Pelêvs

[1914] PELÊVS, ëi, Gr. Πηλεὺς, έως, ( Tab. XXIV.)

1 §. Aeltern. Sein Vater war Aeakus, Jupiters und der Aegina Sohn, seine Mutter aber Endeis, Chirons Tochter, mit der sein Vater ihn und den Telamon zeugete, Apollod. l. III. c. 11. §. 6. wiewohl auch einige den Aktäus zu des letztern Vater machen. Pherecyd. ap. Apollod. l. c.

2 §. Thaten und Schicksal. Weil er an der Ermordung seines Halbbruders Phokus Theil genommen hatte, so mußte er, als die Sache auskam, so wohl als Telamon, auf seines Vaters Befehl sein Vaterland, die Insel Aegina, verlassen. Apollod. l. III. c. 11. §. 6. Sieh Phocus. Er gieng von dar nach Phthia zu dem Eurytion, Aktors [1914] Sohne. Aktor söhnete ihn wegen des Phokus wieder mit den Göttern aus, und gab ihm nicht nur seine Tochter, sondern auch den dritten Theil des Reichs. Id. ib. c. 12. §. 1. Diod. Sic. l. IV. c. 74. p. 190. Als er darauf mit dem Eurytion auf die Jagd des kalydonischen Schweins gieng, so versah es Peleus; und traf, indem er dem Thiere eins versetzen wollte, dafür den Eurytion, daß er so fort liegenblieb, worauf er sich denn zu dem Akastus, nach Iolkus begab, und von solchem aufs neue ausgesöhnet wurde. Apollod. l. c. Hieselbst rang er mit der Atalanta in den angestelleten Leichenspielen des Pelias, und gefiel dabey der Astydamia, des Akastus Gemahlinn, so wohl, daß sie durch einen Brief ihn zum Kebsmanne verlangete, auch seiner Gemahlinn schrieb, daß er des Akastus Tochter, die Sterope, heurathen würde, worüber sich denn diese selbst erhieng. Weil aber Peleus gar nicht in ihre Leichtfertigkeit willigen wollte, so gab sie ihn bey ihrem Gemahle, dem Könige, an, als habe er ihr ungeziemende Dinge zugemuthet. Akastus wollte nun zwar das Gastrecht an ihm nicht brechen: damit er sich aber doch an ihm rächete, so nahm er ihn mit auf den Berg Pelion auf die Jagd, wobey es unter andern darauf ankam, wer am meisten wilde Thiere würde erlegen können. Weil nun Peleus seinen nur die Zungen ausschnitt, hingegen die Thiere selbst liegen ließ, so schleppeten des Akastus Leute solche zusammen, und gaben vor, sie hätten dieselben erleget. Peleus aber bewies durch die Zungen, daß sie von ihm gefangen worden. Allein, da er auf solchem Berge vor Müdigkeit einschlief, so entführete ihm Akastus sein Schwert, versteckte es in den Kühmist, und ließ ihn damit liegen. Es trafen ihn, als er aufwachte, und allenthalben sein Schwert suchte, die Centauren an, welche ihn unfehlbar würden hingerichtet haben, wo sich nicht Chiron seiner angenommen, und ihn, nachdem er sein Schwert wieder gefunden, mit sich in seine Höhle geführet hätte. Id. ib. §. 3. Immittelst[1915] suchte er sich doch an dem Akastus zu rächen, brachte auch endlich, durch Vorschub des Kastors und Pollux, einiges Volk zusammen, eroberte damit Jolkon, und ließ die Astydamia in Stücken zerhauen, solche sodann hin und her streuen, und über dieselbe seine Leute in die Stadt marschiren. Id. ib. §. 7. Einige Zeit hernach kam Phönix zu ihm, welchem sein Vater Amyntor, auf falsches Angeben seiner Stiefmutter, die Augen hatte ausstechen lassen. Er brachte solchen zum Chiron, der ihn wiederum heilete, worauf er ihn zum Könige der Doloper machte. Da sich auch Patroklus zu ihm flüchtete, so nahm er denselben ebenfalls auf, der denn mit der Zeit des Achilles vertrautester Freund wurde. Id. ib. §. 8. Immittelst gieng er mit den Argonauten nach Kolchis. Hygin. Fab. 14. p. 43. Cf. Burman. Catal. Argon. Er suchete nachher des von ihm erlegeten Eurytions Vater wieder zu versöhnen, und brachte ihm daher eine ziemliche Heerde Vieh zu. Allein, dieser wollte sie nicht annehmen, daher er denn selbige, auf des Orakels Ermahnung, ohne allen Hirten laufen ließ, da sie ein Wolf antraf und fraß, der aber gleich in einen Stein verwandelt wurde, welcher lange Zeit zwischen Lokris und Phocis zu sehen war. Nicander ap. Anton. Liberal. l. c. Jedoch wollen andere, daß solcher Wolf von der Psamathe unter des Peleus Vieh gesendet worden, als er mit solchem zu dem Ceyx nach Trachinien gekommen war. Daher that er demselben auch keinen Widerstand, sondern flehete bloß die Psamathe deswegen an. Als diese ihn aber nicht hören wollte, so verwandelte endlich Thetis die Bestie in Marmor. Ovid. Met. l. XI. v. 266. & 346. So soll ihm auch Mercurius selbst, als ihn Akastus ohne Waffen auf dem Pelion liegen lassen, ein vom Vulcan verfertigtes Schwert gebracht haben, womit er sich so wohl der wilden Thiere erwehret, als auch den Akastus, nebst dessen Gemahlinn, hingerichtet hat. Schol. Aristoph. ad Neb. v. 1059.

