Philoméla

[1981] PHILOMÉLA, æ, Gr. Φιλομήλη, ης, ( Tab. XXIX.) Pandions, Königs zu Athen, und der Zeuxippe Tochter Apollod. l. III. c. 13. §. ult. Ihre Schwester Prokne, welche dem Tereus, Könige in Thracien, vermählet war, trug ein großes Verlangen, sie einmal wieder zu sehen. Ihr Gemahl erboth sich also, sie zu ihr zu holen. Er gieng darauf nach Athen, und erhielt von dem Pandion gar leicht, daß Philomela mit ihm reisete. Weil sie nun überaus schön war, so entbrannte Tereus gleich in böser Luft gegen sie. Er hatte sie daher kaum nach Thracien gebracht, so führete er solche an einen einsamen Ort, und zwang sie zu seinem Willen. Damit sie aber nicht sagen könnte, was ihr wiederfahren wäre, so schnitt er ihr noch die Zunge aus dem Munde, und sperrete sie ein: bey seiner Gemahlinn aber gab er vor, sie wäre unterwegens gestorben, welches diese denn auch glaubete. Indessen fand Philomela Gelegenheit, ihren Unfall in ein Tuch zu weben und solches der Prokne zuzuschicken. Diese stellete sich darauf, daß sie des Bacchus Fest begehen wollte, und kam in solchem Herumschwärmen zur Philomela. Als sie nun deren elenden Zustand ersah, so gerieth sie in die äußerste Wuth gegen den Tereus, welche auch beyde Schwestern in eine unmenschliche Rache ausbrechen [1981] ließen. Ovid. Metam. VI. 455. sqq. Sieh Tereus. Sie ergriffen darauf beyde die Flucht; und, da sie nicht weiter, als bis nach Daulias, in Phocis, kommen konnten, so bathen sie die Götter, sie in Vögel zu verwandeln. Dieß geschah, und zwar wurde Prokne in eine Nachtigal, Philomela aber in eine Schwalbe, und Tereus selbst in einen Wiedehopf verwandelt. Apollod. l. c. Daher soll denn noch zwischen dem Wiedehopfen einer Seits, und den Nachtigallen und Schwalben andern Theils eine heftige Feindschaft seyn. Conon. Narrat. 31. Nach einigen schwatzete Tereus dem Pandion die Philomela damit ab, daß er vorgab, Prokne sey gestorben, und er wolle also diese wieder zur Gemahlinn nehmen. Pandion ließ sich solches gefallen, und gab ihr einige getreue Leute zur Bedienung mit. Diese aber ließ Tereus im Meere ersäufen; und, damit Prokne nichts von der Philomela erfahren möchte, so vertrauete er sie dem Lynceus, auch einem Könige in Thracien, an; dessen Gemahlinn, Läthusa, aber, welche der Prokne gute Freundinn war, brachte sie zu ihrer Schwester, worauf sie sich denn beyde an dem Tyrannen gerächet. Hygin. Fab. 45. Bey allem dem aber ist man nicht einig, in was für einen Vogel eigentlich eine jede Schwester verwandelt worden. Denn da einige, bemeldeter Maßen, wollen, daß Prokne in eine Nachtigall, Philomela aber in eine Schwalbe verwandelt worden: Apollod. l. c. Tzetz. Gabrias, Eustath. & c. ap. Muncker. ad Hygin. l. c. so kehren es andere um, und wollen, Philomela sey zur Nachtigall, Prokne aber zur Schwalbe geworden. Hygin. Lact. PIac. Farnab. ad Ovid. ll. cc. aliique. Es wird alles gar wohl für eine wahre Geschichte gehalten, daß die Verwandelung der Prokne und Philomela auf ihre Flucht zu Schiffe, des Tereus seine aber auf dessen unflätige Sitten, wie auch erwiesene Langsamkeit in Einholung der Flüchtigen gedeutet wird. Heraclit. de Incred. c. 35. & Banier Entret. XIX. ou P. II. p. 298. Jedoch ziehen einige auch ersteres auf das viele [1982] Klagen und Winseln, welches beyde Prinzessinnen nachher über ihr Unglück verführet haben. Pausan. Att. c. 41. p. 77.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1981-1983.
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