|
[158] Oele, bränzlichte, oder empyrevmatische (Olea empyrevmatica, foetida, adusta) sind durch trockne Destillation aus gewächsartigen und thierischen Substanzen gezogene Oele von brandigem unangenehmem Geruche, scharfem, bitterlichem Geschmacke, dunkler Farbe und dicklicher Konsistenz, welche sich größtentheils in Weingeiste auflösen; sie sind aus mehrern Grundtheilen der rohen Substanz zusammengesetzte und durch die Hitze veränderte Produkte.
Die noch in Apotheken hiezu gebräuchlichen Stoffe sind, aus dem Pflanzenreiche die fetten Oele, der Weinstein, das Guajakholz, das Benzoeharz, das Mutterharz, aus dem Thierreiche Hörner, Knochen, Blut, außerdem Wachs und Seife.
Zu dieser Absicht werden die trockenen Dinge nur so blos, zerkleint angewendet, einige der andern Substanzen aber vorbereitet; das Blut wird vorher eingekocht, die im Feuer aufschäumenden Dinge hingegen, das Wachs, das Galbanum und die Seife mit einer trocknen Substanz, am besten mit gelöschtem Kalke vermischt, ein Zusatz, den man auch am besten zum Baumöle nimmt, um das sogenannte Ziegelöl (oleum laterum, lateritium, Philosophorum) zu destilliren.
Zu letzterer Absicht werden vier Theile zu Pulver gelöschter Kalk mit einem Theile Baumöle angeknetet, und die daraus geballten Kugeln in einer eisernen Retorte destillirt, bis nächst dem Phlegma alles Oel übergetrieben ist. Daß in ältern Zeiten statt des Kalkes heißgemachte und mit Baumöl getränkte Ziegelsteine dazu genommen wurden, verschafte dem Produkt den Namen Ziegelsteinöl.
Von dem Uebergegangenen wird das Oel abgenommen, und in ein mit Wasser genetztes und ausgedrücktes doppeltes Fließpapier geschüttet, worein, wenn sich alle Feuchtigkeit eingezogen hat, in der Spitze ein Loch mit einer Nadel gestochen wird, um das Oel in ein schickliches Gefäß durchlaufen zu lassen. Man kann es nachgehends noch mehrmals mit reinem Wasser schütteln, und so von allem Salzhaften waschen.
Uebrigens ist die Art, die trocknen Substanzen, Guajakholz, Knochen, und Hörner zu destilliren mit derjenigen übereinstimmend, die ich beim Hirschhornöle (m. → Hirsch) angegeben habe.
Indessen glaube man nicht, wie uns mehrere Schriftsteller haben einbilden wollen, daß alles, was man bränzlichte Oele nennt, von einerlei Natur wäre. Die aus Gewächssubstanzen sind gar weit von den aus thierischen Substanzen übergetriebenen in ihrer innern Natur verschieden. Schon der Umstand, daß bei der Destillation der Gewächssubstanzen eine Gewächssäure (Holzessig), bei der der Thierfette Fettsäure, bei der[158] aus Knochen, vorzüglich aber Hörnern bloßes Ammoniaklaugensalz nächst dem Oele übergeht, läßt auf eine verschiedne Natur der bränzlichten Oele schließen, so wie der Erfahrungssatz, daß kein z.B. auf irgend eine Art kohobirtes Ziegelöl je wahres Dippelsches Thieröl hervorbringen wird.
Aus dem (vorzüglich frisch bereiteten) rohen Hirschhornöle wird das Dippelsche Thieröl (Oleum animale Dippelii) dergestalt (am besten im Winter) geschieden, daß man einen niedrigen Kolben bis zur Hälfte mit dem rohen Hirschhornöle anfüllt, und nach Aufsetzung des Helms bei höchst gelindem Feuer destillirt, (so daß der Helm kaum die Wärme der Hand erlangt) und aufhört, so bald das Uebergehende merklich gefärbt erscheint, dann den Kolben sorgfältig reinigt, und das Destillat mit etwas Wasser gemischt, nach wieder aufgesetztem Helme, nochmals so lange destillirt, als das übergehende Oel ungefärbt bleibt. Dieses schon im Hirschhornöle vorhandne und nur auf diese Art rein ausgeschiedne Thieröl hat einen besondern, höchst durchdringenden, obgleich nicht unangenehmen Geruch und Geschmack, ist höchst flüchtig, fein, leicht, wasserhell und wird von Weingeist und Essig völlig aufgelöst. Seine Leichtigkeit verhält sich zu der des guten Vitrioläthers, wie 455:446; es hinterläßt keinen Oelfleck auf Papier. Es muß aber alsogleich nach der Bereitung in kleinen völlig damit angefüllten Quentchengläsern, welche schon einige Tropfen Wasser enthalten, dergestalt aufbewahrt werden, daß man die zugepfropften und über der Mündung mit brennendem Siegellacke glatt überzogenen Gläschen (damit das Wasser das Oel abhalte, sich vom Korke zu färben) umkehre und so mit dem Halse in ein Geschirre voll Sandstelle, welcher mit Wasser übergossen ist, worin (damit es nicht faule) Alaun bis zur Sättigung aufgelöst worden ist. Verwahrt man es nachlässig, so daß es einige atmosphärische Luft einziehen kann, so wird es gar bald wieder dunkel und stinkend. Der Zutritt der reinen Luft scheint das Oel zu zersetzen, eine Art von langsamer Verbrennung, und Kohlenerzeugung.
Die aus dem Bernstein und aus dem Asphalt (m.s. Bernstein und Asphalt) bei der ersten, trocknen Destillation übergehenden, erdharzig stinkenden, braunen Oele, hat man ebenfalls unter die empyreumatischen gesetzt, wiewohl sie ihrer innern Natur nach gar sehr von jenen abweichen, indem beide weder im rohen, noch im rektifizirten Zustande vom Weingeist aufgelöset werden. Sonst werden sie im rektifizirten Zustande ebenfalls bald wieder braun und stinkend durch den Beitritt der reinen Luft.
Zu arzneilichem Behufe bedient man sich der bränzlichten Oele selten. Sie erregen allesammt den Blutlauf ungemein, das Thieröl ausgenommen, welches ohne Erhitzung ruhigen Schlaf, und gelinden Schweiß ohne Ermattung erregen soll; man hält in der periodischen Fallsucht viel auf dasselbe, verordnet es aber seiner Kostbarkeit[159] und seltnen Güte wegen nicht oft.
Die Alten bedienten sich des Ziegelöls als eines zertheilenden äußerlichen Mittels nicht ohne großes Zutrauen.