Mündliche Heirathsanträge.

[18] Als mir von der Vorsehung das große Glück zu Theil ward, Sie, wertheste Demoiselle, kennen zu lernen, so machte Ihre Liebenswürdigkeit einen solchen Eindruck auf mich, daß ich seitdem nur einen Gedanken habe, nämlich den: Sie einst mein nennen zu können. Ich kann nicht länger schweigen, ich gestehe es Ihnen, ich liebe Sie mehr als mein Leben und bitte daher um Ihre Hand und Ihr Herz.


Da ich nach B. kam, hatte ich das Glück Sie kennen zu lernen, wo Sie auch im ersten Moment einen solchen Eindruck auf mich machten, daß ich im Innersten meines Herzens gelobte: dies Mädchen soll einst deine Gattin werden oder keine. Ich lernte Sie näher kennen, bewunderte oft im Stillen Ihre Tugenden, wollte Ihnen meine Liebe gestehen und schwieg [18] dann wieder aus Furcht; doch jetzt habe ich Muth gefaßt und frage Sie offenherzig: wollen Sie die Gefährtin meines Lebens werden?


Ich habe es Ihnen schon öfters gesagt, liebes Gustchen, wie innig – wie unaussprechlich ich Sie liebe, doch nahmen Sie stets mein Geständniß als Scherz und nicht als Ernst auf. Feierlich betheuere ich es Ihnen hiermit nochmals, daß ich Sie mehr als mein Leben liebe. Bei Gott! ich kann ohne Sie nicht länger leben; machen Sie mich daher zum glücklichsten der Menschen und reichen Sie mir Ihre Hand am Altare.


Demoiselle! Es ist Ihnen vielleicht bekannt, daß ich mit meinem Geschäft mein reichliches Auskommen habe, doch fehlt mir in meiner Wirthschaft Jemand, der auch darnach sieht. Lange suchte ich unter den Schönen der Stadt vergebens, bis ich endlich Sie fand. Ich frage Sie daher: wollen Sie die Gefährtin meines[19] Lebens werden und Freud' und Leid mit mir theilen?


Da ich das Vergnügen gehabt, Sie immer näher kennen gelernt zu haben, so entdeckte ich auch stets neue, schönere Eigenschaften, wodurch in meinem Herzen der fehnliche Wunsch entstand, mit Ihnen, liebe Freundin, dies Leben zu durchwandern, wozu die Vorsehung ihren Segen gewiß nicht versagen wird. Doch – da ich nur einen geringen Verdienst habe und keine Eigenschaften besitze, um ein Mädchen zu fesseln, so habe ich es lange nicht gewagt, Ihnen meine Wünsche zu offenbaren. Endlich habe ich jedoch Muth gefaßt und nehme zu Ihrer, mir bekannten, Nachsicht meine Zuflucht, indem ich das Geständniß ablege, daß ich sie mehr liebe und schätze als mein Leben und daß es in Ihrer Macht liegt, mich zum glücklichsten Menchen zu machen, wenn Sie mir Hand und Herz zum ewigen Bunde reichen wollen.


[20] In dieser feierlichen Stunde wage ich es, Ihnen meine Liebe zu gestehen. Machen Sie mich, bestes Mädchen, zum glücklichsten Mann und zum glücklichsten Vater. Ich schwöre es Ihnen zu, ich will Sie ewig lieben und kein Verdruß soll sich durch mich in unsere Ehe einschleichen. Ihre Eltern werden auch nichts gegen unsere Verbindung haben, darum reichen Sie mir die Hand zum ewigen Bunde und sagen nur das einzige Wörtchen »Ja!«

Quelle:
[Anonym]: Der galante Stutzer. Nordhausen 21829, S. 18-21.
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