Giftwütherich

[360] Giftwütherich, Cicuta virosa, L. [Zorn pl. med. T. 466.] mit Blumenschirmen, den Blättern gegen über, und Blattstielen mit häutiger, stumpfer Einfassung, eine drei bis vier Fuß hohe perennirende Pflanze an Gräben und Sümpfen, welche im August blühet.

Das durch Trocknen fast ganz geruch- und geschmacklos (unkräftig?) werdende Kraut besitzt, wie die noch stärkere, milchende, geringelte, an den Ringen reihenweise mit rundlichen Punkten besetzte Wurzel (hb. rad. cicutae aquaticae, cicutae), vorzüglich gequetscht, einen durchdringenden, zwischen Gurkendill und Selerieeppich inne stehenden Geruch und nicht unangenehmen petersilgartigen Geschmack. In frischem Zustande ist dieses Gewächs eins der giftigsten Deutschlands, und wird jetzt blos in einem Pflaster gegen verhärtete Drüsen angewendet.

Die Alten brauchten dieß Kraut frisch zerquetscht gegen alle Arten von Verhärtungen der Drüsen äußerlich auf Kröpfe, krebsichte Brustknoten, ja selbst auf einige Krebsgeschwüre, verhärtete Milz und Leber, so wie auch in strophulösen Augenentzündungen, auf Gichtgeschwülste (so wie noch jetzt in Kamtschatka), und überhaupt wo Entzündungen zu stillen waren. Zur Milchzertheilung auf die Brüste. Versteht sich, daß in allen diesen Fällen Behutsamkeit erforderlich ist.

Die getrocknete Wurzel gaben einige der ältern Aerzte gegen Drüsenverhärtungen innerlich, sogar gegen Ruhren. Was hievon nachzuahmen sei, wird die Nachkommenschaft bestimmen; ich erinnere, daß bei Bereitung des Extraktes schon fast alle Kraft beim Siedepunkte des Wassers verloren geht, und es daher erforderlich Falls blos im kalten Luftzuge bereitet werden müsse. Das beste Gegengift scheint ein wirksames Brechmittel, starker Kaffee, und zuletzt Wein zu seyn.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 360.
Lizenz: