[207] Dachhauslaub, Sempervivum tectorum L. [Zorn pl. med. Tab. 124.] mit gefranzten Blättern und frei liegenden Wurzelsprossen. Dieses bekannte auf Dächern, Mauern und Felsen perennirende Kraut trägt seine grünröthliche Blume im Juli.

Der aus den dicken, rosenförmig beisammensitzenden Blättern (fol. sempervivi, sedi majoris) gepreßte schleimige Saft schmeckt wässerig und etwas salzhaft, und wird von starkem Weingeiste, wie alle Schleime, verdickt. Diesen frischen Saft hat man von jeher als ein wirksames, innerliches und äusserliches kühlendes Mittel, in Hals- und Mundbeschwerden, in Fiebern u.s.w. angepriesen. Durch Weingeist verdickt, wird er als eine Schönheitssalbe gebraucht.

Die Alten hießen dieß Kraut Donnerblatt und Donnerbart, weil die spitzigen Borsten seiner Blätter auf den Dächern, wie sie bemerkt hatten, das Einschlagen des Blitzes abhielten, und wie eine Menge Gewitterableiter wirkten, welches man auch leicht zugeben kann.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 207.
Lizenz: