stat. Theb. I. 719. Es waren aber die Perser die ersten, welche die Sonne in Höhlen verehrten, und zwar deswegen, weil dieses Gestirn zuweilen Verfinsterungen leide. Luctat. ad Stat. l. c. Zoroaster soll eine bluhmen- und quellenreiche Höhle, als ein Bild der Welt dazu gewiedmet haben, welche Mithras erschaffen hätte. Porphyr. de antr. Nymph. p. 254. Der überwältigte und bey den Hörnern gehaltene Stier soll den Mond anzeigen, der aus Unmuth darüber, daß er seinem Bruder folgen solle, vor ihm vorher geht und sein Licht verbirgt: die Sonne aber zeige durch diese gewaltthätige Handlung ihre Oberherrschaft über diesen Planeten. Luctat. l. c. Einige andere haben dagegen geglaubet, unter dem Stiere werde die Erde verstanden, und der Dolch, welchen ihm Mithras in den Hals stößt, bedeute, daß die Sonne mit ihren Stralen durch die Oberfläche der Erde dringe und sie fruchtbar mache. Montf. l. c. Andere wollen, daß durch die Erwürgung des Stieres nichts weiter angedeutet werde, als die Gewalt der Sonne bey ihrem [1650] Eintritte in dieses Zeichen. Ban. am ang. O. a. d. 542 S. oder daß die Sonne in diesem Zeichen die Erde schwängere und den Samen zur Hervorbringung der Früchte durch ihre Wärme herauslocke: so wie der Scorpion, der an den Hoden des Stieres naget, die Abnahme der Zeugungskraft der Sonne andeuten solle, wenn sie in dieses Zeichen kömmt. Agost. gem. ant. fig. P. II. p. 42. tav. 77. Nach dieser Art werden auch die andern Bilder ausgeleget, welche Zeichen des Thierkreises oder Gestirne vorstellen sollen. Der eine Knabe mit der Fackel soll die aufgehende und der andere die untergehende Sonne; der Baum mit dem Ochsenkopfe aber den Frühling und der mit dem Scorpione den Herbst andeuten; zumal da der erste nur noch Blätter, der andere aber auch Früchte hat. Ban. am a. O. 545 S. Die beyden mit Schlangen umwickelten Bilder sollen die Krümme des Thierkreises abbilden; die Altäre und Flaschen auf die Opfer gehen, und der Rabe die Priester andeuten, welche auch selbst Koraken genannt wurden. Ebend. 546 S. Nach andern soll er deswegen da seyn, weil er dem Apollo gewiedmet gewesen, so wie auf einem geschnittenen Steine, außer ihm auch der Adler, Jupiters Vogel, ein Donnerkeil, ein Mercuriusstab, sieben Sterne, ein Delphin und andere Figuren mehr die Hauptfigur mit dem Stiere umgeben und begleiten. Wenn nun dieser die Erde vorstellet, so soll der Delphin das Wasser, der Mercuriusstab die Luft, der Donnerkeil das Feuer und die sieben Sterne die sieben Planeten bedeuten. Agostini l. c. p. 47. Anderer Auslegungen zu geschweigen. Es soll sonst auch der den Stier erwürgende Jüngling in persischer Kleidung mit einem Löwengesichte seyn abgebildet worden. Luctat. ad Stat. l. c. Chartar. Imag. Deor. tab. 9. Ob sich nun gleich in allen denen Denkmaalen, die man noch davon hat, solches nicht findet, so haben sich doch ein Paar andere gefunden, die ihn damit vorstellen. Das eine ist eine Bildsäule, wo ein nackter Mensch auf einer Kugel steht, woraus eine [1651] Schlange geht, die sich um seinen Leib und über seinen Löwenkopf herüber schlingt und ihren Kopf in dessen Rachen stecket. Das Bild hält die beyden Hände dicht an die Brust und trägt in jeder einen Schlüssel. Auf dem Rücken hat es vier Flügel, von denen zween in die Höhe gerichtet, zween aber hinunterwärts gekehret sind. Das andere ist von einer erhabenen Arbeit, welches einen von den Lenden bis auf die Füße bekleideten, sonst aber nackten Menschen mit einem Löwenkopfe vorstellet, über welchen eine Schlange, die sich um seine Schultern und seinen Hals geschlungen, ihr Haupt empor recket. Er hat, wie der vorige, vier Flügel, in den Händen aber trägt er zwo brennende Fackeln, und aus dem Rachen geht ein langes Band, welches ein Spiel des Windes ist. Montfauc. Diar. Ital. p. 196. Mit Flügeln findet sich Mithras noch auf einigen andern Denkmälern, und sollen sie die Geschwindigkeit des Laufes der Sonne, so wie die sich herumwindenden Schlangen deren Gang durch den Thierkreis bezeichnen. Id. Antiq. expl. l. c. p. 371. & pl. 219. Außerdem sieht man ihn selbst vielfältig auf Gemmen unter der ganzen Gestalt eines Löwen mit allerhand Beyzeichen, und sonderlich wie ihm eine Biene in das Maul fliegt, abgebildet. Maffei gem. ant. P. II. tav. 10. 