Wilhelm Karl Grimm

Selbstschilderung

Ich bin zu Hanau geboren, am 24. Februar 1786. Obgleich ich erst fünf Jahre alt war, als die Aeltern diese Stadt verliessen, sind mir doch noch Erinnerungen aus jener Zeit geblieben. Dreissig Jahre später gieng ich an dem Hause vorüber, wo wir gewohnt hatten, und die offene Thür reizte mich in die Flur einzutreten; ich erinnerte mich gar wohl der inneren Einrichtung und sah über die Mauer des anstossenden Gartens noch den Pfirsichbaum, dessen rothe Blüthe mich als Kind ergötzt hatte. Im Jahre 1790 hatte der Landgraf von Hessen zum Schutz der Kaiserwahl bei der Frankfurt nahe liegenden Stadt Bergen ein beträchtliches Korps zusammengezogen; um die grosse Revüe an einem festlichen Tage mit anzusehen, waren die Aeltern in das Lager hinausgefahren, und ich besinne mich deutlich, wie ich, zum Kutschenfenster hinausschauend, die Regimenter mit den im Sonnenschein blitzenden Gewehren vorübermarschieren sah und der Donner der Kanonen jedesmal den Wagen erschütterte. Nicht minder lebhaft steht mir noch in Gedanken, wie wir beide, Jakob und ich, [162] Hand in Hand über den Markt der Neustadt zu einem französischen Sprachlehrer gingen, der neben der Kirche wohnte, und in kindischer Freude stehen blieben, um dem goldenen Hahn auf der Spitze des Thurmes zuzusehen, der sich im Winde hin und her drehte. Zwei Wege waren es besonders, die wir gemeinschaftlich machten, den einen zu der Schwester des Vaters, einer kinderlosen Wittwe, die in unserer Nähe wohnte, den andern zu den Aeltern der Mutter. Die Tante war eine verständige, wohlmeinende, aber ernste Frau, die uns den ersten Unterricht gab und einen grossen Einfluss ausübte, da ihre Autorität unbedingt galt. Sie hing mit grosser Liebe an unserm Vater, den sie als ältere Schwester in der Jugend gepflegt hatte, und als dieser zum Justizamtmann in Steinau ernannt wurde, verkaufte sie ihr Haus in Hanau und zog mit dorthin. Sie hat ihn auch nicht lange überlebt. Die Festigkeit ihres Geistes verliess sie nicht, bis zu ihrem Ende. In der Nacht, wo sie die Annäherung des Todes fühlte, bat sie die Mutter, ihr ein Gebet vorzulesen; die Mutter fing das Gebet eines Kranken an, »nein, Frau Schwester, sagte sie, suchen Sie das Gebet eines Sterbenden auf.« Sie hatte eine Vorliebe für Jakob, ohne minder theilnehmend für uns übrige Geschwister zu sein, vielleicht trug die Aehnlichkeit mit dem Urgrossvater Friedrich Grimm, die ein erhaltenes Oelbild ausser Zweifel setzte, dazu bei, vielleicht auch die frühe Aeusserung natürlicher Anlagen. Die Mutter erzählte wenigstens gerne, er habe schon lesen können, bevor andere Kinder anfangen zu lernen, und eine ganze Gesellschaft so sehr in Verwunderung gesetzt, dass alle sich hätten überzeugen wollen, ob er wirklich aus einem Buche ablese. Zu den Grossältern giengen wir nicht täglich, wie zu der Tante, aber doch ein paar mal in der Woche [163] zu bestimmten Tagen. Zwei Oelbilder aus jener Zeit vergegenwärtigen uns ihre Züge auf das lebendigste. Der Grossvater, Kanzleirath Zimmer, schon damals hoch bejahrt, lebte im Ruhestand. Er war um die Person des Landgrafen Wilhelm VIII. gewesen, als der siebenjährige Krieg diesen Fürsten nöthigte, sein Land zu verlassen, und eine gleichmässige Freundlichkeit, Milde und Nachsicht war ihm wohl aus dieser Stellung eigen geworden. Er starb, oder vielmehr er schlief ohne Krankheit ein im Jahre 1803 in einem Alter von fast 90 Jahren, noch im vollen Besitze seiner Geisteskräfte; die Grossmutter war ihm, doch auch schon sehr bejahrt, vorangegangen. Beide behandelten uns mit jener grossen Zärtlichkeit, die Enkeln gewöhnlich zu Theil wird, und ich erinnere mich noch sehr gut, wie der Grossvater, wenn wir späterhin ihn von Steinau aus besuchten, oft stundenlang sich zu uns setzte, seine zitternden Hände auf den Tisch legte und zusah, wie wir aus Niebuhrs arabischer Reise die Kupfer kopirten. Bis zu seinem Ende, als er die Feder nur noch mit Mühe halten und nur mit grosser Anstrengung schreiben konnte, ertheilte er uns in Briefen die liebreichsten Lehren. – Des Abzuges der Aeltern aus Steinau erinnere ich mich noch als eines wichtigen Ereignisses; ich sass im Wagen auf einem Kästchen zu Füssen der Mutter und sah den blühenden Weissdorn an den Fenstern der Kutsche vorbeieilen, wenn diese zwischen Hecken hinfuhr. Ich kann übergehen was Jakob schon von unserm Aufenthalte in Steinau erzählt hat. Ich erfreute mich in der ersten Jugend der vollständigsten Gesundheit und that es darin allen Geschwistern zuvor; ich erinnere mich nicht einmal eines leichten Uebelbefindens und selbst die Blattern, an welchen wir Geschwister alle darnieder lagen, konnten [164] mir nichts anhaben. Jakob war von dieser furchtbaren Krankheit heftig ergriffen, das ganze Gesicht auch die Augen waren bedeckt, und fünf oder sechs Tage lag er völlig erblindet. Ich weiss noch, wie er nach seiner Genesung zum ersten Mal an einem sonnigen Tage spazieren gefahren wurde, und mit dem fleckigen und narbigen Gesichte, aber ganz unentstellten Zügen im Wagen sass. Die Narben sind hernach bis auf wenige Spuren völlig verschwunden und der natürliche Ausdruck hat im Mindesten nicht gelitten. Die Gegend von Steinau hat etwas angenehmes. Oft sind wir zusammen in den Wiesenthälern und auf den Anhöhen umhergegangen; der Sinn für die Natur mag uns, wie vielen, angeboren sein, aber er ist doch auch auf diese Art genährt und begünstigt worden. Noch jetzt weiss ich nichts, was so sicher die friedliche Stimmung der Seele, in welcher alles Glück beruht, hervorrufe, als ein einsamer Spaziergang, wo kein Gespräch und Unterhaltung uns an die Bemühungen des Lebens erinnert, und wir die Natur frei auf unsere Gedanken wirken lassen; ungesucht und unerwartet ist mir hier oft das beste eingefallen. Darum gewöhne ich mich auch am letzten an eine neue Gegend, und unter so manchen schönen Punkten, die ich hier in Göttingen sehe, erscheint mir der Meissner, den ich Jahre lang aus meinem Fenster in Kassel betrachten konnte, allein bekannt und zutraulich. Der Neigung zum Zeichnen ist schon gedacht, auch ein gewisser Sammlergeist zeigte sich frühe: schon damals brachten wir Insekten, Schmetterlinge u. dgl. heim und zeichneten es ab und späterhin ward es noch fortgesetzt. Einiges hat sich davon erhalten und ich kann versichern, dass die Abbildungen nicht schlecht gemacht und der geringen Muschelfarben ungeachtet treu illuminirt sind. Rechnet man dazu, dass wir [165] niemals Unterricht im Zeichnen erhalten haben, (damals war keine Gelegenheit, hernach keine Zeit dazu), so darf man wol einige natürliche Anlage voraussetzen. Auch die radierten Blätter meines Bruders Ludwig, fast lauter Zeichnungen nach der Natur deucht mich, beweisen einen sichern Blick. Genaue und sorgsame Monographien, wie etwa Lyonets Werk über die Weidenraupe, haben immer meine Bewunderung erregt. Solche Beiträge für die Wissen schaft können an Umfang gering sein, aber ihr Einfluss ist unberechenbar und ihr Werth unvergänglich. Geist, grossartiger Sinn, Theilnahme an den höchsten Fragen des Lebens werden sich auch hier nicht verleugnen, sind sie nur wirklich vorhanden. Ich möchte am Liebsten das Allgemeine in dem Besonderen begreifen und erfassen, und die Erkenntniss, die auf diesem Wege erlangt wird, scheint mir fester und fruchtbarer, als die welche auf umgekehrtem Wege gefunden wird. Leicht wird sonst als unnütz hingeworfen, worin sich das Leben am bestimmtesten ausgeprägt hat, und man ergiebt sich Betrachtungen, die vielleicht berauschen, aber nicht wirklich sättigen und nähren. – Im Herbst 1826 führten mich Geschäfte nach Steinau, wo ich in zwanzig Jahren nicht gewesen war. Der wohlbekannte, viereckige Schlossthurm, von welchem Sonntags, wenn wir nach der Kirche mit der Mutter in feierlicher Stille an dem Schlossgarten hergiengen, die Posaunen einen Choral ertönen liessen, die Kirche und andere höhere Gebäude zeigten sich an dem reinen Himmel aus der Ferne ganz wie sonst; in der Nähe war manches verändert, neue Häuser waren auf fruchtbare Gartenfelder gebaut, ein paar Thürme über den Stadtthoren abgetragen, ein Theil des Schlosses, den noch die Mutter des verstorbenen Kurfürsten (eine Prinzessin von England, [166] Tochter Georg II.) bewohnt hatte, war in der französischen Zeit in ein Gefangenhaus verwandelt und die Fenster vergittert worden. Wir fühlen es nicht immer, wie unaufhaltsam alles versinkt, aber ich kann mich der Bewegung nicht erwehren, wenn eine Erinnerung mich auf einen Augenblick in eine längst untergegangene Zeit, die andern Schmerz und andere Freuden hatte, mitten hinein rückt. Der Vater hatte mir erzählt, dass, als er noch ein kleiner Knabe, nach dem Tode seiner Mutter der Landgräfin begegnet sei, sie theilnehmend gefragt und angehört habe, warum er Trauerkleider trage. Dabei fiel mir ein, dass, als der verstorbene Kurfürst einmal in dem Städtchen angelangt und in dem Schloss abgestiegen war, ich von dem Amtsdiener auf die Mauer gehoben wurde, um den Herrn besser sehen zu können. Er zeigte sich auch wirklich in der glänzenden Uniform am Fenster und war ein schöner Mann in seinen besten Jahren. Einige Jahre vor seinem Tode musste ich ein paar Tage lang den Dienst in seiner Privatbibliothek zu