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[4] Die vierte Auflage des »Wörterbuchs der philosophischen Grundbegriffe« hat eine freundliche Aufnahme gefunden und ist schnell vergriffen worden. Ich habe mich aber trotzdem überzeugt, daß das Buch einer weiteren gründlichen Umarbeitung unter Beachtung der in den Rezensionen gemachten Ausstellungen bedürfe. Der Sache wie dem Andenken Friedrich Kirchners glaubte ich nunmehr am besten zu dienen, indem ich den Wunsch, soviel wie möglich vom ursprünglichen Texte festzuhalten, aufgäbe, es allenthalben umarbeitete und die Verantwortung für den Inhalt selbst übernähme. Wohl weiß ich, daß auch nach dieser zweiten Umgestaltung noch recht viel verbesserungsbedürftig bleibt, und werde für jeden dahingehenden Wink dankbar sein. Wer auf vollständige historische Nachweise über die Fassung der Begriffe bei den einzelnen Philosophen Wert legt, ist nach wie vor auf das verdienstvolle Werk von R. Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe und Ausdrücke, hinzuweisen, das nunmehr in 2. Auflage Berlin 1904 vorliegt. Auch sei ihm angelegentlich Franck, Dictionnaire des sciences philosophiques 1844 und James M. Baldwin, Dictionary of Philosophy and Psychology (New York, London. Macmillan. 1901.) empfohlen. Wer sich mit den einzelnen Philosophen beschäftigen will, benutze Noack, Philosophie-geschichtliches Lexikon (Leipzig 1879). Ich habe an dem Ziel festgehalten, gerundete kritische Begriffserörterungen und feste Definitionen zu geben. Mit meinem eigenen philosophischen Standpunkt, der bezüglich der Methode der des Empirismus bezüglich des Abschlusses der Lebensanschauung der des Idealismus ist, habe ich möglichst zurückgehalten, ohne ihn zu verleugnen. Ungewollt und von selbst sind dabei aber in den historischen Nachweisungen immer wieder neben und vor anderen Platon, Aristoteles, Kant und Wundt in den Vordergrund getreten. Die Vorzüge, Mängel und Typen der Menschen kennzeichnenden anthropologischen Artikel ganz zu streichen, wie ein Rezensent empfahl, habe ich mich noch nicht entschließen können; aber ich habe sie angemessen verkürzt.[4]
Verpflichtet bin ich allen, welche die vierte Auflage einer Besprechung unterzogen haben, insbesondere den Herren Bruchmann, Goldstein, Goldbeck, Müller-Waldenburg, F. J. Schmidt, Wychgram und dem verstorbenen Herrn Weißenfels.
Bei der Neubearbeitung haben mich freundlichst unterstützt Herr Direktor Tschiersch, Herr Direktor Mellmann, Herr Prof. Ellinger, Herr Dr. Karl Schmidt, der Verfasser der Zeittafel, Frau Prof. Dinse und Fräulein Henriette Michaëlis, denen ich auf das verbindlichste danke.
Möge nun auch die fünfte Auflage des Buches sich innerhalb des Leserkreises, für den es bestimmt ist, alte Freunde bewahren und neue hinzuwerben.
Vor der Benutzung bitte ich von folgenden Verbesserungen Kenntnis zu nehmen: S. 5: zu ab ovo ist folgender Zusatz zu machen: Nach anderer und wohl wahrscheinlicherer Auffassung stammt die Redewendung ab ovo aus Horatius Ars poetica 147 f., wo gesagt ist, daß Homer den trojanischen Krieg nicht mit dem Zwillingsei der Leda beginnt (nec gemino bellum Troianum orditur ab ovo), sondern den Hörer mitten in den Sachverhalt hineinsetzt, als ob dieser bereits bekannt wäre (et medias in res non secus ac notas auditorem rapit). Namentlich erinnert die Stelle bei Wieland, Oberon 5, 14, 3 ff. : »Die gute Mutter fängt beim Ei die Sache an und läßt es nicht am kleinsten Umstand fehlen«, mehr an Hor. Ars poet. 147 f., als an Hor. Sat. 3, 6 f. – S. 17, Z. 10-11 v. o. lies: in seiner Rhetorik und in seiner Poetik. – S. 21, Z. 11 v. o. lies: Eine absolute Schönheit. – S. 60, Z. 18 v. o. lies: des Aristoteles. – S. 171, Z. 4 v. o. verbessere Ramsoy in Ramsay. – S. 298, Z. 6 v. u. lies: Ethizismus (Voluntarismus). – S. 362, Z. 11 v. u. lies: Molière's. – S. 377, Z. 4 v. u. lies: Entstehung. – S. 393, Z. 2 v. o. lies: Arnoldt. – S. 415, Z. 9 v. o. lies: aequivoca.
Berlin im Juni 1907.
Carl Michaëlis.[5]