11. Cf. Ph. a Turre l. c. cap. 4. Es führeten auch einige seiner Priester und Eingeweiheten den Namen der Löwen, so wie andere den Namen der Raben; und sie pflegten sich an dessen Festen in allerhand Thiergestalten zu verkleiden, wozu man sich denn sonderlich Sternbilder wählete. Ph. a Tur. l. c. c. 5. p. 202. Martin Diss, du Dieu Mithras §. 7. Explic. de div. Monum. p. 258. sqq. Ja, verschiedene Feste selbst hatten davon ihren Namen. Man kennet deren überhaupt aber sechse, als die Leontika, welche den 16ten der Kalenden des Aprils und den 5ten der Iden des Märzes begangen wurden. Die Koracika, die auf den 6ten der Iden des Aprils fielen, so wie man die Persiken den Tag vor den Nonen des Aprils, die Heliaken den 16ten der Kalenden des [1652] Mayes und die Gryphien den 8ten der Kalenden desselben feyrete. Gruter. Thes. Inscr. p. MLXXXVII. Hierzu kamen noch die Patrica, und man muthmaßet, daß dieses bloß zum Besten der Väter oder Vorsteher der Geheimnisse, so wie die Koraciken zum Besten der Unterbedienten bey denselben, eingesetzet gewesen, die andern aber allgemeine Feyerlichkeiten für die Priester und Eingeweiheten abgegeben. Diese letztern führeten sonderlich den Namen der Leontiker, und sie konnten sich in allerhand Gestalten verkleiden: diejenigen aber, welche bey der Einweihung irgend ein Amt zu versehen hatten, hießen Koraken oder Raben, die Väter oder eigentlichen Priester ausgenommen, welche Adler und Habichte hießen. Schlegel beym Ban. II B. 431 N. aus Porphyr. de abst. l. IV. §. 16. Diejenigen, welche zu den Geheimnissen dieses Gottes eingeweihet seyn wollten, mußten sich sehr harten Prüfungen unterwerfen, deren auf achtzig gewesen seyn sollen. Damit man sie aber nicht abschreckete, so fieng man mit den leichtesten an. Sie mußten sich anfänglich baden; darauf nöthigte man sie, durchs Feuer zu gehen; sodann verwies man siein eine Wüste, wo sie einem strengen Fasten unterworfen waren, welches funfzig Tage daurete. Nach diesem strich man sie zween ganze Tage lang mit Ruthen, und steckete sie zwanzig andere Tage lang in den Schnee, und was dergleichen mehr war. Ph. a Turre. l. c. c. 6. p. 212. Diese Geheimnisse sollen übrigens eben so abscheulich als gottlos gewesen seyn; weil man Menschen dabey soll geopfert haben, welches gleichwohl so ganz gewiß noch nicht ist. Ban. am angef. O. 573 S. und Schlegel das. Dabey wurden auch die heil. Gebräuche der Christen, vornehmlich die Taufe und das heil. Abendmahl, in den spätern Zeiten nachgeäffet. Tertull. in Præscr. adv. Hær. c. 40. p. 400. Die vornehmste Feyerlichkeit aber war das Fest der Geburt des Mithras, welches auf den 8ten der Kalenden des Jänners oder den 25sten Decemb. angesetzet war, da auch die circensischen Spiele anfiengen, [1653] welche ihm oder der Sonne ebenfalls heilig waren. Ph. a Turre l. c. c. 6. Dieser Dienst des Mithras wurde im 687 Jahre nach Roms Erbauung, zur Zeit des Krieges mit den Seeräubern, daselbst bekannt. Plutar. in Pomp. p. 631. T. I. Opp. Er griff aber nachher weit um sich, und hatte sich von Persien nach Kappadocien fortgepflanzet, ehe er nach Griechenland und Italien hinüber gieng, woselbst er in verschiedenen Städten gebräuchlich war. Man findet auch Spuren davon bey den Daciern in Pannonien, bey den Norikern, ja, bey den Aegyptiern und auf der Insel Kreta. Nicht weniger daurete er sehr lange, und er wurde nicht eher, als im 378 I. nach C. G. gänzlich abgeschaffet. Ph. a Turre l. c. c. 7.
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