Generatio aequivoca

[226] Generatio aequivoca (primaria, spontanea), Urzeugung, d.h. die elternlose Entstehung organischer Wesen aus unorganischem Stoffe, wurde von den alten Zoologen als Naturvorgang angenommen. Aristoteles glaubte an die generatio aequivoca selbst höher organisierter Tiere, wie der Aale und Frösche. Durch genaue Beobachtung und Experimente wurde diese Theorie im 17. und 18. Jahrhundert gestürzt, und sie ist in der Gegenwart sogar bezüglich der Protozoen widerlegt. Das Resultat aller neueren Untersuchungen ist, daß die derzeitige Existenz einer Urzeugung nicht bewiesen ist. Wer aber die Kant-Laplacesche Hypothese über die Bildung unserer Erde annimmt, ist gezwungen, zuzugeben, daß das Leben auf der Erde nicht von Anfang an vorhanden in der Tier- und Pflanzenwelt gewesen, sondern im Laufe der Entwicklung aus den unorganischen Stoffen entstanden ist. So wird die Hypothese von der generatio aequivoca zu einem Postulat der Wissenschaft, kann aber nicht dahin[226] ausgedehnt werden, daß auch jetzt noch Urzeugung existieren muß. Siehe B. Hertwig, Lehrb. d. Zoologie 1897. S. 112 ff. Vgl. Abiogenesis; Panspermismus.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 226-227.
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