Obstkirsche

[143] Obstkirsche, Prunus Cerasus, L. [Blackwell, herb. tab. 449.] mit etwas gestielten Blumentrauben und glatten, ovallanzetförmigen zusammengefaltenen Blättern, ein bekannter Baum.

Man findet in der Apotheke von der sauern Abart die getrockneten Kirschen (Cerasa acida siccata), wovon man den Absud in Gallfiebern zu verordnen pflegt. Den frischen Saft kocht man mit Zucker (12 gemessene Unzen des erstern zu 16 Unzen des letztern) durch einmaliges Aufsieden zum Rhob (Rhob, Syrupus cerasorum) zu gleichem arzneilichen Behufe. Von den sauern, und einigen andern Kirschsorten werden die gestoßenen Kerne (Nuclei cerasorum) zur Destillation des Kirschwassers, eines dem Lorberkirschwasser an Arzneikräften ähnlichen Produkts, angewendet; die Alten wendeten die ganz zerstoßenen Vogelkirschen (w.s.) auch wohl andre Kirschen unnütziger Weise dazu an. Selbst die Stiele (stipites, s. pedunculi cerasorum) welche styptischen Geschmacks sind, pflegt man aufzubewahren und in Abkochungen gegen Stockschnupfen, völlig empirisch, zu verordnen. Aus der geborstenen Rinde der ältern und kränklichen, allzu feucht stehenden Kirschbäume dringt oft in ziemlicher Menge ein geruch- und geschmackloses Gummi (Gummi Cerasorum) aus, welches öfterer braun und gelb, als weiß ist. Es ist von geringer Gummikraft, und kann weit weniger Wasser zu dicklichem Schleime sättigen, als arabisches Gummi, und noch weit weniger als Traganthgummi, Gummi.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 143.
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