Wilhelmshöhe versehen, er war ein Greis und klagte über innern Frost, aber mit sichtbarer Belebung und Freude erzählte er, bei zufälliger Veranlassung, wie er in seiner Jugend mit seiner Mutter, eben jener Landgräfin, seine erste Reise an den Rhein gemacht habe und verlangte, ich sollte ihm ein Buch mit Bildern aus diesen Gegenden herbeiholen, in welchem er lange blätterte. – Ich liess mir die Schlüssel zu der Kirche bringen, in welcher der Grossvater vor etwa hundert Jahren seine Antrittspredigt gehalten hatte, und gieng ganz allein hinein. Die Sonne schien durch die hohen Fenster auf den ganz mit Leichensteinen bedeckten Fussboden der Kirche, wovon mehrere in das 16. Jahrhundert gehörten. Auf dreien, gerade vor dem Altar, fand ich die[167] Namen unserer Familie: zwei Brüder des Vaters lagen da (er war der einzig übrig gebliebene) einer, der Friedrich hiess, war in der Jugend gestorben, und eine lateinische Inschrift gedachte der ungewöhnlichen Gaben des Kindes und des tiefen Schmerzes der Aeltern bei seinem Verlust; der andere war schon Prediger in Hanau gewesen. Ueber beiden zwischen dem Altar und der Kanzel lag die Grossmutter, und so war der Grossvater zwanzig Jahre lang jeden Sonntag über ihr Grab zur Kanzel geschritten. Die jetzige Zeit scheut dergleichen Erinnerungen, mir scheint es würdiger, das Andenken der Verstorbenen auf diese Weise zu ehren. Der Grossvater selbst war auf dem vor der Stadt angelegten Kirchhof begraben worden, das wusste ich, und fand dort seinen Leichenstein, auf welchem eine kurze Erzählung seines Lebens steht. Er war 47 Jahre an demselben Orte Prediger gewesen. Wie beneidenswerth schien mir dieses Loos; ein segensvolles Amt, Liebe und Achtung der Gemeinde, Musse zur Betrachtung und zum Nachsinnen, und ein lebendiges und freudiges Gefühl des Daseins. Ich suchte auch den Garten auf, den die Aeltern ehemals besessen hatten. Der Baum stand noch, an welchem der weisse Mantel der Mutter zu hängen pflegte, den wir von weitem sahen, wenn wir nach beendigter Schule nachkamen, und es war mir, als sähe ich sie selbst langsam über die Wiese hergehen. Als ich mit diesen Erinnerungen in dem Garten auf und ab gieng, kam ich mir selbst wie ein abgeschiedener Geist vor, der zu der ehemaligen Heimath wieder einmal zurückgekehrt ist. Ob das heftige Gefühl, das mir die Seele erfüllte, Schmerz oder Freude war, weiss ich nicht, es war wol beides zugleich. Die Liebe zu meiner Mutter ist noch jetzt, nachdem sie länger als zwanzig Jahre im Grabe liegt, unvermindert in [168] meinem Herzen, der Traum führt mich manchmal zu ihr hin, sie sitzt meist, wie in den letzten Jahren ihres Lebens, auf einem kleinen Teppich vor ihrem Arbeitstischchen, reicht mir die magere aber sanfte Hand und fragt, warum ich so lange nicht bei ihr gewesen sei? Hätte es Gott gefallen, ihr Leben zu verlängern, welche Freude, wenn wir ihr die mühseligen, uns geopferten Jahre mit ebenso viel stillen und ruhigen hätten vergelten können. Alte Leute kehren wohl, wenn keine Sorge und Arbeit sie mehr unterbricht, zu den Beschäftigungen der Jugend zurück, sie pflegen Blumen, einen Lieblingsvogel, und die Bücher, die der ernste Drang des Lebens ihnen verschlossen hatte, werden wieder geöffnet. Die Mutter las gerne, der Grandison war ihr Lieblingsbuch, dessen verschlungene Begebenheiten und vielfältige Charaktere sie sehr wohl behalten hatte; manchmal bei recht heiterer Stimmung sagte sie uns Stellen aus Gellerts beschämter Schäferin vor, worin sie als Kind eine Rolle gespielt hatte. – Ich habe zu dem, was Jacob von unserm Aufenthalte zu Kassel, wohin wir im Herbst 1799 geschickt wurden und wo wir das Lyzeum besuchten, erzählt hat, weniges hinzuzufügen. Eine ältere Schwester der Mutter sorgte dort für uns so liebreich, wie die Mutter selbst. Ich war sehr eifrig im Lernen, wie es auch sehr nöthig war, aber der Uebergang zu dieser sitzenden Lebensweise, denn der ganze Tag war mit Lehrstunden besetzt, wirkte nachtheilig auf meine bisherige so feste Gesundheit. Nach einem an sich gar nicht heftigen, glücklich überstandenen Anfall des Scharlachfiebers, fieng ich an über beschwerten Athem zu klagen, wozu sich bald Schmerzen in der Brust gesellten. Ob mein schnelles Heranwachsen auch Schuld hatte, wie man versicherte, weiss ich nicht, aber wir Geschwister hatten [169] meist alle, Vater und Mutter, die eher von kleiner Statur waren, überwachsen. Die Lehrstunden hatten dabei ihren Fortgang, und der Weg nach dem Lyzeum ward mir oft sehr sauer, wenn mir der kalte Wind, der über den Friedrichsplatz oft herzieht, entgegenblies. Sammlungen mancherlei Art wurden angelegt, auch aus Büchern, die wir uns nicht kaufen konnten, Excerpte gemacht; die reinlich geschriebenen Hefte sind lange Zeit aufbewahrt worden. Als die Zeit heranrückte, wo wir die Universität beziehen sollten, war ich einem so heftigen Anfall von Asthma ausgesetzt, dass nur durch sehr starke Mittel die ganz nahe Gefahr abgewendet wurde. Ich durfte nach dieser Krankheit ein halbes Jahr das Zimmer nicht verlassen, das Zeichnen war meine einzige Erholung, aber dazu ward mir täglich nur eine kurze Zeit gestattet, ein reinlich ausgeführtes Blatt ist noch aus jener Zeit übrig, an die ich selbst mit einigem Behagen denke. Ich glaube Krankheiten in diesem Lebensalter können bildend wirken; die Nächte, in denen man, vergeblich auf Schlaf hofft, die Stunden, in welchen Beschäftigung untersagt oder unmöglich ist, und welche der Selbstbetrachtung zufallen, führen schneller zum Bewusstsein und zur Erkenntniss unserer Natur, als es bei ungestörter, soll ich sagen übermüthiger? Gesundheit der Fall sein mag. Es entgehen doch nur wenige gänzlich der Krankheit, und ich habe auch darin eine gerechte Austheilung bemerkt, dass gewöhnlich nur eine Lebensperiode davon betroffen wird, und wessen Jugend davon frei blieb, in männlichen Jahren einen Theil der allgemeinen Schuld hat übernehmen müssen. Ich hatte mich einigermassen erholt, als mich im Frühjahr 1804 Jakob nach Marburg abholte, wohin er vorangegangen war. Ich besuchte die Kollegia und zwar unausgesetzt, [170] ohne im Grunde an eine Wiederherstellung zu glauben. Schon damals erfuhr ich von Hofr. Conradi, der dort Professor war, die freundschaftlichste Theilnahme und sein ärztlicher Beistand wurde mir auch späterhin und aus der Ferne nicht versagt. Ich habe mit meinem Bruder dieselben Lehrer gehabt und so ziemlich dieselben Kollegia gehört; auch ich darf mich Savigny's Wohlwollen rühmen, und ich weiss nicht leicht etwas, das so grossen Eindruck auf mich gemacht hat, als sein Vortrag. Ich glaube, es war die Freiheit und Lebendigkeit, zugleich das Gemessene und Ruhige dabei, was so sehr anzog und festhielt. Rhetorische Gaben können für eine Zeit lang blenden, aber sie fesseln nicht. Er sprach frei und blickte nur von Zeit zu Zeit auf ein einzelnes beschriebenes Blatt, und es war bei vollkommener Klarheit und dem Ausdruck innerer Ueberzeugung eine gewisse Zurückhaltung und Mässigung in seiner Darstellung, deren Wirkung kein rednerischer Ueberfluss würde erreicht haben. Seine ganze äussere Erscheinung war diesem Eindruck völlig angemessen. Ich hörte zuerst Rechtsgeschichte nach Hugo, dann Institutionen. Savigny richtete zuweilen während der Vorlesung Fragen an die Zuhörer, schwierigere wurden schriftlich beantwortet. Ich schrieb nach, aber was ich mit nach Hause brachte, ward durch das, was in den Gedanken geblieben war, ergänzt und das Ganze überarbeitet. Wir beide erhielten die Erlaubniss Savigny zu besuchen und uns Raths bei ihm zu erholen; die Anregung, die nicht blos von seinen Vorlesungen ausgieng, die Einsicht von dem Werthe geschichtlicher Betrachtung und einer richtigen Methode bei dem Studium war ein Gewinn, den ich nicht hoch genug anschlagen kann, ja ich weiss nicht, ob ich sonst je auf einen ordentlichen Weg [171] gekommen wäre. Für wie vieles andere hat er uns nicht den Sinn erschlossen, und wie manches noch unbekannte Buch ward aus seiner Bibliothek nach Haus getragen! Die anmuthige Weise, mit welcher er wohl gelegentlich etwas vorlas, eine Stelle aus Wilhelm Meister, ein Lied von Göthe, ist mir noch so lebhaft in Gedanken, als habe ich ihm erst gestern zugehört. Manchmal kommt es mir vor, als sey heut zu Tage strenger Eifer für Gelehrsamkeit wohl zu finden, eine solche Richtung nach freier Ausbildung aber seltener, und dem Ernste die Heiterkeit entzogen worden; oder täusche ich mich und sollte ich blos beklagen, dass die Zeit der ersten jugendlichen Anregung und der eben erwachten Theilnahme für das Geistige vorübergeht? Die Verschiedenheit von Savigny's Vortrage hatte ich volle Gelegenheit zu bemerken, als ich in die Pandekten zu Weis kam. Sie waren gewiss nicht schlecht, aber bei aller natürlichen Lebhaftigkeit des Mannes fehlte doch das rechte, fortschreitende Interesse an der Sache, und mitunter ins Geschmacklose zu gerathen, ward ihm auch nicht schwer. Bei Erxleben, der Kirchenrecht vortrug, herrschte eine langweilige und abgelebte Zierlichkeit des Ausdrucks, die für den Inhalt entschädigen sollte. Im Frühjahr 1807 wurde ich examinirt, und wahrscheinlich hätte ich im Laufe des Jahres eine Anstellung erhalten, wenn nicht das Vaterland von den Franzosen wäre überzogen worden.

