Zahnbleiwurzel

[466] Zahnbleiwurzel, Plumbago europaea, L. [Plenk, pl. med. tab. 95] mit stengelumfassenden, lanzetförmigen, rauhen Blättern; ein im südlichen Europa auf trocknem Boden an den Rändern der Viehweiden und in Weinbergen einheimisches, etwa drei Fuß hohes Kraut mit mehrjähriger Wurzel, welche spät im Jahre purpurfarbne, seltner weiße Blumen in unsern Gärten trägt.

Das Kraut hat eben so wie die bei jungen Pflanzen einfache, lange, weiße, einen Finger dicke, bei ältern aber aus mehrern dicken, fleischigen Zasern oder Aesten bestehende starkriechende Wurzel (Hb. Rad. Dentellariae, Dentillariae, Plumbaginis, Herba St. Antonii) einen fressend brennenden Geschmack, am meisten leztere, welche gekauet einen häufigen Ausfluß des Speichels erregt und auf diese Art nicht selten einige Arten Zahnweh geheilt hat. Dieß soll selbst das auf die Handwurzel aufgebundene, ja selbst das blos in der Hand gehaltene (?) Kraut bewirken. Das Kauen aber ist bei einer so heftig wirkenden Wurzel nicht anzurathen, wovon die blos damit geriebene Haut schnell in Blasen erhoben wird, sich entzündet, und in Geschwüre ausartet. Dieser fressenden Eigenschaft zufolge hat man sie als ein sehr wirksames äusseres Heilmittel der durch Ansteckung sich fortpflanzenden Krätze befunden. Zu diesem Behufe werden zwei bis drei Hände voll frischer Wurzeln im Mörsel zerquetscht, und mit einem Pfunde kochendheißem Oele vermischt; das Gemisch wird ausgepreßt und mit dem Reste in der Leinwand, zu einem Knoten gebunden und in das ausgepreßte Oel getaucht, wird der krätzige Körper berieben. Oder die gepülverte, trockne Wurzel wird mit Oel gekocht, das Gemisch ausgepreßt und mit dem Knoten, der den Rückstand enthält, und in das Oel, dem man Pulver von der Wurzel beigemischt hat, getaucht worden, der krätzige Körper berieben, zweimahl täglich. Erst pflegt sich der Ausschlag zu vermehren, und dann trocknet er ab, ohne Rückfall, ohne ein zu befürchtendes sogenanntes Zurücktreiben. Auf gleiche Art kann man sich des Krautes zu derselben Absicht bedienen. Selbst den Kopfgrind und den offenen Krebs will man durch das[466] mit Bleiwurzel aufgegossene Oel in mehrern Fällen geheilt haben, mittelst täglich dreimahliger Bestreichung. Diese Pflanze verdient alle Achtung, aber auch Vorsicht.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 2. Abt., 2. Teil, Leipzig 1799, S. 466-467.
Lizenz: