Polychrestsalz, Glasersches

[227] Polychrestsalz, Glasersches (Sal. polychrestum Glaseri) ein mit dem Stahlischen Schwefelsalz (Sal tartari sulphureus) übereinstimmendes, leicht auflösliches, federartig anschießendes[227] Neutralsalz aus flüchtiger Schwefelsäure und Potaschlaugensalz zusammengesetzt von stechendem, bitterlichsalzigem, und entfernt schwefelleberartigem Geschmacke, welches, mit Essig übergossen, den Dunst flüchtiger Schwefelsäure verbreitet, und sich in sechs Theilen Weingeist völlig auflöst, wenn es ganz rein ist. Dieß ist es aber selten, da es nicht nur an freier Luft sich bald zu Vitriolweinstein umändert, sondern auch schon bei der Auflösung, wenn das dazu angewendete Wasser Lebensluft enthält, zum Theil diese Aenderung erleidet.

Man hat verschiedene Bereitungsarten. Das mehrstündige Glühen und Umrühren einer potaschlaugensalzigen Schwefelleber, bis blankgefeiltes Silber in die Auflösung einer Probe davon getaucht nicht mehr gelb wird, die nachgängige Auflösung in Wasser, und das Abdampfen der durchgeseiheten Lange, und ihre Krystallisation gehören hieher, so wie zum Theil schon die Verpuffung gleicher Theile Schwefel und Salpeter, als die älteste, obgleich nicht vollkommenste Bereitungsart dieses Salzes.

Reinlicher noch ist indeß das Verfahren, wenn man vier Pfund starke Vitriolsäure auf ein Pfund zerklein ter Holzkohle in eine Retorte gießt, und den Hals derselben, an der Mündung mit Flor verbunden, in ein offenes zylindrisches Gefäß herabsteigen läßt, welches mit einer Auflösung von zwei Pfund Potaschlaugensalz in vier Pfund Wasser, nicht völlig angefüllet ist. Man erhitzet die Retorte allmählich. Die schweflichtsaure Luft dringt durch die Oefnungen des Flors in kleinen Blasen hervor, und sättigt so die alkalische Lauge. Sobald eine Probe von letzterer nicht mehr die Auflösung des Kalköls (der kochsalzsauren Kalkerde) trübt, ist die Sättigung geschehen. Die milchfarbichte Lauge wird bis zur Trockenheit inspissirt, das gepülverte Inspissat mit 6 bis 8 Pfund Weingeist ausgezogen, von dem aus Potaschkochsalze und Vitriolweinstein bestehenden Salzsedimente abgegossen und die weingeistige Lauge bis zur dicklichen, fast ölartigen Konsistenz durch Uebertreibung des Weingeistes abgedunstet, und zur Krystallisation an einen kalten Ort gestellet, in einem wohlbedeckten Geschirre. Um allen nachtheiligen Einfluß der Luft auf die Lauge beim längern Stehen zu vermeiden, müssen die Krystallen, sobald sie fest gebildet sind, aus der Mutterlauge entfernt, jähling durch Drücken zwischen Fließpapier getrocknet, und in einer wohlverstopften gläsernen Flasche zum Gebrauche aufgehoben werden.

Zu einem bis anderthalb Quentchen ist es ein gelindes wurmwidriges Laxiersalz, welches die Säure der ersten Wege tilgt, und in kleinerer Gabe die Ausdünstung befördert, besonders in Krätze, zurückgetriebnen Hautausschlägen, und, wie man versichert, auch in Wechselfiebern heilsam. Die Auflösung desselben zum Einnehmen bereitet, darf mit keiner Säure versetzt werden, da dieses Salz durch alle Säuren entmischt und die Schwefelsäure davon geschieden wird.[228]

Wegen seiner leichten Zerstörbarkeit an der Luft wird es schwerlich in ausgebreiteten Gebrauch kommen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 227-229.
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