Jener Tag des Zusammenbruches aller bisherigen Verhältnisse wird mir immer vor Augen stehen. Ich hatte am letzten Oktober Abends die französischen Wachtfeuer in der Ferne mit einiger Bangigkeit gesehen, aber dass Hessen unter fremde Herrschaft gerathen sollte, konnte ich nicht eher glauben, als bis ich am andern Morgen die französischen [172] Regimenter bei dem alten, jetzt niedergerissenen Schlosse in vollem militärischen Glanze einziehen sah. Bald änderte sich alles von Grund aus: fremde Menschen, fremde Sitten, auf den Strassen und den Spaziergängen eine fremde, laut geredete Sprache. Keine andere deutsche Stadt hat so vielfachen Wechsel erlebt, als Kassel, und manchmal scheint es mir, als habe ich mehrere Menschenalter verschlafen, wenn ich bedenke, welche ganz verschiedene Zustände ich dort erlebt habe. Die Zeit nach der Wiederherstellung wich doch in manchen Dingen von der früheren ab, und seit der Regierung des gegenwärtigen Kurfürsten hat sich Vieles wieder gar sehr verändert. Bei der westphälischen Zeit kann ich eine Bemerkung nicht unterdrücken, weil sie zu oft in die Gedanken zurückkehrt. Ich habe stets die Schmach gefühlt, welche in der fremden Herrschaft lag, an harten, unerträglichen Einrichtungen, an Ungerechtigkeiten aller Art fehlte es nicht und ich weiss wohl, mit welchem Gefühl ich die armen Menschen habe durch die Strassen hinwanken gesehen, welche zum Tod geführt wurden; aber dieser Zustand drückte mich nicht nieder, wie er, selbst in geringerem Grade, würde gethan haben, sobald Gesetzlichkeit, Ordnung und Wahrheit an der Spitze stehen sollten. Aber damals entsprang das Unrecht aus der Lage der Dinge, die in vielen Fällen mächtiger waren, als der Wille des Gewalthabers selbst; es schien mir eine Naturnothwendigkeit zu seyn, oder eine strenge Fügung Gottes.

