Lerchenfichte

[23] Lerchenfichte, Pinus Larix, L. [Zorn, pl. med. tab. 89.] mit bündelweise stehenden, weichen, ziemlich stumpfen, abfallenden Blättern, und eiförmig länglichten Zapfen, woran die Deckblättchen außer den eiförmigen, am Rande rauhen und zerrissenen Schuppen hervorragen, ein auf den hohen Gebirgen von Europa z.B. Böhmen, Schlesien, Kärnthen, Steiermark, Tyrol u.s.w. einheimischer, schnellwachsender Baum, welcher Anfangs Aprils vor Ausbruch der Blätter blüht.

Das aus den angebohrten oder angehauenen Stämmen durch die Rinde fließende weiche Harz, (Terebinthina larigna), welches, da es nicht durch die Venetianer allein in den Handel gebracht wird, uneigentlich venetianischer Terbenthin (Terebinthina veneta) genannt wird, sammelt man jetzt am häufigsten in Dauphine', Savoyen, Tyrol, so wie in der Gegend von Jägerndorf und Teschen im österreichischen Schlesien.

Er hat die Dicke eines Sirups, ist sehr klar, durchsichtig, von weißlicher, blaßgelber Farbe, beißend erhitzendem, bitterlichem Geschmacke[23] und harzigem, etwas zitronartigem, auffallendem Geruche. Er ist weniger scharf als der gemeine Terbenthin ( Kienfichte) und wenn er frisch ist, weniger zähe, als dieser.

Er besitzt, wie ähnliche Balsame, erhitzende und reizend harntreibende Kräfte; daher sein behutsamer innerer Gebrauch in der Gicht leukophlegmatischer Personen, und in wäßerigem Nachtripper, und sein äußerer als Klystier bei der Diarrhöe der Lungensüchtigen, und in schlaffen Geschwüren als Reiz- und Stärkungsmittel.

In der wässerigen Destillation erhält man 1/6 bis 1/4 eines feinen, hellen ätherischen Oels (Ol. terebinthinae, unrichtig Spiritus terebinthinae,) welches nochmals mit Wasser übergetrieben Ol. tereb. aethereum genennt wird. Bei seinem innern Gebrauche zu wenigen Tropfen gegen Gichtbeschwerden muß man auf seine ungemein erhitzende Kraft Rücksicht nehmen, so wie beim Gallenstein und der daher rührenden Gelbsucht, wo es am besten mit Vitrioläther zu gleichen Theilen gegeben wird. Aeußerlich wird es in Stichwunden der verletzten Sehnen und Nerven mit großem Nutzen warm eingegossen, so wie beim Amputiren zum Blutstillen, zur Zertheilung der Sackgeschwülste und Ueberbeine, und zur Hemmung des Brandes.

Die Blätter dieses Baums schwitzen zeitig im Frühlinge in südlichen Gegenden, eine Manna (Manna laricea, brigantina) in koriandergroßen Körnern aus, welche eine geringere Abführungskraft als die gewöhnliche Manna ( Mannaesche) besitzt, und fast nicht gebraucht wird.

In Rußland bedient man sich statt des arabischen Gummis des aus dem Innern des Stammholzes der Lerchenbäume, wenn sie bis auf das Mark verbrannt werden, ausschwitzenden Gummis (Gummi Orenburgense), welches auf diese Art in den Lerchenwäldern der Uralischen Gebirge gewonnen wird, und daher besser Uralisches oder Lerchengummi (Gummi Laricis, Uralense) genannt wird. Es ist hart, röthlich, mäßig durchsichtig, etwas weniger zähe als das arabische, von Geschmack etwas harzig, und doch völlig im Wasser auflöslich. Es soll zur Befestigung des Zahnfleisches, als antiskorbutisches und als nährendes Mittel Dienste leisten, außer seiner Anwendung statt des arabischen Gummis.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 23-24.
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