Quittenbirne

[24] Quittenbirne; Pyrus Cydonia, L. [Zorn, pl. med. tab. 306] mit einfachen, ganz glattrandigen Blättern und stiellosen Blüthen, ein niedriger, krummästiger Baum, aus Kandien gebürtig, und in unsern Gärten auf feuchtem Boden eingewohnt, mit großer röthlich weißer Blume.

Die gelben, wolligen, erquickend riechenden Früchte (Cydonia cotonea) werden, je nachdem sie mehr klein und rund, Quittenäpfel, oder mehr länglicht und größer sind, Quittenbirnen genannt, und enthalten innerhalb eines harten Fleisches ein fünffächeriges Samenbehältniß voll Samen (Quittenkörner Sem. cydoniorum) die, von der Gestalt der Aepfelkerne, unter einer braunen Haut ein weißes Mark enthalten, welches aus der Hälfte seines Gewichts Schleim besteht. Ein Theil dieser Samen macht vierzehn Theile Wasser zum dicken, geschmacklosen Schleime, wenn man Samen und Wasser zusammenstößt und selbst 48 Theile kochenden, damit infundirten Wassers zum zähen Schleime von eiweißartiger Konsistenz; doch giebt der ganze Samen blos mit dem kalten Wasser einige Zeit zusammengeschüttelt, ein farbeloseres Gummi. Man bedient sich desselben theils zur Auflösung der Gummiharze in Wasser, z.B. des Ammoniakgummis, theils und vorzüglich zu äußern Behufen zur Linderung und Schmeidigung wunder, schmerzhafter Theile an aufgesprungene Mundlippen, aufgesogene Brustwarzen, auf verbrannte hautlose Stellen, in Augenwassern, u.s.w.

Das frische harte Fleisch der Quitten enthält einen schrumpfend und herbe schmeckenden Saft, welcher aus einer noch nicht untersuchten eigenen Abart der Gewächssäure (Herbsäure könnte man sie nennen) besteht, die ungeachtet ihrer stark zusammenziehenden Kraft, doch keine Dinte mit Eisenauflösungen bildet, in der Hitze aber behandelt, sich größtentheils in Süßigkeit umändert. Ausgepreßt und kalt mit Zucker versüßt wird dieser Saft in Gallenfiebern, mit Erbrechen und Durchlauf begleitet, sehr gerühmt; mit Eisenfeile digerirt, giebt er eine besondere Eisentinktur (Tinctura martis cydoniata); mit Zucker eingesotten aber einen zitternden Rhob (Quittenlatwerge, Rhob, Gelatina, Miva Cydoniorum, auch wohl pulpa Cydon. und Diacydonium lucidum simplex genannt) in gallichten Durchfällen gebräuchlich.

Das Fleisch selbst, von der Schale und den innern Saamenbehältnissen gereinigt, in Wasser weich gekocht, etwas abgetrocknet und mit einem warmen aus feinem Zucker bereiteten Sirup übergossen, bildet die eingemachten Quitten (Conditum Cydoniorum), nach dem Kochen aber durch ein Sieb gerieben und mit[24] halb so viel Zucker zur Konsistenz eines Teigs abgedampft, das sogenannte Quittenbrod (Panis cydonior um) beides mehr Leckereien als Arzneimittel.

Durchs Trocknen verlieren die Quitten fast alle Herbigkeit, so wie alle Zubereitungen derselben mit Hülfe des Feuers einen großen Theil ihres schrumpfenden Bestandtheils in Süßigkeit umändern.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 24-25.
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