Das Drückende jener Zeit zu überwinden half denn auch der Eifer, womit die altdeutschen Studien getrieben wurden. Ohne Zweifel hatten die Weltereignisse und das Bedürfniss, sich in den Frieden der Wissenschaft zurück zu ziehen, beigetragen, dass jene lange vergessene Literatur [173] wieder erweckt wurde; allein man suchte nicht blos in der Vergangenheit einen Trost, auch die Hoffnung war natürlich, dass diese Richtung zu der Rückkehr einer andern Zeit etwas beitragen könne. Was Bodmer früher angeregt hatte, war längst erstorben, dieses Gebiet konnte für ein eben entdecktes gelten, auch schien sich, wo man den Blick hinwendete, dem Auge etwas Neues darzubieten. Dazu kam die Zufriedenheit, die mit den ersten Versuchen verbunden zu seyn pflegt, wo man die Schwierigkeiten noch nicht kennt und alles auf's Beste gemacht zu haben glaubt. An Empfänglichkeit bei dem Publikum hat es niemals gefehlt; einige Ungunst ward hier und da durch die natürliche Neigung zum Widerspruche hervorgerufen, am widerwärtigsten wirkte der abgeschmackte Enthusiasmus unwissender Lobredner, welche ich dem Mehlthau vergleiche, der auf die gesundesten Pflanzen fällt und sie eine Zeitlang im Fortwachsen hemmt. Eine gerechte Würdigung scheint nicht mehr allzufern, und nachdem eine sichere Grundlage gelegt worden, ohne welche die einzelnen Bemühungen leicht wieder zusammengebrochen wären, so steht eine abermalige Vergessenheit nicht mehr zu befürchten. Die geistige Bildung des Mittelalters lässt sich kaum mit einer andern vergleichen: in ihrer Eigenthümlichkeit ist zugleich Leben und Wahrheit, in ihrem Reichthum Mannigfaltigkeit, in einer nicht geringen Anzahl ihrer Erzeugnisse ein ausgezeichneter, innerer Werth; wie sollte jemand an einem für die Geschichte des menschlichen Geistes so wichtigen Zeitpunkte gleichgültig vorüber gehen können, oder sich vorsätzlich davon abwenden? Ein glücklicher Umstand scheint mir, dass der Charakter dieser Bildung einer flüchtigen, bloss geistreichen Betrachtung widerstrebt und die Geschicklichkeit mit allgemeinen Formeln das Ganze zu erfassen,[174] oder, wie man sagt, sich anzueignen, dabei zu Schanden wird. Es sind schon Bücher in diesem Geist geschrieben worden, vielleicht mit Talent. Wer die Dinge nicht kennt, mag hoffen, etwas daraus zu lernen, wer sie kennt, dem wird der Widerwille vor grundlosen Einbildungen und leeren Spiegelfechtereien alle Nachsicht unmöglich machen. Hier muss jedes einzelne nach seiner freien und unabhängigen Natur untersucht und gewürdigt werden, und nur auf diesem mühsamsten Wege darf man hoffen, zu einem wahrhaften Bilde jener Zeit zu gelangen. Es wird den meisten paradox lauten, dennoch ist es wahr: was die Gegenwart, der es nicht an Feinheit des Geistes und einer gewissen Schwelgerei in subtilen Gedanken fehlt, als ihr eigenthümlichstes preisen möchte, sie könnte in den Gedichten des 13. Jahrhunderts das Gegenstück finden, und dabei eine Gewandtheit im Ausdruck des Einzelnen, deren die heutige Sprache nicht mehr fähig ist. Freidanks Werk allein bewährt einen Grad von Selbstbewusstseyn und unbefangener Beobachtung der Welt, dessen sich die besten unserer Zeit nicht zu schämen brauchten. Das Mittelalter zu erforschen, um es der Gegenwart wieder geltend zu machen, wird nur der beschränktesten Seele einfallen; allein es beweist auf der andern Seite gleiche Stumpfheit, wenn man den Einfluss abwehren wollte, den es auf Verständniss und richtige Behandlung der Gegenwart haben muss. In dieser Beziehung scheint es mir auch wichtig, dass die altdeutsche Literatur Veranlassung gab, auf Sitten, Gebräuche, Sprache und Dichtung des Volkes die Aufmerksamkeit zu richten, und es verletzt schon jetzt den gelehrten Anstand nicht mehr, davon in ernsthaften Büchern zu reden und die Spuren des hohen Alterthums darin nachzuweisen. Ich erwähne hier die altdeutsche [175] Literatur gewiss nicht, um Gelegenheit zu haben, eine Rezension meiner Schriften zu liefern, nur eine Bemerkung sey mir erlaubt, die vielleicht als eine Entschuldigung gilt. Studien und Richtung derselben haben wir in der Gewalt, und dabei sollen wir nach einem bestimmten Plane verfahren; die allgemeinere und breitere Anlage pflegt sich in der Folge zusammen zu ziehen und der Umkreis durch Beschränkung mehr Festigkeit und Sicherheit zu erlangen. Ich setze dabei voraus, dass äussere Verhältnisse nicht hemmend dazwischen treten und höhere Sorgen und Pflichten nicht andere Wege vorzeichnen. Dagegen ist die Ausarbeitung der Bücher selbst bei mir mehrmals von einem blossen Zufalle abhängig gewesen. Zu der Schrift über deutsche Runen veranlasste mich ein Fund in einem alten Grabhügel, der an sich sehr zweifelhaft war und in dem Buche selbst als eine geringe Nebensache erscheint. Ich bin schon längere Zeit mit einer Ausgabe von Freidanks Sprüchen beschäftigt; schnell können Arbeiten dieser Art nicht zu Stande kommen, weil die Handschriften, deren Werth erst auszumitteln ist, nicht so schnell anlangen, als man wünscht oder Versprechungen hoffen lassen. In der Zwischenzeit sorgte ich für die Herausgabe des Grafen Rudolf, wovon die Fragmente in meine Hände kamen, und als diese Arbeit beendigt war, bemerkte ich, dass meine fortgeführte Sammlung für die deutsche Heldensage zu stark herangewachsen war, als dass ich sie länger ohne Ausarbeitung übersehen könnte. Ich entschloss mich also dazu, aber sie kostete mehr als die dafür bestimmte Zeit, und die Untersuchung selbst führte mich weiter, als ich anfänglich geglaubt hatte. Zwar kehrte ich wieder zu der früheren Aufgabe zurück, denn eine gewisse zähe Anhänglichkeit an einen einmal gefassten [176] Plan ist an mir, ich weiss nicht ob zu rühmen oder zu tadeln, aber nun kam die neue Ausgabe des Liedes von Hildebrand dazwischen, veranlasst durch den bevorstehenden Abschied von Kassel. So lange ich den alten Kodex wie oft ich wollte in die Hand nehmen konnte, hatte ich eine Abbildung desselben, deren Nutzen ich wohl einsah, immer aufgeschoben, jetzt gedachte ich damit ein Stück des bisher besessenen mitzunehmen, und der Sorgfalt mit der ich sie fertigte, mag dieser Gedanke nicht geschadet haben. Meinem Bruder habe ich die paar Blätter zugeeignet, nicht als ein Zeichen der Liebe oder als eine Erinnerung der dort verlebten Jahre, weder des einen noch des andern bedarf es, sondern weil ich sie als die einzige Arbeit von mir betrachte, die nicht leicht durch eine bessere könnte ersetzt werden. Ob ich jetzt ohne Störung den Freidank beendigen kann, der doch nur von geringem Umfange ist, wird sich zeigen, bei der Mehrung meiner Berufsgeschäfte rückt er doch nicht so schnell, als ich wünsche, fort. Doch die Arbeit selbst ist es ja, worin die eigentliche Freude liegt, wenigstens nach meinem Gefühle. Sie wächst in dem Grade, in welchem jene sich ihrem Ende nähert, aber das fertige Werk lege ich gerne weg, und mich reizt nur der Gedanke, die Aufgabe das Nächstemal besser zu lösen.

