Essigäther

[271] Essigäther (Aether aceti, Naphta aceti), ist jene feine, leicht entzündliche Flüssigkeit von bitterlichem Geschmacke und einem dem alten Rheinwein ähnlichem Geruche, welche von 0,812 spezifischem Gewichte gleich einem ätherischen Oele von besondrer Natur auf dem Wasser schwimmt, und von ihm in einem Verhältnisse wie 3 zu 7 aufgelöst wird.

Man erhält ihn, wenn man ein Gemisch von zwei Unzen Vitriolöl und vier Unzen höchst verstärktem Weingeiste vier bis sechs Tage wohlverstopft stehen läßt, dann in einer tubulirten mit ihrer angekütteten Vorlage versehnen Retorte auf vier Unzen wohlgetrocknetes und gepülvertes Sodaessigsalz, oder, wenn man mit Behutsamkeit zu verfahren weiß, auf vier Unzen wohlgetrockneten und zerriebnen Bleizucker gießt, und vier Unzen Flüssigkeit davon abzieht, aus der sich durch etwas damit vermischtes Wasser der Aether oben aus begiebt und durch Neigung des Gefäses absondern läßt.

Auf den Rückstand kann man noch ein Paar mal etwa zwei Unzen Weingeist gießen, und jedes mal zwei Unzen versüßten Essiggeist herüberziehen.

Die erquickenden, Kräfte erhebenden, Schmerz und Krampf stillenden Tugenden dieser vortreflichen Flüssigkeit, des Essigäthers, scheinen ausser Zweifel gesetzt zu seyn.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 1. Teil, Leipzig 1793, S. 271.
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