3 §. Gemahlinnen und Kinder. [1916] Die erstere davon war Aktors Tochter, Polymela. Eustath. ad Hom. Il. Β. 683. Andere nennen sie lieber Antigone, mit welcher er die Polydora zeugete, die er hernach dem Borus, des Perieres Sohne, gab. Apollod. l. III. c. 12. §. 1. 4. Nachdem aber diese auf einen falschen Brief der Astydamia sich selbst erhenket, Id. ib. §. 3. so machte er sich auf Chirons Rath an die Thetis, des Nereus und der Doris Tochter, welche sich ihm, aller ihrer List ungeachtet, endlich doch ergeben mußte. Sieh Thetis 3. §. Er hielt demnach sein Beylager mit ihr auf dem Berge Pelion, und es befanden sich dabey alle Götter, außer dem Apollo, der Diana und der Eris, welche letztere auch nicht darzu waren eingeladen worden. Neptun schenkete ihm bey solcher ein Paar treffliche Pferde, den Balius und Xanthus; Vulcan ein Schwert; Chiron einen Spieß von Eschenholze u.s.f. Id. ib. §. 5. Cf. Ovid. Met. XI. v. 221. Catull. Carm. 65. & ad eum Muret. p. 68. 70. 77 Lucian. Dial. Deor. 16. Man glaubet, dieses Fest noch auf einem alten Marmor zu sehen, welcher aber nichts besonders zu dessen Erläuterung enthält. Beger. Spicileg. p. 131. Er zeugete nachher mit ihr bis sechs Kinder. Ptol. Hephæst. l. VI. p. 330. Sie brachte sie aber bis auf den Achilles alle wieder um. Sieh Thetis 3. §. Für diesen that er dem Flusse Sperchius ein Gelübde, er wollte ihm sein Haar widmen und funfzig Schafe opfern, wenn derselbe glücklich von Troja zurück käme. Hom. Il. Ψ. 144. Pausan. Att. c. 37. p. 69. Dieses will man noch auf einem geschnittenen Steine finden, wo einer bey einem Brunnen steht, und sich die Haare wäscht, wovon man die Tropfen herunter fallen sieht. Lipperts Dactyl. I Taus. 1000 N.

4 §. Tod. Diesen erreichete er in der Insel Kos, und zwar in ziemlicher Noth und Bekümmerniß, wozu nicht wenig beytrug, daß er erfahren mußte, wie sein einziger Sohn, Achilles, vor Troja umgekommen war. Schmid. ad Pind. Pyth. Γ. c. 3. p. 127.

5 §. Verehrung. Ihm und dem Chiron [1917] erwiesen die Pelläer in Thessalien so fern göttliche Ehre, daß sie ihm auch so gar Menschen opferten. Clemens Alex. ap. Voss. Theol. gent. l. 1. c. 13.

6 §. Eigentliche Historie. Daß er ein königlicher Prinz aus Aegina gewesen, der hernach König in Thessalien geworden, und was sonst noch mehr von ihm vorgegeben wird, steht alles noch gar wohl zu glauben. Allein, was seine Heurath mit der Thetis anbelanget, so war Thetis entweder selbst Chirons, Aristoteles ap. Voss. Theol. gent. l. II. c. 78. oder doch Aktors Tochter, und hieß eigentlich Philomela. Schol. Apollon. ad l. I. v. 558. & l. IV. v. 816. Cf. Voss. l. c. Sieh Thetis.4 §.

7 §. Anderweitige Deutung. Weil Thetis so viel, als das Wasser ist, πηλὸς aber, woher Peleus gemacht seyn soll, so viel als Thon, Lehm heißt, so wollen einige, daß aus ihrer Vermischung der Mensch gezeuget worden. Es habe Apollo, als das Feuer, dazu nicht kommen dürfen, weil das Wasser das Feuer auslöschet: die Eris aber sey zu ihrem Beylager nicht eingeladen worden, weil zu Zeugung des Menschen die Eintracht, und nicht die Zwietracht, erfodert wird. Fulgent. l. III. c. 7. Cf. Voss. Theol. gent. l. II. c. 77.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1914-1918.
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