Storaxamberbaum

[288] Storaxamberbaum, Liquidambar styracifluum, L. [Catesby, Carol. II. tab. 62.] mit handförmig gelappten Blättern, an denen die Ausschweifungen des Grundes der Ribben zotthaarig sind, ein in den sumpfigen Wäldern von Virginien, Carolina und Mexiko einheimischer, von ferne wohlriechender Baum, aus dem man aber nur im südlichen Amerika den Balsam zieht.

Aus Einschnitten in die Rinde fließt nämlich der Balsam, den man flüssigen Amber (Liquidambar, Ambra liquida) nennt. Er ist von der Konsistenz des Terbenthins oder peruanischen Balsams, gelbröthlich, wenn er älter wird, dunkelroth und schwärzlich, von einem erwärmenden, schärflich gewürzhaften Geschmacke und einem gleichsam aus Ambra und Storax zusammengesetzten Geruche. Ihm ist gewöhnlich gepülverte Rinde von eben diesem Baume beigemischt (um seinen Geruch desto länger zu erhalten?), wovon man ihn vor dem Gebrauche durch Auspressen reinigen muß. Mit der Zeit verhärtet er zu einem braunschwarzen, zerreiblichen Harze.

Ehedem brauchte man diesen seltnen, aus Neuspanien geschickten Balsam äusserlich häufig zu Magen- und Kopfpflastern, gegen Schwäche dieser Theile, zu Räucherwerk und zum Parfümiren; auch zur Vernarbung der alten Geschwüre hielt man ihn für dienlich.

Eine ähnliche Substanz ist der flüssige Storax (Storax, Styrax liquida) den man von der Abkochung der zerkleinten Rinde entweder dieses, oder doch eines ähnlichen Baumes in Wasser, obenab schöpft. Der reinere ist durchgepreßt, ziemlich durchscheinend, von der Konsistenz des Honigs, von röthlicher oder grauer Farbe, duftendem, storaxähnlichem Geruche und scharfem Geschmacke. Er kömmt in seinem Wesen dem peruanischen Balsam nahe, und soll an seiner Stelle als ein zertheilendes, vernarbendes Mittel gebraucht werden können. Man nimmt ihn zum Siegellack, und zu Salben gegen Hautausschläge. Er ist ungleich[288] wohlfeiler als der flüssige Amber. Andre haben den flüssigen Storax für ein trügliches Gemisch aus Storax, Myrrhe, Terbenthin, auch wohl aus Storax, Weißpech und Oel gehalten, ohne hinreichende Gründe dafür anzuführen.

Am wahrscheinlichsten von diesem Baume rührt die Weihrauchrinde (Cort. Thymiamatis, Thuris, Thus Judaeorum) her, welche vom Kochen und Auspressen des flüssigen Storax übrig geblieben zu seyn scheint und daher aus lauter kleinern und größern braunrothen, oder rostfarbigen Stückchen besteht, die wie mit einem flüssigen Harze überzogen, und oft mit verdorrten Blättern und einem weißwolligen Wesen untermischt sind, von scharfbitterm, zusammenziehendem Geschmack und dem höchst angenehmen Geruche des flüssigen Ambers. Die ihr zugeschriebnen stärkenden, Nerven ermunternden Kräfte sind wohl wahrscheinlich, aber unverbürgt, da man sich ihrer blos zum Räuchern bedient, und sie zu dieser Absicht aus Neuspanien zieht.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 288-289.
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