Nach dieser Abschweifung, in der ich vieles voraus genommen habe, kehre ich wieder zu den Ereignissen in den sieben Jahren der französischen Herrschaft zurück. Meine Kränklichkeit hatte nach dem Tode der Mutter (1808) immer zugenommen; zu dem beengten Athem, der mir das Ersteigen weniger Stufen zu einer grossen Last machte, und den fortwährenden stechenden Schmerzen in der Brust, gesellte sich noch eine Herzkrankheit. Der Schmerz, den ich [177] mit nichts vergleichen konnte, als dem Gefühl, es fahre von Zeit zu Zeit ein glühender Pfeil durch das Herz, war mit beständiger Beängstigung verbunden. Manchmal brach er in ein heftiges Herzklopfen aus, das ohne äussere Veranlassung auf einmal kam, und eben so mit einem Schlag endigte; einigemal hat es ununterbrochen zwanzig Stunden gedauert und mich in dem höchsten Grade der Erschöpfung verlassen; ein Gefühl, ich sei dann dem Tode sehr nah, war gewiss nicht ungegründet. Viele Nächte habe ich schlaflos, aufrecht sitzend, ohne mich zu bewegen, zugebracht und auf das Grauen des Tages gewartet, das mir immer einigen Trost zu bringen schien. Eine Wachtel, die vor dem Fenster eines Nachbars hing, hat mir ihn oft zuerst angekündigt, und noch jetzt kann ich den eigentümlichen Schlag des Thieres nicht ganz gleichgültig anhören. Es ist unglaublich, wie viel man körperlich ertragen kann, und zwar lange Jahre hindurch, ohne doch die Freude am Leben zu verlieren. Das Gefühl der Jugend mag dabei geholfen haben, aber gänzlich fühlte ich mich durch diese Krankheit nicht niedergedrückt, und in den leidlichen Stunden arbeitete ich fort, selbst mit Vergnügen. Ueber meinen Zustand täuschte ich mich nicht, und jeden Tag, den ich noch lebte, betrachtete ich als ein Geschenk Gottes; dass ich bei diesen Leiden noch ein halbes Jahr fortleben könnte, schien mir oft ganz unmöglich. Nur so lange ich zweifelhaft war und an Genesung dachte, war ich gequält und erst von dem Augenblicke ruhig, wo ich alle Hoffnung aufgab, und ich glaube, dass es im Grunde dieser Augenblick war, wo meine Besserung anfieng. Im Frühjahr 1809 reiste ich nach Halle wo ich Gelegenheit hatte, den berühmten Reil über meine Krankheit um Rath zu fragen. Ich sehe ihn noch, wie er, [178] den Bericht anhörend, die grossen blauen Augen unverwandt auf mich richtete. Er war eine grosse Gestalt und in den festen, fast scharfen Gesichtszügen lag zugleich etwas Mildes, in seinem ganzen Wesen aber die Sicherheit und volle Ueberzeugung, die bei einem Arzte so sehr das Zutrauen erregt. Er legte die Hand lange auf mein Herz, um die Bewegung zu beobachten, endlich äusserte er, dass bei einem so anomalen Zustande nichts übrig bleibe als Versuche. Er bat mich späterhin sogar, einige ältere französische Abhandlungen über Herzkrankheiten nachzulesen, da ihm seine vielfachen Geschäfte und die Untersuchungen über das menschliche Gehirn, welche er eben vor hatte, dies selbst zu thun nicht erlaubten. Er sendete mir wirklich Bücher und ich habe ihm daraus referirt, kann aber doch ein solches Studium nicht empfehlen. Ob nun die gebrauchten Mittel: Einreibungen starker Essenzen, Eisen- und Soolbäder, Elektrisiren, von Wirkung waren, oder ob der Rath den mir Reil ertheilte, eine Veränderung in den Gewohnheiten des äussern Lebens anzufangen und regelmässig eine Zeit lang durchzusetzen, oder das Fernhalten jeder Arbeit und Anstrengung und die Spaziergänge in den reizenden Gegenden von Giebichenstein das Wohlthätigste waren, weiss ich nicht, aber ich musste doch am Ende der Kur eine Besserung meines Zustandes anerkennen. Ich blieb bis zum Herbst in Halle, und erfuhr von der Familie des Kapellmeisters Reichardt, die mich eigentlich zu der Reise dorthin bestimmt hatte, die herzlichste Freundschaft. Reichardt war bei manchen Eigenheiten und einem starken Selbstgefühl ein Mann von leicht bewegtem, edlem Herzen. Unter seinen musikalischen Erzeugnissen stelle ich die Kompositionen zu Göthe's Liedern oben an. Wer sie von den [179] Gliedern seiner Familie hat vortragen hören, hat sie vielleicht erst in ihrem ganzen Werthe kennen gelernt. Bei dem jetzigen Geschmack für eine Musik, die nicht Reitze genug anhäufen kann, Mozart's Werke nur im Ganzen für schön, im Einzelnen für längst übertroffen hält, sind diese Kompositionen meist zurückgestellt; einem einfachen Geschmack, der die natürlichen Früchte lieber, als den siebenmal abgezogenen Geist geniesst, und in den überfüllten Blumen eher einen krankhaften Trieb, als eine Schönheit erkennt, sagen sie vielleicht wieder zu.

