Penátes

[1928] [1928] PENÁTES, ium.

1 §. Namen. Diesen haben sie nach einigen von penitus, eo, quod penitus insideant, daher sie auch Dii penetrales genannt werden, oder von Penu, sofern solches alles dasjenige bedeutet, wovon wir leben, Cicero de N.D. l. II. c. 27. oder aber sofern solches in dem Innersten des Hauses (in penetralibus od. penitis ædibus), aufbehalten wurde, woselbst man denn auch diese Götter verehrete. Isidor. ap. Voss. Etymol. in Penus. Einige wollen zwar solchen Namen auch von penes und natus zusammen setzen, die gleichsam bey uns geboren sind; oder auch von penitus herleiten, weil wir gänzlich durch diese Götter leben, den Leib haben und die Vernunft besitzen. Macrob. Sat. l. III. c. 4. Sie werden aber genugsam durch die bloße Aehnlichkeit der Sprache widerleget, die dergleichen Ableitung nicht leidet. Voss. l. c. Man hat ihn außerdem noch von dem ebräischen Worte Pinnah, Pinnoth, hergeleitet, welches im eigentlichen Verstande einen Winkel bedeutet, im metaphorischen aber auch einen Vorsteher, einen Führer, anzeiget. Gerdes de vocum Laris & Penatium etymologia. Hist. crit. de la Rep. des lettr. T. XV. p. 92.

2 §. Wesen. Sie waren Götter, unter deren Schutze ganze Städte und Länder stunden. Virgil. Aen. I. v. 293. & 68. Sie werden bald mit den Laren vermenget; Id. Aen. VIII. v. 543. cf. Voss. Theol. gent. l. IX. c. 33. bald aber unterscheidet man sie in so fern von ihnen, weil diese nur Götter einzelner Häuser seyn sollen. Iuven. Sat. XII. v. 89. & ad eum Lubin. l. c. Die ersten werden vaterländische, (patrii) oder große Penaten, die andern aber schlechthin Penaten, und also diese kleine Penaten genannt. Virgil. ll. cc. & Pomey Part. V. p. 220. Sie sollen auch in dem Innersten des Himmels herrschen, weder dem Namen, noch der Zahl nach, uns bekannt seyn, wir ohne dieselben we der leben, noch etwas verstehen können, sondern sie uns penitus oder gänzlich regieren. Varro ap. Arnob. l. III. & Tiraquell ad Alex. ab Alex. l. V. c. [1929] 12. p. 113. Indessen glauben einige, daß die Penaten der Länder und Städte die samothracischen Götter oder Kabiren gewesen. Cass. Hemina ap. Macrob. Sat. III. c. 4. Andere hingegen halten sie für den Kastor und Pollux; die dritten für den Cölus und die Terra; die vierten für den Apollo und Neptun; die fünften für die Juno und Minerva; die sechsten für den jovialischen Genius, die Ceres, Fortuna und Pales; Voss. l. c. Vives ad Augustin. de C. D. l. I. c. 3. & Struv. Synt. A. R. c. 1. p. 174. und die siebenten endlich für die zwölf Götter, welche sie einwilligende heißen, deren Namen aber nicht zu nennen wissen. Varro l. c. Cf. Meziriac comment. sur les epit. d'Ovide. T. II. p. 185. sqq. Man rechnete auch wohl die Vesta dazu, oder gab ihnen solche wenigstens zur Begleitung. Macrob. l. c. Ueberhaupt scheint es, daß sie keine besondere Art von Göttern ausgemacht, sondern man sie vielmehr nach Belieben aus allen Gattungen derselben ausgesuchet habe. Nigid. ap. Arnob. adv. gent. l. III. p. 123. Weil sie also von verschiedenen Eigenschaften waren, so nannte man sie daher auch, wenn man sie im Griechischen ausdrücken wollte, bald Θεοὶ πατρῶοι, väterliche, bald γενέθλιοι, ursprüngliche, bald κτήσιοι, Gewinnst bringende, bald μυχίοι, innere oder geheime, verborgene, bald ἑρκίοι, umzäunte, verschlossene oder Schutzgötter, nachdem man diese oder jene Eigenschaft von ihnen ausdrücken wollte, ob gleich diese Namen im Grunde alle einerley sageten. Dion. Hal. A. R. l. I. c. 7. p. 54. Es sollen aber die allerersten keine andere, als die Manen der Vorfahren, gewesen seyn. August. de C. D. l. IX. c. 11.

3 §. Gestalt. Man bildete sie insgemein als zwo sitzende Mannspersonen in Soldatenkleidung, und mit Spießen in den Händen, Dionys. Halic. A. R. l. I. c. 7. p. 54. auch bloßen rechten Armen, nach der Art, wie die römischen Stadtrichter Recht zu sprechen pflegten. Voss. Theol. gent. l. IX. c. 3. Sie waren auch wohl nur als ein eiserner und eherner Mercuriusstab und ein [1930] trojanisches irdenes Gefäß gebildet. Dionys. l. c. Auf den römischen Münzen sieht man sie oft unter zweyen jugendlichen Köpfen, die mit Lorbern bekränzet oder einem Diademe umgeben sind. Zuweilen haben sie auch Sterne über oder vor sich; daher man sie oft für die Dioscuren angiebt. Haverc. Thes. Morell. T. I. p. 181. Beger. Tbes. Brand. T. II. p. 533. & 588.

4 §. Verehrung. Es soll sie Dardanus aus Samothracien mit nach Troja, und Aeneas darauf nach Italien gebracht haben. Varro ap. Macrob. Saturn. l. III. c. 4. Es nannten auch die Samothracier deren Priester, welche bey den Römern Salier hießen, die ihrigen. Serv. ad Virgil. Aen. II. 325. Labans Theraphim, welche Rahel mitgenommen, sollen schon dergleichen gewesen und ihr Dienst dadurch nach Phrygien gekommen seyn. Ban. Erl. der Götterl. III B. 704. S. Ihnen waren die Gipfel der Häuser heilig; Voss. Theol. gent. l. VII. c. 17. und man pflag vor ihnen auch die Bündnisse zu bestätigen. Liv. l. I. c. 1. Man führete sie zuweilen auf Reisen mit sich und opferte ihnen Wein, Weihrauch, und zu Zeiten Brandopfer. Apulej. Apol p. 506. Sonst waren ihre Bildsäulen zu Rom in einem finstern Tempel unfern von dem Markte zu sehen: Dion Halic. A. R. l. I. c. 7. p. 54. ihre Namen aber wurden aufs sorgfältigste verschwiegen, weil man glaubete, daß, wenn der Feind dieselben erführe, er sie dabey aus der Stadt, oder dem Land hinweg rufen und also machen könnte, daß selbige ohne fernern Schutz wären. Struv. Synt. A. R. c. 1. p. 176. Eben daher wurden auch ihre Statüen oder Bilder insgemein selbst von den Königen oder Fürsten eines Ortes verwahret. Nat. Com. l. c.

5 §. Eigentliche Beschaffenheit. Einige deuten sie auf die Elemente, zuförderst aber auf die Feuchtigkeit und Wärme, welche einem Dinge sein Wesen geben Nat. Com. l. IV. c. 2. Allein, es sind dieses weit gesuchte und zum Theile ungereimte Dinge. Am richtigsten ist es wohl, daß die Alten selbst nicht [1931] gewußt, was solches für Götter gewesen. Vives ad Augustin. de C. D. l. I. c. 13. & Voss. Theol. gent l. IX. c. 33.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1928-1932.
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