Romanzen

[763] Romanzen, die erzählenden Lieder oder Balladen des span. Volkes, deren Stoff ein Nationalheld, eine Volksmäre, unglückliche Liebesgeschichte u. dgl. bildet, aber so behandelt wird, daß er mehr od. minder als Nebensache erscheint, indem die Thatsachen ganz kurz, abgebrochen und nebenbei erzählt werden, um Gelegenheit zum Ausdruck der verschiedensten Empfindungen zu geben. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den R. und Balladen möchte schwer aufzutreiben sein, dagegen steht fest: 1) R. oder epische Volkslieder waren und sind dem Norden so wenig fremd als dem Süden, dagegen unterscheiden sie sich in Hinsicht auf ihre Grundtöne und Behandlungsweise je nach dem Charakter und den Geschicken jedes Volkes u. seines Landes; 2) die Entstehung der ältesten und besten R. ist allenthalben in Dunkel gehüllt, der Unterschied zwischen ihnen und den Kunst-R. unserer Dichter in den meisten Fällen so leicht herauszufühlen, wie die Unterschiede zwischen Naturwüchsigkeit u. Kunsterzeugniß in der Poesie überhaupt. S. Romancero; engl. R. sammelten Percy u. Ellis, vortreffliche R. dichteten unter den Deutschen: Bürger, Schiller, Göthe, Tieck, Uhland, unter den Spaniern selbst Padilla, Ch. de Castillejo, Gongora, Quevedo u.a.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 763.
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