Polítes [1]

[2037] POLÍTES, æ, einer von des Ulysses Kriegesbefehlshabern, der mit ihm von Troja zurück gieng. Er wurde mit nach der Circe Pallaste geschickt, und vermochte die andern, daß sie auf die Einladung der Circe in solchen hinein giengen. Hier ward er denn so, wie seine übrigen Gefährten, von selbiger in ein Schwein verwandelt, und in den Saustall gesperret, bis Ulysses kam, und die Circe zwang, sowohl ihm, als den übrigen, ihre Gestalt wieder zu geben. Homer. Odyss. Κ. v. 224. Er hatte unsern von Temesa oder Temessa, welches nachher Tempsa genannt worden, einen Tempel, der mit Oelbäumen umgeben war, und ihm durch eine sonderbare Veranlassung hatte müssen gewiedmet werden. Strabo l. VI. p. 255. Als Ulysses auf seinem Herumschweifen auch hieher gekommen, so hatte Polites in der Trunkenheit ein Mägdchen gemisbrauchet. Dieses empfanden die Landleute sehr hoch und steinigten ihn dafür. Weil nun Ulysses wiederum abfuhr, ohne dessen Tod zu rächen: so that solches sein Schatten oder sein [2037] Geist selbst auf eine wüthende Art an allen, von was für Alter und Geschlechte sie seyn mochten. Er war von einer entsetzlichen fürchterlichen Gestalt, überaus schwarz und mit einem Wolfspelze bekleidet, wenn er sich sehen ließ. Die Einwohner befrageten das Orakel, was sie thun sollten, daß sie von diesem Geiste, welchen sie Lybas nannten, nicht so gewaltig geplaget würden. Dieses rieth ihnen, sie sollten denselben versöhnen, und ihm einen Tempel an dem Orte bauen, wo er umgekommen wäre; über dieses sollten sie ihm jährlich eine Jungfer wiedmen, welche sie für die schönste hielten. Sie thaten solches und erfuhren nun weiter nichts böses. Eines Males aber, da sie ihm eben dieß Opfer brachten, kam Euthymus, ein berühmter Fechter, an diesen Ort, kämpfete mit ihm und besiegete ihn. Pausan. Eliac. poster. c. 6. p. 355. Sieh Euthymus. Er vertrieb ihn gänzlich und nöthigte ihn, alles wieder heraus zu geben, was er seit vielen Jahren zu sich genommen hatte. Daher hat man denn von dem Temessäischen Geiste ein Sprüchwort gemacht, entweder die dadurch zu warnen, die sich an mächtigere machen, als sie, oder welche unbillige und ungerechte Dinge thun, fremde Güter an sich bringen und Wucher treiben. Erasm. Adag. Chil. p. 725.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 2037-2038.
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