Schokolatkakao

[165] Schokolatkakao, Theobroma Cacao, L. [Zorn, pl. med. tab. 308] mit ganz glattrandigen Blättern, ein im südlichen Amerika einheimischer, an zwanzig Fuß hoher Baum, welcher auf niederm feuchtem Boden daselbst in ganzen Wäldern gezogen wird und zwei Mahl im Jahre blüht.

Die großen gurkenähnlichen Früchte, deren jeder Baum kaum dreisig trägt, enthalten innerhalb eines säuerlichsüßen Fleisches etwa fünf und zwanzig harte, etwas zusammengedrückte, länglichtrunde Samenkerne (Kakaobohnen, Cacao, Nuces s. Nuclei Cacao), wovon man drei Hauptsorten hat, deren Güte theils von der Abart des Baumes, theils aber und vorzüglich von der verschiedenartigen Röste abhängt, indem in den spanischen und den holländischen Pflanzungen die Kakaokerne unter einem gewissen Sande, die in den französischen Kolonien aber blos unter Rohrblättern zum Schwitzen gebracht werden.

Die beste erste Sorte ist die Caraguakakao (Cacao caraqile, Caraccas, de Caraguas) von den spanischen Besitzungen, die man aus der Provinz Venezuela oder Nicaragua in Neuspanien bringt. Ob man sie gleich im Handel, ihrer Größe nach, in Groß- und Kleincaragua eintheilt, so ist doch diese Kacao überhaupt mehr lang als dick, etwas platt von unebner Oberfläche, und mit einem feinen dunkelgrauen Sande überzogen, so wie auch die in den ledernen Päcken, Zeronnas, in denen sie verschickt wird, unter den Bohnen befindlichen Kieselsteinchen von gelbbrauner Farbe sind. Einige[165] setzen ihnen die von Guayaquil an die Seite.

Die zweite Sorte ist die von den Holländern auf der Insel Berbice gebauete sogenannte Berbicer Kakao (Cacao de Berbice, Berbiche, Barbiche), welche rundlicher, kleiner, von mehr ebener und glatter Oberfläche als die caraguische und mit einem hellgrauern, glimmerartigen Staube überzogen sind; sie kömmt auch in ledernen Säcken, über Holland, zu uns, es finden sich aber wenig oder keine Kieselsteinchen darunter.

Beide Sorten sind inwendig von violetbrauner Farbe, an Geschmacke mittelmäsig bitter, und von stärkerm angenehmern Geschmacke als die dritte Sorte von den französischen Inseln. Zwar ist der Geschmack der Berbicer nicht so fein als der Caraguischen, sie werden aber eben so gut als diese, wenn sie drei bis vier Jahr auf einem trockenen Waarenboden aufgehoben werden. Beide gute Sorten sind zwar dem Anscheine nach in ihrem Gewebe trockner, der Schokolateteig von ihnen aber wird fester als von der dritten Sorte, und sie geben auch mehr Butter bei der Auspressung.

Die dritte Sorte, die französische Kakao von den Antillen, von Martinique, Cayenne und Domingo ist weit wohlfeiler und geringer an Güte. Die Bohnen sind kleiner und runder als die Caraguischen, von feiner und ebener Oberfläche, ohne staubigen oder erdigen Ueberzug. Gewöhnlich ist sie heller von Farbe und innerhalb röthlich, von herbem, bitterm Geschmacke; doch giebt es auch unter ihr eine bessere Sorte äusserlich von dunklerer Farbe, und, wenn die Schale herunter ist, dunkelbraun.

Die portugiesische von Maranhaon (Cacao Maragnan) hält man für die geringste.

Alle inwendig weißen Bohnen sind verdorben, dergleichen man unter, den Caraguischen, damit vorgenommener Haverei wegen, nicht selten antrifft. Der Wurmstich schadet ihnen aber nicht, da ihr Oel dadurch nicht ranzig wird, wie bei andern angestochenen öhlichten Samen der Fall ist.

Man bedient sich der Kakao theils zur Gewinnung des Fettes daraus, der Kakaobutter, theils zur Bereitung der Schokolate.

