Bildungstrieb

[104] Bildungstrieb (nisus formativus) nannte Blumenbach (1752-1840) das Formprinzip, welches in Pflanzen und Tieren die Materie organisiert und sich in der Erzeugung, Ernährung, Reproduktion und Heilung der Organismen geltend macht. In neuerer Zeit hat sich die Naturforschung gegen die Annahme[104] eines solchen Prinzips erklärt. Der Begriff des Bildungstriebes ist aber nicht allzu sehr verschieden von der »Idee« Platons und der »Lebenskraft« Liebigs, und es steckte in ihm, wenn man ihn nach Analogie der Gesetze denkt, ein verständiger Sinn. Die biologischen Prozesse sind von den mechanischen, physikalischen und chemischen nach Kombination und Komplikation verschieden und bedürfen ihrer eigenen Benennung. Aber der Ausdruck Blumenbachs ist heutzutage außer Kurs gesetzt. Vgl. Blumenbach, Über den Bildungstrieb 1791. H. Lotze, Medizinische Psychologie 1852. Frohschammer, Phantasie als Grundprinzip des Weltprozesses 1877.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 104-105.
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