Die Theilnahme an den grossen Ereignissen jenes Sommers war allgemein: es war in jener Periode das Letztemal, wo die Hoffnung einer Befreiung aufleuchtete. Der Kriegsschauplatz war nicht so sehr fern, das Korps des Herzogs von Braunschweig-Oels und eine Abtheilung der Schill'schen Husaren zogen nacheinander durch Halle. Ich sah den Herzog auf dem Markte halten, und seine ernsten von den weissen Augenbraunen beschatteten Züge sich ein wenig erheitern, als er einem Bürger, den er von seinem früheren Aufenthalte in Halle her kennen mochte, die Hand vom Pferde herab reichte. Damals schien er bei seinem Abzuge uns Allen verloren, aber er hatte recht gehabt, dem Glücke zu vertrauen, und er glich dem Muthigen, der bei dem Sturm sich aus dem Schiff herab ins Meer wirft, und von den Wellen glücklich an's Ufer getragen wird. Nachdem der unglückliche Friede abgeschlossen war, schien Alles verloren und die französische Gewalt das feste Land von Europa auf eine Weise zu umstricken, dass man glauben musste, es dürfe ohne ihren Willen fortan kein Glied mehr sich frei bewegen. Allein mitten in solchem Zustande völliger Hoffnungslosigkeit, der, gewöhnlicher Ansicht nach, keinen Zweig [180] mehr darbietet, nach dem der Herabstürzende greifen kann, ersteht in dem menschlichen Herzen das Vertrauen auf Gottes Beistand; das Aeusserste das eingetreten ist, scheint zugleich der Anfang einer bessern Zeit, und man fühlt sich von der Sorge befreit, nachzusinnen, auf welchem Wege die Hülfe kommen werde. Im Spätherbste reiste ich nach Berlin, Achim von Arnim zu besuchen, den wir schon früher hatten kennen lernen und dessen liebevolle Gesinnung zu allen Zeiten unverändert geblieben ist. Berlin war damals stiller und einsamer als je, das königliche Haus noch in Königsberg, nur die Kurprinzessin, jetzige regierende Kurfürstin von Hessen, bewohnte einen Theil des Schlosses. Ich sah in ihrem Vorzimmer das von Burg gemalte Bild des kleinen Prinzen, der in kindlichem Spiele eine weisse Fahne muthig aufrecht hielt, in welcher kein Wappen mehr war, gleich als wolle er es von neuem erobern; mir gefiel dieser sinnvolle Gedanke, aber nur meiner Wünsche dabei war ich gewiss. Mich trieb hessische Anhänglichkeit, der Kurprinzessin persönlich meine Verehrung zu bezeigen, und diese erhabene Frau, durch Geist und reiche Bildung ebenso ausgezeichnet, als durch Adel der Gesinnung hat sich hernach bei der Wiederherstellung gegen mich und die Meinigen allzeit gnädig erwiesen. So trübe damals die Aussicht in die Zukunft war, so erinnere ich mich doch mit Vergnügen der in Berlin zugebrachten Monate und selbst der fröhlichsten Stunden. Ein gutes Naturell verläugnet sich auch unter solchen Umständen nicht, und nur als Beispiel nenne ich Buttmann, dessen hessische Lebendigkeit gewiss in den glücklichsten Zeiten sich nicht steigern konnte.

Auf dem Rückwege durch Weimar, am Schlusse des Jahrs, ward mir das Glück zu Theil, Göthe zu sehen. Noch [181] deutlich bin ich mir der Stimmung bewusst, mit welcher ich zum erstenmale sein Haus betrat, und über die bequeme Treppe und das oft beschriebene Salve in sein Zimmer gelangte. Jemand, den wir früher oft und genau in mannigfachen Bildern angesehen, ist uns nicht fremd und überrascht uns doch; in der Wirklichkeit liegt noch eine Macht von der die Kunst nichts weiss. Er äusserte Theilnahme für die Bemühungen zu Gunsten einer lang vergessenen Litteratur und Geneigtheit, sie zu unterstützen, wie mir denn auch späterhin durch seine Fürsprache die Benutzung einiger Codd. der dortigen Bibliothek gestattet wurde. Ich bin während meines Aufenthalts in Weimar, wo Madame Schoppenhauer ein ebenso glänzendes als angenehmes Haus machte, und mich auf das gütigste empfieng, noch einigemal bei Göthe gewesen, habe ihn in der Eigenthümlichkeit seines Wesens gesehen, seine Rede gehört. Ich glaube, ihn selbst gesehen zu haben, ist zu dem Verständniss seiner Gedichte ungemein förderlich. In ihnen ist dieselbe Mischung der grossartigsten, reinsten und edelsten Natur, die ein sinnvoller Mensch sogleich anerkennt und verehrt, und jener höchsteigenthümlichen, besondern Bildung, deren Gang man nur zuweilen erräth. Erregt doch auch der wunderbare Blick seiner Augen ebensowohl das vollste Zutrauen, als er uns ferne von ihm hält. Wenn in einer Zeit eine nationelle Gesinnung herrscht, mag es von geringerer Bedeutung sein, die Persönlichkeit des Dichters kennen zu lernen, der den Charakter des Volks in höchster Blüthe darstellt; anders verhält es sich, wo eine solche Nationalität fehlt und ein Geist, je grösser er ist, desto freier und kühner, innern, unausmessbaren Bedürfnissen gemäss sich entwickelt und bei höherem Aufsteigen immer einsamer sich fühlen muss. Man findet [182] diese Einsamkeit, meine ich, in den meisten seiner Werke, und das Ansprechendste und Einleuchtendste mit dem Seltsamsten und Fremdartigsten verbunden. Aus diesem Verhältniss wird auch das Verlangen unserer Zeit gerechtfertigt, die Geschichte der Bildung eines ausgezeichneten Mannes zu erfahren, die oft das Verlangen nach dem unmittelbaren Genuss seiner Werke übersteigt.

