Schmelztiegel

[161] Schmelztiegel (Crucibula, Tigilla) sind bekanntlich hohle, kegelförmige Gefäße von verschiedner Größe, welche der freien Gluth der Kohlen ausgesetzt werden, um die in ihnen enthaltenen Körper zu schmelzen, zu verkalken, u.s.w. Die gewöhnlichste Sorte, welche aus möglichst viel grobem Sande mit Thone vermischt gebrannt sind, kommen aus Großalmerode in Hessen; sie haben den Vortheil, daß sie ziemlich jählinge Abwechselungen von Kälte und Wärme ertragen, und einige Mittelsalze und die Metalle ungeändert im Fluß erhalten, nur nicht glasartige Substanzen, am wenigsten Bleiglas und feuerbeständige Laugensalze; von beiden leztern werden sie aufgelößt und durchbohrt. Ihnen kommen die in Waldenburg, Bürgel, Magdeburg und Skelen verfertigten bei.

Am besten werden die salzhaften Substanzen aller Art und selbst die Laugensalze von solchen Tiegeln gehalten (deren man sich auch in Glashütten bedient), welche aus ganz reinem, weißem, magerm Thone mit Zusatz von grob gepülverten Thonscherben ähnlicher Art, nicht gedreht, sondern in Formen geschlagen verfertigt sind. Doch vertragen sie nicht wohl eine jählinge Abwechselung von Kälte und Hitze, und müssen daher allmählich erhitzt und abgekühlt werden.

Nicht nur Salze aller Art, sondern auch Bleiglas vertragen im Flusse und im größten Feuer die als Schmelztiegel gebrauchten, steinzeugnen, sogenannten Waldenburger Büchsen (aus einer Art grauem Porzellain). Diese müssen aber sehr allmählich erwärmt und erhitzt, nach dem Gebrauche aber eben so langsam abgekühlt werden, weil sie sonst sehr leicht zerspringen.

In dieser Rücksicht scheint die zweite Sorte, die schwarzen Schmelztiegel, gewöhnlich Passauer oder Ypser Tiegel genannt, Vorzüge zu haben. Sie halten die schnelleste Abwechselung von Hitze und Kälte aus, und knicken nicht so leicht bei kleinen Stößen. Sie halten die Kupferschmelzhitze einige Mahl aus, und werden daher häufig von Messinggießern gebraucht. Sie sind so wenig hart, daß man sie mit dem Messer schneiden kann, und scheinen ausser Reißblei (w.s.) auch wenigstens 1/8 Thon in ihrer Masse zu enthalten. Sie werden nicht nur in Yps bei Regenspurg, sondern auch in Böhmischbroda und Procop in Böhmen und in Haffnerzell im Oesterreichischen bereitet. Indessen besitzen sie den Fehler, daß sie die darin geschmolzenen Metalle mit einer noch unbekannten Substanz verunreinigen und sie spröder machen, daß sie von mehrern Neutralsalzen mit vitriol- und salpetersauerm[161] Grundtheile und von der Schwefelleber angegriffen und zerstört werden, und etwas über der Kupferschmelzhitze so weich werden, daß man sie mit der Tiegelzange leicht zerdrücken würde, wenn man sie nicht vorher verkühlen ließe, ehe man sie aus dem Feuer nimmt. Der größten Sorte derselben bedient man sich auch, um kleine chemische, tragbare Oefen daraus zu verfertigen, da man die nöthigen Oefnungen und Vertiefungen leicht in dieselben einschneiden kann.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 161-162.
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