Gründe zum Vertrauen auf Gott.

[21] Sage mir aber, warum du Gott nicht in Noth und Unglück, im Leben und Tod, in froher und böser Zeit vertrauen wolltest? Du mußt von ihm nichts wissen, wenn du das nicht thust. Und wenn du nur ein Fünkchen von seiner Erkenntniß hast, so muß das in dir ein großes Feuer des Vertrauens werden. Denn es ist ein einiges Wörtlein: Gott ist allmächtig. Aber es hat großen und vielen Sinn. Man hat es oft erfahren, daß er es sei. Er wird warlich[21] auch bei dir nicht ohne Allmacht sein. Du Narr, du trauest einem Kaiser und König, weil er mächtig ist. Hast du noch nicht gehört, daß Gott der rechte König, Fürst und Herr, ein ganz anderer Herr sei, als die, worauf Menschen trotzen. Wiederum ist er auch gütig und barmherzig, daß er denen Elenden hilft, und nicht leiden kann. wenn sie heulen und schreien. Er ist wohl gütiger, als Menschen, als welche uns oft helfen könnten, wenn ihr Herz immer: ja sagte. – Du dünkst dich klug und weiser zu sein, und glaubst, so und so hätte es Gott besser machen können. Aber verkrieche dich mit deiner Weisheit, denn bei ihm ist der Reichthum der Erkenntnis und der Weisheit. Niemand in der Welt weiß so gut, was dir gut und heilsam ist, als dein Herr und dein Gott, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt, und dir kein Haar gekrümmt wird. Darum mußt du fleißig gedenken an seine Verheißungen, daß du dich darauf verlassest, daß Gott für uns sorgen will, daß er unser Schutz, Hirte und Vater sein wolle, und seines Sohnes willen, gleichwie Christus selbst sagt: der Vater[22] hat euch lieb. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. So euch die Welt hasset, so wisset, daß sie mich vor euch gehasset hat. Warum erschrecken wir also und fürchten uns bei jeder Noth, da wir solche herrliche Verheißungen haben? Wie lieblich ist nicht der Spruch: Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Und wir wissen, daß dieses wahr ist, und wird so oft in der heiligen Schrift wiederholt, und glauben es doch nicht zu der Zeit, da wir es glauben sollen. So gar ein großer und erbärmlicher Jammer ist es um den Unglauben. Die Sache ist ganz gewiß, die Worte sind wahrhaftig, und das Herz glaubet doch gleichwohl nicht. Darum heißt das der Christen Kunst und Tugend, daß sie solche herrliche Kenntniß von Gott durch Jesum haben, und wissen, wo sie ihre Sorgen sollen lassen und legen, da die andern sich selbst damit zermartern und plagen, und zuletzt verzagen müssen. Aber der Glaube fasset die Worte: alle eure Sorgen werfet auf Gott, denn er sorget für euch. Ein Mann mit solchem Glauben[23] thut und leidet, was er soll, denn er weiß daß er dazu berufen ist, und gehet frisch hindurch wider alles, was ihn anficht, und spricht: Ich will thun, was mir Gott befohlen hat, aber wo es hinaus gehen soll, da will ich ihn sorgen lassen. – Was würde ich gethan haben, da ich anfieng zu reformiren und die Ablaßlügen zu strafen, wenn ich hätte sollen darauf hören, wie mich alle Welt zu fürchten machte, was ich für Gefahr auf mich lüde und wie mirs gehen würde. Aber ich befahl die Sache Gott und ließ ihn sorgen, wo es hinausgehen und was mir widerfahren würde, und habe es damit weiter gebracht, als ich gehoft und gedacht habe. O wie viel Gutes würden die Leute schaffen können, wenn sie sich immer bei ihrem Thun und Lassen auf Gottes Macht, Hülfe und Freundschaft verließen, und durch keine Furcht und Besorgnis sich davon abbringen ließen. Wenn uns ein gewaltiger Kaiser, König und Herr auf Erden sagte: alle eure Sorgen werfet auf mich, und forderte, wir sollten ihn sorgen lassen für den Ausgang unserer Sachen, für Gold, Silber und Nothdurft dieses Lebens,[24] wie fröhlich und ohne alle Sorge würde sich jederman darauf verlassen? Nun saget ja dies ein viel treflicher Herr, der da allmächtig und wahrhaftig ist, Macht hat über Leib und Leben, und uns will und kann geben, alles was wir bedürfen, und hätten daran ein halb Himmelreich, ja ein völlig Paradies auf Erden, wenn wir daran gläubeten. – Und wenn dich seine Verheißungen nicht zum Vertrauen locken, so denke dir nur die Liebe, die er dir in seinem Sohne bewiesen hat. Hat er uns seinen Sohn geschenket, wie sollte er uns mit ihm nicht alles Gute schenken? Hat er dir so viel gegeben, sollte er dir nicht noch weit mehr geben? – Nun gehe und bestehe andere die um dich herum sind, und die in Noth und Gefahr waren, und erfahre, wie wunderbarlich ihnen oft Gott geholfen hat. Er hat ja Mittel in Händen, wohin keine menschliche Seele denkt. Hast du das nicht auf vielfältige Art in deinem eigenen Leben erfahren? Besinne dich, und sprich: der Herr ist gut und groß, darum will ich ihm trauen.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 21-25.
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