Das Jahr 1809 kann ich als den Wendepunkt betrachten, wo meine Genesung anfieng. Sie schritt jedoch nur langsam vorwärts, und die Anfälle von Herzklopfen kehrten zurück, wiewohl seltner und minder heftig; doch von Jahr zu Jahr fühlte ich mich besser, und etwa im Jahre 1815 schien mir der Zustand meiner Gesundheit im Vergleich zu dem früheren selbst ein Wunder. Der kurze Athem, der Druck auf der Brust war nach und nach verschwunden, ich konnte frei und tief athmen, mich an einem von Beängstigung erlös'ten Schlaf erquicken und schon während ich sonst unfähig war, eine Seite laut abzulesen, eine Stunde lang, ohne Beschwerde sprechen, selbst mit verstärkter Stimme vorlesen. Auch äusserlich erholte ich mich, dass wer mich früherhin bleich und auf das äusserste abgemagert, wie ich war, gesehen hatte, mich kaum wieder erkannte. Mit dem Gefühl, als sey mir das Leben nochmals geschenkt, lernte ich jetzt erst die Umgebungen von Kassel, die so schön und mannigfach sind, auf Spaziergängen kennen. Nur mehrere Stunden gehen durfte ich nicht, wenn das Herz nicht in ungewöhnliche und doch ängstliche Bewegung gerathen sollte, und auch jetzt darf ich es nicht wagen, so dass das Uebel wohl beruhigt, doch nicht gehoben scheint.

Das Ende der französischen Herrschaft nahte im Jahre 1813 heran. Die Bewegung der Maschine stockte in den [183] letzten Tagen nach und nach, die Reste der Gewalt machten keinen Eindruck mehr, nur Gewohnheit und Sitte dauerten fort und erhielten die Ordnung. Seltsam wie in solchen Augenblicken, wo die Spannung nachlässt und geistig die Luft umschlägt, die Aussenwelt daran Theil zu nehmen scheint: die Linien der Berge und Gegend, selbst die Formen der Gebäude zeigen sich unserm Blick verändert, oder in einer fremdartigen Beleuchtung. Als schon die Lage der Dinge bekannt war, ein oder zwei Tage vor seinem Abzug, ritt der König noch einmal mit glänzendem Gefolge, wie gewöhnlich, und ziemlich langsam durch die Strassen. Vor dem Fenster, hinter welchem ich stand, stürzte, als er vorbei war, einer von den rothen französischen Husaren, welche die militärische Bedeckung übernommen hatten, er ritt zurück, hielt still, und ich konnte ihn genau betrachten. Auf seinem gelben, italiänisch feinen Gesicht war eine künstliche Kälte und in seinem ganzen Wesen Sorgfalt für äussere Haltung ausgedrückt. Er ertheilte Befehle und wendete sich, ohne weitere Theilnahme zu zeigen, wieder ab. Der Verlust der im Traume gewonnenen Krone mag ihm verdriesslich gewesen seyn. Schmerz kann er, der seinen Unterthanen absichtlich gewiss nichts böses zufügen wollte, aber wie ein wirklicher Fürst kein Wohlwollen für sie fühlte, nicht eigentlich empfunden haben; ohnehin war er an den Wechsel des Geschicks gewöhnt. Als auf seiner Flucht zwei seiner Begleiter, die neben dem Wagen herritten, einen Refrain aus der alten Oper Hieronymus Knicker, der auf sein Schicksal nicht übel passte, in lustiger Laune absangen, erkundigte er sich nach dem Inhalte des Gesanges und lachte selbst mit, als ihm das Orakel so schicklich als möglich erklärt wurde, das er freilich, da er kein Deutsch gelernt, [184] niemals vernommen hatte. Die Wiederherstellung von Hessen ist von uns allen mit der reinsten Freude gefeiert worden und ich habe niemals etwas Bewegenderes und Ergreifenderes gesehen als den feierlichen Einzug der fürstlichen Familie. Das Volk zog die Wagen nicht mit einem tobenden, für den Augenblick erregten Eifer, sondern wie Jemand, der ein lang entbehrtes, von Gott wieder gewährtes Gut in die Heimath zurückführt. Mir schien in diesem Augenblicke, als könne keine Hoffnung auf die Zukunft unerfüllt bleiben.

Ich rücke der Gegenwart näher und würde mich schicklicher Weise kürzer fassen, selbst wenn es nicht meine Absicht wäre, bloss einzelne Erinnerungen aus meinem Leben mitzutheilen. Die damaligen Ereignisse hatten auch auf meine Familie Einfluss. Zwei Brüder kamen nach langer Abwesenheit aus der Ferne zurück, um den Feldzug mitzumachen. Der Maler trat als Offizier in ein Regiment ein und die Besorgniss, dass eine leichte Verwundung ihn für seinen Beruf unfähig machen könne, kam ihm doch kleinlich vor. Jakob gieng bald zu der Gesandtschaft in's Hauptquartier ab, und ich blieb mit der Schwester allein zurück, ich könnte sagen in dem mütterlichen Hause, denn es schien uns beiden Aeltesten, als hätten wir die Pflicht, die Verbindung der ganzen Familie fortwährend zu erhalten.

