Sklavenmoral

[582] Sklavenmoral nennt Fr. Nietzsche (1844-1900) die bisher geltende jüdisch-christliche Sittenlehre, weil sie durch eine Erhebung der Sklaven gegen die Herren, die Arier, zustande gekommen sei. Während die »Herrenmoral der blonden Bestie« lehrt: »Nichts ist wahr, alles ist erlaubt«, gebietet die Sklavenmoral Nachsicht gegen Schwache, Nächsten- und Feindesliebe. Daher fordert Nietzsche, der die Existenz »seiender Werte« leugnet, eine »Umwertung aller Werte«. Was bisher gut hieß, müsse böse heißen und umgekehrt. Aber diese brutale Herrenmoral, die sich auf den Entwicklungsgedanken des Darwinismus stützen und den Übermenschen züchten will, ist nicht eine Umwertung aller Werte, sondern nur eine Aufhebung derselben; denn sie bietet nichts Positives, nur eine Ersetzung der Moral durch Leben, Lebenssteigerung und Gewalt. Der Versuch, sie in die Tat umzusetzen, ist noch nicht gemacht; und sie findet ihre theoretischen Verteidiger nur bei denen, die das absolut Neue dem Gesunden vorziehen. Vgl. Nietzsche, Zur Genealogie der Moral. Lpz. 4. Aufl. 1895. Raoul Richter, Friedrich Nietzsche. Leipzig 1903.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 582.
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