[2413] TYDEṼS, ëi, Gr. Τυδεὺς, έως, (⇒ Tab. XXVI.)
1 §. Namen. Diesen soll er von τιτθὸς, klein, haben, weil er dergleichen von Statur gewesen. Etymol. ap. Barth. ad Stat. Theb. l. IV. v. 59.
2 §. Aeltern. Sein Vater war Oeneus, Parthaons Sohn, König zu Kalydon; [2413] Apollod. l. III. c. 6. §. 1. & l. I. c. 7. §. 11. seine Mutter aber Periböa, des Hipponeus Tochter. Diod. Sic. l. IV. c. 38. p. 168. Andere nennen sie Euryböa, Schol. Stat. ad Theb. I. v. 41. oder auch Althäa, und geben sie für des Thestius Tochter an. Serv. ad Virgil. Aen VI. v. 479.
3 §. Thaten. Er erlegete auf der Jagd, nach einigen, seinen Bruder, Menalippus, Hygin. Fab. 69. oder Olenius. Pherecyd. ap. Apollod. l. I. c. 8. §. 5. Nach andern war es seiner Mutter Bruder, Thoas; Luctat. ad Stat. Theb. l. I. v. 402. oder seines Vaters Bru der, Alkathous. Apollod. l. I. c. 8. §. 5. Man will auch wohl, daß es des Melas Söhne, Phineus, Euryalus, Hyperlaus, Antioches, Eumedes, Sternops, Xanthippus und Stheneus gewesen, die dem Oeneus nachstelleten. Auctor. Tragœd. Alcmænid. ap. eumd. l. c. Er mußte daher insonderheit auf des Agrius, seines Vaters Bruders, Verfolgung, sein Vaterland meiden. Apollod. l. c. Er machte sich daher zu dem Adrastus nach Argos, wo zu gleicher Zeit Polynices von Theben ankam, welche denn beyde, nach einem besondern Orakelspruche, gütig aufgenommen wurden, und dessen beyde Töchter zu Gemahlinnen erhielten. Hygin. l. c. & Apollod. l. III. c. 6. §. 1. Sieh Adrastus. Auf dem Zuge wider Theben, welcher dem Polynices zum Besten war unternommen worden, erhielt er bey den zu Ehren des jungen Opheltes angestellten Leichenspielen den Preis in dem Kampfe mit den Streitriemen. Apollod. ib. §. 4. Darauf wurde er von den übrigen verbundenen Fürsten nach Theben gesandt, zu versuchen, ob er den Eteokles in der Güte dahin bringen könnte, daß er dem Polynices sein Recht gutwillig zustünde. Es empfieng ihn aber Eteokles nicht nur gar schlecht, sondern, da Tydeus noch dazu alle Thebaner, welche auf sein Ausfordern das Herz hatten, einen Gang mit ihm zu thun, erlegete, so ordnete er funfzig Mann ab, die ihm bey seiner Zurückkehr aufpassen, und ihn nieder machen sollten. Allein, Tydeus wehrete sich [2414] gegen sie insgesammt dergestalt, daß sie alle auf dem Platze blieben, bis auf den einigen Mäon, den er nach Theben zurück laufen ließ, dem Eteokles die Post zu dringen, wo die übrigen neun und vierzig geblieben wären. Id. ib. §. 5. & Diod. Sic. l. IV. c. 67. p. 186. Als sie darauf selbst vor Theben anrücketen, so hielt er sich ungemein tapfer, wurde aber endlich von dem Menalippus tödtlich verwundet. Apollod. l. III. c. 6. §. 8. Man will ihn noch auf einem geschnittenen Steine sehen, wo er sich den Spieß oder Pfeil aus der Wunde zieht. Lipperts Dac tyl II Taus. 82. Allein, nach der Abbildung in Winkelmanns Geschichte der K. 114 S. und Monum. ined. n. 106. scheint solches vielmehr eine Strigilis zu seyn, womit er sich das Bein schabet; und man könnte es auf seinen Kampf mit dem Agylleus deuten; Stat. Theb. VI. 848. da er sich nach seinem Siege den Sand wieder abreibt. Er wurde auch nicht in oder dicht unter die Wade, sondern in den Bauch verwundet. Apollod. l. c. Eher scheint er da verwundet zu seyn, wo er auf den Knien liegt und in ders Linken den Glocken ähnlichen Schild hält. Winkelm. Monum. 107. Da Jupiter die Minerva abschickete, ihn nicht nur zu heilen, sondern auch gar unsterblich zu machen, so unterbrach solches Amphiaraus aus Rache, daß Tydeus insonderheit ihn veranlasset, mit in diesen Krieg zu gehen, dadurch, daß er ihm des Menalippus Kopf überbrachte. Tydeus hieb solchen von einander, und fraß vor Rachgierigkeit das rohe Gehirn aus demselben. Dieß nahm Minerva so übel, daß sie mit ihrer Cur zurück blieb, und er also umkommen mußte. Apollod. l. c. §. 8. Hierauf ließ ihn obbemeldeter Mäon, zur Dankbarkeit, vor dem proetischen Thore, an eben der Straße, wo Menalippus lag, begraben. Pausan. Bœot. c. 18. p. 568. Er war von Gestalt nur klein, aber stark an Knochen und von derben festen Armen, so daß niemals die Natur so viel Kräfte und einen solchen Muth in einen kleinern Körper einzuschließen sich getrauet hat. Stat. l. c. 843. sqq. [2415] Er wußte nicht so gut mit den Worten umzugehen, als mit den Waffen. Er war verschlagen, und geschickt, viele Kriegeslisten zu ersinnen, jedoch mußte er seinem Bruder Meleager an Klugheit nachgeben. In der Kriegeskunst aber kam er ihm völlig gleich, und seine Luft fand er an dem Rauschen des Gewehres. Er war ruhmbegierig und reich. Seine Lebhaftigkeit des Geistes zeigete sich in den Thaten selbst und nicht im Reden. Eurip. Supplic. 902.
4 §. Familie. Seine Gemahlinn war des Adrastus jüngste Tochter, Deipyla, mit welcher er den Diomedes zeugete, der hernach in dem trojanischen Kriege so berühmt wurde. Apollod. l. III. c. 9. §. 8. Sieh Diomedes.