Zu beiden Absichten werden die in einem weitlöcherigen Siebe gereinigten Bohnen über dem freien Feuer in einer Kaffetrommel so schnell als möglich bis dahin geröstet, daß die äussere Schale nur so eben schwärzlicht braun werde. Man läßt sie dann schnell erkalten, zerbricht sie etwas in einem Mörsel mit hölzerner Keule, schwingt in einer Mulde die leichtern Schalen davon, und schält die übrigen ab, erhitzt sie in einer Pfanne, und stößt sie in einem, durch vorgängige Anfüllung mit glühenden Kohlen erhitzten, metallenen Mörsel zum feinen Brei, und reibet diesen dann nochmahls auf einem erhitzten Marmor mit einem stählernen Rollzylinder ganz unfühlbar fein.

Diese feine Masse in weißbechenen Formen erhärtet, gibt die so genannte Gesundheitsschokolate (Chocolat de sante), wovon man bei dem Gebrauche eine Unze in vier Unzen kochendem[166] Wasser auflößt, und Zucker nach Gefallen hinzu setzt. Der Zusatz von mehrern Gewürzen, des Zimmtes, der Vanille, des Ambras, u.s.w. nebst zwei Dritteln Zucker unter die noch fließende Masse giebt die gewöhnliche Schokolate (Succolata).

Der reine, fein geriebene Kakaoteig dient, mit acht Theilen Wasser wenigstens eine halbe Stunde lang gekocht, zur Bereitung der Kakaobutter, wenn man sie mittelst des Kochens erhalten will, auf die Art, wie unter dem Artikel Oele, ausgepreßte, gelehrt worden.

Eine vorzüglichere Kakaobutter (Butyrum Cacao) erhält man aber durch Auspressen, wenn man die wie oben gelind gerösteten u. abgeschälten Kakaobohnen nur ganz gröblich im kalten Mörsel zerstößt, sie in den Preßsack thut, diesen über kochendes Wasser hängt, bis alle die Bohnenstückchen von dem siedendheißen Dampfe durchdrungen sind, und dann schnell zwischen zwei im siedendem Wasser erhitzten metallenen Platten preßt. Die hervorgedrungene leberfarbige Butter seihet man entweder, in einem heißen Stubenofen gestellt, durch Löschpapier oder digerirt sie auf einer ähnlich heißen Stelle in heißem Wasser, bis sich die schwarzen Theile zu Boden gesenkt haben, oder wäscht sie auch nur durch Schütteln mit heißem Wasser ab. Frisch hat sie eine gelbe Farbe, eine mehr als hammeltalgartige Konsistenz, und einen so milden Geschmack wie Mandelöl. Sie wird fast nie ranzig, wenn sie an einem kalten Orte aufbewahrt wird. Ganz weiße Kakaobutter ist gemeiniglich durch Kochen bereitet und in der Wärme ranzicht geworden. Man erhält durchs Auspressen gewöhnlich ein Viertel des Gewichts der Bohnen. Sie wird, bis auf wenig niedersinkende Tropfen, völlig in Aether aufgelößt.

Die durch Auspressen erhaltene Kakaobutter hat in allen den Fällen, wo man einer vegetabilischen Fettigkeit zum äussern oder innern Gebrauche bedarf, gewiß den Vorzug vor allen andern, da sie so schwer und fast nie ranzig und scharf wird, ein Vorzug, den fast kein andres, weder vegetabilisches, noch thierisches Fett hat. Man sollte sich ihrer zu Ceraten und zum Körper für äussere Balsame einzig bedienen. Chirurgische Werkzeuge bewahrt kein andres Fett so sicher vor Roste, als diese Kakaobutter.

Mit ätzendem Sodalaugensalze bildet sie die beste, härteste medizinische (Kakao-)Seife (Sapo e cacao, Gravenhorstianus) zum innern Gebrauche.

Die einfache blos mit Zucker versetzte Schokolate ist ein angenehmes und selbst in kleiner Menge genossen ein äusserst nahrhaftes Getränk für arbeitsame Personen; schwache zur Säure geneigte Magen aber vertragen sie selten, oder doch nur in kleinster Menge. Durch Gewürze wird sie leichtverdaulicher, aber dann auch erhitzend, und Geschlechtstrieb reitzend.

Man sollte zur Schokolate keine andern Sorten Kakao als Caraguische oder Berbicer nehmen; zur Bereitung der Butter aber verdient die antillische oder martiniksche[167] den Vorzug, theils ihrer ungleich größern Wohlfeilheit wegen, theils weil sie eine festere Butter giebt als die Caraguische, obgleich leztere etwas reicher an Butter seyn soll.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 165-168.
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