Epistolae obscurorum virorum

[580] Epistolae obscurorum virorum (lat., Briefe dunkler Männer), Satire in fingirten Briefen, deren 1. Buch 1515 zu Hagenau, das 2. 1519 erschien, ohne daß sich ein Verfasser nannte; die Autorschaft wird indessen mit ziemlicher Gewißheit dem Wolfgang Angst, Ulrich v. Hutten u. Crotus Rubeanus zugeschrieben. Diese Satire ist ein Angriff der Humanisten auf die mönchischen u. scholastischen Gelehrten jener Zeit, mit denen sie in bitterer Feindschaft lebten; die Humanisten vertraten nämlich die damalige oppositionelle Richtung nicht nur gegen scholastischen Wust u. sprachliche Barbarei, sondern auch vielfach gegen die Institutionen der Kirche. Ueberdieß befehdeten sich Humanisten und Scholastiker, weil jenen die meisten Lehrstühle [580] an den Universitäten unzugänglich waren, indem sie den Geistlichen vorbehalten blieben, und diese verwehrten aus begreiflichen Gründen den Humanisten alles Dociren, so weit sie es vermochten. Die e. o. v. sind an Ortunius Gratius gerichtet, Dominikaner und Professor in Köln, u. höhnen besonders die aus dem Reuchlinʼschen Handel bekannten Hogstraten u. Pfefferkorn; sie überschreiten vielmal die Gränzen der Satire u. des Anstandes, ihr Witz ist überhaupt derbster Natur, ihre komische Kraft aber für uns größtentheils verloren, weil das damals bei den scholast. Gelehrten übliche Latein, welches die e. o. v. übertreibend nachahmen, nicht mehr im Gebrauche ist. Neueste Ausgaben: von E. Münch, Lpzg. 1827; Rotermund, Hannover 1827.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 580-581.
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