Pottfischkachelot

[238] Pottfischkachelot, Physeter macrocephalus, L. [Iohnston, Pisc. tab. 41. 42.] mit floßlosem Rücken und einer Röhre im Nacken, ein etwa 60 Fuß langes, schwimmendes Säugthier im nördlichen Ozean zwischen Norwegen und Amerika mit zwei zurückziehbaren Brüsten und einem Kopfe, welcher an Größe und Dicke den dritten Theil des Körpers beträgt. Es lebt von der Sepia octopodia.

Größtentheils von diesem Thiere, wiewohl auch von andern Wallfischarten, erhält man den Wallrath (Sperma Ceti) eine im lebenden Thiere ziemlich dünnflüssige, rahmähnliche Substanz eigner Natur in einer besondern großen, dreieckigen, zellartigen Vertiefung äußerlich in den Kopfknochen und längst dem Rückgrate hineingeschlossen, die blos mit der Haut bedeckt ist, zuweilen in der Menge von zwanzig Tonnen in einem einzigen Thiere. An der Luft verhärtet der Wallrath zuerst zu einer schneeflockenartigen Substanz und unter der Bearbeitung zu der festen Masse, in der wir ihn kennen, wird aber vorher durch Waschen, Auspressen, Digeriren in einer alkalischen Lauge und Schmelzen von dem Blute, und thranigem Wesen gereinigt, ehe er Kaufmannsware wird. In Bordeaux nimmt man eine Art Seigerung damit vor, läßt ihn in einer Art von Zuckerhutformen geliefern, und das thranige Wesen aus der untern Oefnung absic kern. Auch aus dem Thrane dieser und andrer Wallfischarten scheidet sich flockenweise eine wallrathähnliche Substanz ab, die man künstlich absondert und zu wahrem Wallrath verarbeitet.

Er kömmt in ganz weißen, etwas durchscheinenden, sanft und schlüpfrig, aber nicht fettig, anzufühlenden glänzenden zerreiblichen, scheibenähnlichen Stücken zu uns, die aus Blättchen zusammengesetzt[238] zu seyn scheinen, von einem besondern, etwas unangenehmen Geschmacke und einem eignen wildpretartigen Geruche. Er muß, um diese Güte zu behalten, in wohl verstopften Flaschen vor dem Zugange der Luft verwahrt werden, weil er sonst gelblicht und thranigranzicht von Geruche wird.

Diese eigenartige Thierfettsubstanz wird vom Vitrioläther fast ohne Rückstand aufgelöst, scheidet sich aber, ruhig stehen gelassen, krystallinisch wieder heraus; sie löset sich in fetten und ätherischen Oelen auf; ruhig löset sie sich in konzentrirter Vitriolsäure auf, scheidet sich aber, wie der Kampher, durch Zusatz von Wasser wieder heraus; die ätzenden Laugensalze lösen sie auf zu einer Seife, die bis zur Sprödigkeit hart wird. Weingeist löset den Wallrath nicht auf, sondern ziehet in der Digestion ein wenig feines Oel heraus, welches etwa ein Achtel des Ganzen beträgt, und giebt wahrscheinlich ein Mittel ab, den Wallrath von dem ranzichtthranigen Wesen zu reinigen.

Das betrüglich zugemischte Wachs erkennt man theils an der Textur und der mattweißen Farbe, theils aber und genau bei der Auflösung in Aether, wo das Wachs ein weißtrübes Gemisch bildet, oder durch Kochen in kaustischer Lauge, wo das Wachs sich unaufgelöst abscheidet, wenn man die entstandne Wallrathseife in Wasser auflöst.

Die Alten rühmten den Wallrath, innerlich gegeben, gegen den Husten, und gegen scharfe Feuchtigkeit im Magen und den Gedärmen bei Durchfällen und Ruhr. Man will aber Erschlaffung der Lungen und stärkere Engbrüstigkeit davon wahrgenommen haben. Man giebt diese ekelhafte, fast nie von einiger Ranzigkeit freie, ziemlich entbehrliche Substanz theils in Pulver, erst mit einem Tröpfchen Mandelöl (der leichtern Pülverung wegen), dann mit einem Zusatz von Zucker abgerieben, theils mit Eidotter zur Emulsion, theils auch in Mandelöl aufgelöst.

Aeußerlich zu lindernden Salben ist er am dienlichsten; so wie ihn auch der Luxus zu schönen Lichtern umschafft. Noch findet man in diesen Thieren, vorzüglich aber in den kränklichen und matten, eine ambraähnliche Substanz (die doch nicht von der Farbe und dem guten Geruche des aus dem Meere gefischten grauen Ambras ist) wie man sagt in eignen Beuteln, welche mit den Nieren und der Ruthe zusammen hängen sollen, Ambra, grauer.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 1. Teil, Leipzig 1798, S. 238-239.
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