Zu Anfang des Jahres 1814 bewarb ich mich um die zweite Bibliothekarstelle an der Bibliothek im Museum, die vakant war. Ich glaubte dazu nicht ungeschickt zu seyn, und was mir fehlte, durch Fleiss und Neigung zu diesem Amte zu ersetzen. Der geheime Hofrath Strieder, der an der Spitze der Bibliothek und bei dem Kurfürsten sehr in Gunst stand, ein Mann von redlicher, aber finsterer und [185] bitterer Gesinnung (er hatte aus Hass gegen die Franzosen während ihrer Anwesenheit, also sieben Jahre lang keinen Fuss aus seinem Hause gesetzt und konnte, ohne heftig zu werden, sie nicht nennen), rieth mir, um die Stelle bloss mit dem Titel eines Bibliotheksekretärs zu bitten, weil der Kurfürst, der nöthigen Ersparnisse wegen, den Bibliothekars-Gehalt zu ertheilen nicht geneigt sey, und sonst die ihm nicht sehr dringend erscheinende Besetzung der Stelle aufschieben möchte: in der Sache mache dies keinen Unterschied, und bei der ersten Gelegenheit werde sich meine Stellung verbessern. Dieser Rath war so gut als eine Entscheidung; meine Bitte ward nun schnell erfüllt und am 15. Febr. trat ich mein Amt an. Mit dem ersten Bibliothekar, Oberhofrath Völkel, stand ich von Anfange in dem besten Vernehmen, er war reich an Kenntnissen, von gemässigtem, freundlichem Charakter, und hat mich niemals anders als kollegialisch behandelt, alle Geschäfte der Bibliothek wurden ebenfalls gemeinschaftlich besorgt. Als Völkel, die Antikensammlung zu reklamiren, nach Paris gesendet wurde, blieb mir die Verwaltung der Bibliothek, selbst die Auswahl der anzukaufenden Bücher, eine geraume Zeit allein überlassen. Nach Strieder's Tod, der schon im Jahre 1815 erfolgte, würde ich vorgerückt seyn, aber mehr werth als eine Beförderung, war mir die Hoffnung, dass mein Bruder, der die diplomatische Laufbahn aus mehr als einem Grunde zu verlassen sehnlich wünschte, die Stelle erhalten könnte. Wir waren bisher nie getrennt gewesen und entschlossen, solange es in unsern Kräften stehe, beisammen zu bleiben, aber ein solches gemeinschaftliches Amt erfüllte unsern liebsten Wunsch. Fast gegen Erwartung wurde die Bitte gewährt. Dankbar haben wir die glückliche Zeit genossen, [186] wo wir eine willkommene und belehrende Beschäftigung in dem pünktlich verwalteten Amte fanden, daneben Musse zum Studieren und zur Ausführung mancher litterarischer Pläne. Wir dachten nicht, dass wir je diese Stellung aufgeben würden, und Anträge, dieses zu thun, selbst solche, die uns nicht getrennt haben würden, wie viel glänzender auch die äussere Lage dabei gewesen wäre, haben wir ohne langes Bedenken abgelehnt. Wir haben sie auch niemals benutzt, um eine Gunstbezeugung ausser der gewöhnlichen Ordnung zu veranlassen, und hegten keine andere Hoffnung als dass wir einmal in beide Bibliothekarstellen mit dem damit bisher verbundenen, mässigen Gehalte eintreten würden, auf den unsern Vorgängern wohl ohne Ausnahme bewilligten höhern Rang und Titel machten wir weder Rechnung noch Anspruch. Dass diese, wie ich glaube, nicht unbescheidene Hoffnung, die in der Regel jedem erfüllt wird, auf dessen Leben und Amtsführung kein Tadel haftet, uns getäuscht hatte, zeigte sich, als nach Völkels Tode, dessen Stelle einem Gelehrten übertragen wurde, dem anderweitige Beschäftigungen vielleicht eben so wenig als seine Neigung gestattet hatten, sich irgend mit bibliothekarischen Arbeiten zu befassen. Ich bin 14 Jahre bei der Bibliothek gewesen und hätte, wenn ich nach der allgemeinen Sitte die französische Zeit hinzurechne, 21 Jahre im Dienste seyn können. Bei der Bibliothek war in dieser Zeit das ganze Personal, das ich bei meiner Anstellung gefunden, gestorben. Verlassen habe ich sie am 2. Nov. 1829.

Ich bin seit dem 15. Mai 1825 verheirathet mit Henriette Dorothea Wild, und habe niemals aufgehört, Gott für das Glück und Segensreiche der Ehe dankbar zu seyn. Ich habe meine Frau schon als Kind gekannt, und meine Mutter [187] hat sie als ihr eigenes geliebt, ohne dass sie dachte, sie könnte es jemals werden. Sie ist eine Urenkelin von Johann Matthias Gesner, der eine der ersten Zierden der hiesigen Universität war, und dem Ernesti, in der einfachen Lebensbeschreibung das schönste Denkmal gesetzt hat. Ges ner's Tochter war mit dem Professor Huber, der von hier aus einem Rufe nach Kassel folgte, verheirathet. Sie hatte, nach einem guten Miniaturbild zu urtheilen, noch in ihrem Alter lebendige, ausdrucksvolle Züge, und noch vorhandene, lateinische Briefe, die sie an den Vater schrieb, beweisen ihre gelehrte Bildung, die man der einzigen Tochter eines ausgezeichneten Philologen wohl vergönnt. Auch von ihrer Mutter besitzen wir noch ein werthgehaltenes Andenken, das ich wohl als ein Beispiel einfacher Sitten anführen darf: ein Tafelzeug von der feinsten Art, welches sie mit eigenen Händen hier gesponnen hat. Als ihre Enkelin, die Mutter meiner Frau, mit ihrem Bruder, dem vor etwa zehn Jahren verstorbenen Geheimenhofrath Huber, der vom Vater Anhänglichkeit an Göttingen geerbt hatte und sich Blumenbach's Freundschaft erfreute, nach dreissig oder mehr Jahren wieder einmal hierher kam, erinnerte sie sich bei dem Anblick der Bibliothek deutlich, wie sie als kleines Kind auf den Stufen der Treppe in der Nähe des Brunnens gesessen und in einem von dem Grossvater (der quer gegenüber wohnte), erhaltenen Buche gelernt habe. Sie war mit Hrn. Rudolph Wild, Apotheker zur goldenen Sonne in Kassel, verheirathet, dessen menschenfreundliche, mildthätige Gesinnung, noch jetzt, nachdem er schon fünfzehn Jahre todt ist, bei vielen Bewohnern Kassel's im Andenken steht.

Mir wurde im April 1826 ein Knabe geboren, der von meinem Bruder den Namen Jakob erhielt; das liebe Kind [188] starb schon im Dezember selben Jahres und liegt neben meiner Mutter begraben. Der Zweite, im Januar 1828 geboren, ward nach dem mütterlichen Grossvater Hermann, nach dem väterlichen Friedrich genannt. Der Dritte ist hier, im März 1830 zur Welt gekommen und ein neues Band, das mich an Göttingen knüpft. Er heisst Rudolph, nach meinem Schwager, dem Obermedizinalassessor Dr. Wild in Kassel, ebenso hiess aber auch dessen Vater und Grossvater (welcher aus Bern nach Kassel gezogen war und den das Heimweh früh in's Grab gebracht hatte); Georg heisst er nach Hofr. Benecke, dessen bewährter Freundschaft wir es verdanken, wenn wir uns bei unserer Ankunft hier nicht fremd fühlten; Ludwig nach meinem Bruder, dem Maler, und dem Obergerichtsrath Hassenpflug in Kassel, mit welchem unsere einzige Schwester verheirathet ist.

Möge etwas von dem Geiste Gesner's auf meine Kinder übergehen! Treue Ergebenheit für das neu erworbene Vaterland, fühle ich, ist sehr wohl vereinbar mit fortwährender Theilnahme und Zuneigung für das angeborne, und ich werde die wohlwollende Aufnahme in Göttingen so wenig vergessen, als die rührenden Beweise herzlicher Freundschaft und Liebe, die ich und die Meinigen bis zu dem letzten Tage in Kassel empfangen haben.

Quelle:
Grimm, Wilhelm: Selbstschilderung. In: Deutsche Lehr- und Wanderjahre, Selbstschilderungen berühmter Männer und Frauen, II: Männer der Wissenschaft, Berlin 1874; S. 162–189., S. 162-190.
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