[93] Es spielte ein Knäblein
Im blumigen Klee,
Am grünenden Walde,
Am bläulichen See.
Und steh, in den Binsen
Des Ufers, da lacht
Die schönste Seerose
In goldener Pracht.
Mein Knäblein, das watet
Mit frevelndem Mut,[93]
Die Blume zu pflücken,
Hinein in die Flut.
»Halt!« rief ihm die Mutter
Mit warnendem Mund,
»O bleibe zurück doch,
Sonst gehst du zu Grund!«
Das Knäblein verachtet
Ihr Warnen und Flehn.
»Ei,« ruft es, »es wird mir
So leicht nichts geschehn!«
Schon pflückt es die Blume,
Da sinkt es hinab,
Und findet im Wasser
Ein schauerlich Grab.
Die Mutter erhebet
Ein Jammergeschrei;
Es laufen die Kinder
Des Dorfes herbei.
»O,« ruft sie, »o ehret
Der Eltern Gebot!
Nicht folgen bringt Kindern
Verderben und Tod!«
Chr. Schmid.