Fettsucht

[694] Fettsucht, nennt man das Uebermaß von Fettbildung im thierischen Organismus. Nach den Versuchen von Persoz und Boussingault ist mit der Fettbildung aus nicht plastischen, stickstofffreien Nahrungsmitteln zugleich auch eine Zellenbildung von plastischen Nahrungsmitteln, Eiweiß, Fibrin etc. verbunden. Die Zellen bilden die Hülle, das Fett den Inhalt. So lange nun die Blutbestandtheile hinreichen, um das Material zur Zellenbildung abzugeben, ist die Fettbildung mit keinen unmittelbar nachtheiligen Folgen verbunden; reichen aber diese nicht mehr aus, so müssen die bereits zu Organtheilen gewordenen Muskelfasern etc. ihr Material zu dieser abnormen Zellenbildung abgeben und dann zehrt der Organismus an seinem eigenen Material und bereitet sich dadurch den Untergang. Während der Organismus seine ganze Thätigkeit daransetzt, Vorräthe für die Zukunft aufzuspeichern, richtet er eben damit in seiner verkehrten Lebensthätigkeit sich selbst zu Grunde. Was der Geiz in der sittlichen Weltordnung, das ist die F. in der physischen. Neben der unförmlichen Zunahme an körperl. Umfang sind zunehmende Muskelschwäche, Athemnoth, Trägheit des ganzen geistigen Lebens, die bis zum Stumpfsinn sich steigern kann, die wichtigsten Symptome und die Wassersucht oder ein Schlag das Ende dieser Verthierung. Bei den Hausthieren erzielt der Oeconom in der Mastung durch Ueberfluß an Futter bei Entziehung von Bewegung und Licht künstlich einen höheren oder geringeren Grad von F.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 694.
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