Rhadamanthvs

[2138] RHADAMANTHVS, i, Gr. Ῥαδάμανθυς, υος, ( Tab. X.) Jupiters und der Europa Sohn. Diod. Sic. l. V. c. 79. p. 237. Er war des Minos und Sarpedons Bruder, und geriethmit ihnen, des Miletus wegen, in Streit. Da nun Minos ihnen beyden endlich überlegen war, so mußte er sich aus Kreta hinweg machen, und hielt sich in den Inseln des mittelländischen Meeres auf, deren Einwohnern er gute Gesetze gab. Daraufverfügete er sich nach Böotien, woselbst er des Herkules Mutter, Alkmene, heurathete, und nach seinem Tode, mit seinem Bruder, dem Minos, zu einem Richter der Verstorbenen Seelen in der Hölle bestellet wurde. Apollod. l. III. c. 1. §. 1. 2. Bey seinen Lebzeiten hat er sich in Ausübung der Gerichte so wohl sehr gerecht, als hurtig und ganz unbeweglich, erwiesen. Pindar. Pyth. II. 133. Er ließ keinem Straßenräuber, oder dergleichen bösem Menschen einige Gnade wiederfahren, wodurch er denn viele Inseln und Landschaften in Asien mit deren gutem Willen unter sich brachte. Hierauf soll er dem Erythrus, seinem Sohne, sein Königreich, dem Oenopion aber Chius übergeben, und von seinen Feldobersten dem Thoas Lemnus, dem Eugyeus Cyrnus, dem Pamphilus Peparathus, dem Evambens Marionea, dem Alcäus Paron, dem Anionus Delus, dem Andreus Andrus, und so ferner anvertrauet haben. Diod. Sic. l. V. c. 80. p. 238. Indessen machen ihn einige auch zu Vulcans Sohne, und geben ihm den Gortyn zu seinem Sohne. Pausan. Arcad. c. 53. p. 540. Andere wollen, er habe Kreta meiden müssen, weil er seinen Bruder Amphitryo ums Leben gebracht, da er sich denn nach Oekalien, in Böotien, begeben, und die Alkmene geheurathet. Apollod. l. II. c. 3. §. 11. Tzetz. ap. Nat. Com. l. III. c. 8. Dem ungeachtet glaubete man, er sey in der Hölle insonderheit bestellet, der Verstorbenen Verbrechen zu untersuchen, Virg. Aen. VI.[2138] v. 566. und zwar vornehmlich derer aus Asien. Plato ap. Nat. Com. l. II. c. 8. Dabey soll er mit dem Aeakus zugleich den Zepter in der Hölle halten, Minos aber beyder Urtheil sodann erst zur Vollstreckung bringen. Pomey P. IV. p. 208. Indessen soll er doch nur ein Secretär des Minos gewesen seyn. Banier Entret. IX. ou P. I. p. 260. Dess. Erl. der Götterl. IV B. 403 S. Andere nehmen lieber zween Rhadamanthe an, deren der eine selbst noch vor dem Minos I gelebet, der andere aber des Minos II Bruder gewesen seyn soll. Lœscher. Ion. l. I. c. 1. §. 8. p. 26.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 2138-2139.
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